Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)
dass Cecil Rhodes jeden Lagerplatz wie das Savoy Hotel in London betrachtete, ist verbürgt. Dieser Politiker war wirklich verrückt. Ich habe Harri zu mir genommen. Jetzt ist er treuer als der treueste meiner Hunde. Und da die Hunde ein wichtiger Bestandteil meines Lebens sind, haben die Schwarzen, die treu sind wie sie, meine größte Sympathie.«
»Was würde geschehen, wenn ich Ihnen das Bordell verkaufe?«
»Ich würde den guten Namen und den Ruf verwalten. Ich würde unsere Kunden sorgfältig pflegen.«
»Und die Frauen?«
Er schien plötzlich verunsichert von ihrer Frage. Die Frauen? Sein Fuß begann fester am Fächerseil zu ziehen.
»Sie meinen die Huren?«
»Ja.«
»Was ist mit ihnen?«
»Sie altern, werden krank. Niemand will mehr für sie bezahlen.«
»Dann fliegen sie natürlich raus.«
»Geben Sie ihnen Geld, damit sie sich einen Stand am Markt kaufen können. Oder bauen Sie ihnen ein Haus, wenn es nötig ist. Das ist eine Bedingung, die ich dem Käufer stelle. Und sie gilt auch für die Zukunft.«
Er schüttelte leicht den Kopf und überlegte genau, ehe er antwortete. Der Fuß mit dem Fächerseil rührte sich nicht.
»Natürlich werde ich die Arbeitsbedingungen beibehalten, die jetzt herrschen. Warum sollte ich sie ändern?«
»Sie wissen, dass die Bordellbesitzer hier in der Stadt sehr brutal zu ihren Frauen sind. Wir waren immer eine Ausnahme.«
Sie dachte, »wir« sei eine Übertreibung. Es war Senhor Vaz, von dem sie sprach. Ihr Beitrag war nur, dass sie nicht an den herrschenden Verhältnissen gerüttelt hatte.
»Es würde so sein, wie ich es gesagt habe«, antwortete er. »Ich würde nichts verändern. Warum auch?«
Dann sprachen sie nicht mehr über das Bordell. Hanna wurde zu einer Mahlzeit eingeladen, die aus kalter Suppe und einer Schüssel mit geschälten und zerdrückten Früchten bestand. Sie trank zwei Gläser Wein, obwohl sie wusste, dass sie davon Kopfschmerzen bekommen würde. Isabel aß mit ihnen am Tisch, sagte aber nichts. Pedro Pimenta zählte auf, ohne seine Zufriedenheit zu verbergen, welche herausragenden Familien in Südafrika seine weißen Schäferhunde gekauft hatten. Stolz berichtete er, dass mindestens zwei der Hunde schwarze Männer zerfleischt hätten. Der Versuch, in die palastartigen Villen einzubrechen, wo diese Hunde Wache hielten, war ihnen schlecht bekommen. Isabel reagierte offenbar nicht auf das, was er sagte. Sie hatte ein gefrorenes Lächeln im Gesicht, das sich nicht zu verändern schien.
Spät am Nachmittag kehrte Hanna in die Stadt zurück. Die Sonne war hinter einer Gewitterfront verschwunden, die sich über den Bergen zu Swasiland hin auftürmte.
Das Gespräch mit Pedro Pimenta hatte ihre Verwirrung gesteigert. Die Unsicherheit darüber, was sie tun sollte, wuchs. Sie konnte nicht glauben, dass er zu dem stehen würde, was er über den Kauf des Bordells und über seine Absicht, nichts ändern zu wollen, geäußert hatte. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass er die Frauen anders behandeln würde als seine weißen Hunde und die Krokodile, die in ihren Teichen darauf warteten, getötet und gehäutet zu werden. Pedro Pimenta war ein Mann, der es genoss, hungrigen Krokodilen lebende Schafe zum Fraß vorzuwerfen.
Sie saß bei offenem Fenster in dem überdachten Wagen. Der Wind zerrte an einem Schal, den sie sich vor den Mund hielt, um nicht den roten Sand einatmen zu müssen, der entlang der Straße aufwirbelte.
Für einen kurzen Augenblick verspürte sie eine starke Verlockung, den Chauffeur zu bitten, sie zur südafrikanischen Grenze zu fahren.
Aber sie sagte nichts, schloss nur die Augen, träumte vom klaren braunen Wasser des Flusses.
Als sie vor ihrem Haus aus dem Wagen stieg, öffnete ihr Julietta sofort die Tür und nahm ihr den Hut ab. Hanna sagte sich, dass die Begegnung mit Pedro Pimenta ihr trotz allem eine Art Antwort gegeben hatte. Sie trug jetzt eine große Verantwortung gegenüber den Frauen. Und dieser Verantwortung konnte sie nur gerecht werden, wenn sie gleichzeitig ihr eigenes Leben in Ordnung brachte.
49
Nach einem heftigen nächtlichen Regen, der noch einmal die Straßen der Stadt überflutete, stand ein zitternder Mann vor dem Bordell und fragte nach der Besitzerin. Allein die Tatsache, dass er nach einer Frau fragte, der das Bordell jetzt gehörte, und offenbar kein Kunde war, beunruhigte Hanna. Sie fürchtete sich immer öfter vor dem Unbekannten, nicht zuletzt vor Menschen, deren Wünsche sie nicht
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