Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)
ich es tue, von Pedro Pimenta?
Die kühlenden Windstöße waren abgeklungen. Die Hitze stockte auf der Veranda. Von irgendwoher ertönte ein Lachen.
Sie saßen schweigend da. Hanna schaute die beiden an. Die schöne Isabel und Pedro Pimenta mit seinen zusammengepressten Lippen.
Ich habe keinen Spiegel, dachte sie. Aber ich weiß, dass ich ihm zu ähneln beginne. Und das will ich nicht.
48
Kurze Zeit später ging Isabel wieder ins Haus. Pedro Pimenta war es zu mühselig geworden, sein Gesicht mit dem Tropenhelm zu fächeln. Er zog auf ein Sofa um, das an Federn und Eisenketten aufgehängt war, streifte den rechten Schuh ab und steckte seinen nackten großen Zeh in eine Seilschlaufe, die an einem hauchdünnen riesigen Fächer über seinem Kopf befestigt war. Während er im Sofa schaukelte, hob und senkte sich der Fächer. Der Luftzug erreichte auch Hanna, die auf Pedros Aufforderung hin ihren Stuhl näher an das Sofa gerückt hatte. Aus der Ferne hätte man denken können, ihr Gespräch sei äußerst vertraulich. Doch es war nur der zarte Luftzug des Fächers, der sie so nahe beieinandersitzen ließ, dass ihre Beine sich fast berührten.
»Wir wissen nichts voneinander«, sagte Pedro Pimenta. »Wir treffen uns hier und leben unser Leben zusammen, ohne dass einer von uns seine Vergangenheit aufdeckt. Ich stelle mir manchmal vor, dass wir in einer dunklen Nacht an Bord eines Schiffes unbemerkt unsere Vergangenheit über Bord geworfen haben, gut verpackt, mit Senkern beschwert. Ich weiß zum Beispiel nichts über Sie. Eines Tages leben Sie plötzlich in einem Zimmer in einem Bordell, das ich zu besuchen pflege. Ein geheimnisvoller Gast. Genauso plötzlich sind Sie mit Senhor Vaz verheiratet. Als er stirbt, werden Sie Besitzerin eines der lukrativsten Vergnügungsetablissements für Herren, die es in diesem Teil Afrikas gibt. Aber ich weiß immer noch nichts über Sie. Und Sie bitten um einen Rat, den ich Ihnen nicht geben kann.«
»Es war mein Mann, der vorschlug, dass ich mit Ihnen reden soll. Wenn es um einen Rat ginge und er nicht in der Nähe wäre.«
Er sah sie mit seinen zusammengekniffenen Lidern an. »Das klingt eigenartig.«
»Dass er mir riet, mit Ihnen zu sprechen?«
»Nein. Aber dass er überhaupt glaubte, jemand könne einem anderen Menschen einen Rat geben. So war er nicht.«
»Er sagte genau das.«
»Ich nehme natürlich nicht an, dass Sie die Unwahrheit sagen. Warum sollten Sie das tun? Ich bin nur erstaunt darüber, dass er mich nach seinem Tod überrascht. Es gefällt mir nicht, wenn die Toten mich überraschen.«
Das Gespräch war beendet. Isabel kam aus dem Haus und hockte sich neben ihren Mann. Sie strich mit ihren Fingern über seinen Hals und seine Wange. Hanna war erstaunt, dass er ihr erlaubte, so offen Gefühle der Zärtlichkeit in Anwesenheit eines fremden Menschen zu zeigen.
Ich habe einen Schimpansen, dachte sie, aus dessen Fell ich die Zecken zupfe. Er hat eine schwarze Frau, die mit den Fingern über seine Wange streicht. Sie schauderte. Dann erinnerte sie sich an Lundmarks grobe, aber gepflegte Hände und wurde von einer heftigen Trauer ergriffen.
Isabel stand auf und verließ die Veranda wieder. Sie lächelte Hanna zu, als sie ging.
Pedro Pimenta saß da und betrachtete sie mit zusammengekniffenen Lidern.
»Ich kann Ihnen das Bordell abkaufen«, sagte er plötzlich. »Wenn Sie sich dafür entscheiden, die Stadt zu verlassen. Ich kann Sie in portugiesischer Währung, mit Gold oder Edelsteinen bezahlen. Aber ich bin Geschäftsmann, ich akzeptiere keinen Freundschaftspreis. Ich werde versuchen, es so billig wie möglich zu bekommen.«
Der Gedanke an ein gutes Geschäft hatte ihn derart belebt, dass er heftig mit dem großen Zeh an dem Seil zog und es abriss. Wütend rief er nach einem Diener, der Harri hieß. Der Mann kam sofort herbeigeeilt und reparierte das Seil so geschickt, dass Hanna sich fragte, wie oft es wohl schon abgerissen war, wenn Pedro zu fest daran gezogen hatte.
»Warum heißt er Harri?«, fragte sie, als sie wieder allein waren. »Das ist doch kein portugiesischer Name.«
»Er kommt aus Matabeleland, aus der englischen Kolonie. Er behauptet, Cecil Rhodes in einem Smoking gesehen zu haben, als er draußen im Busch zu Abend essen wollte. Packpferde transportierten Esstische, Silberbesteck und einen persischen Teppich, der im Land der Löwen und Elefanten ausgebreitet wurde. Ob es wahr ist, dass er dies mit eigenen Augen gesehen hat, bezweifle ich. Aber
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