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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Auch die Feuerwehr war bewaffnet, ebenso viele Zivilisten, die kleine Gruppen bildeten, bereit, ihre Häuserblocks zu verteidigen, falls der Aufruhr um sich greifen sollte. Während der Autofahrt hinunter zu den Bränden und dem Zentrum der Revolte sprach Andrade davon, was er tun wollte. Mit Abscheu erlebte Hanna, wie er sich offenbar darauf freute, bald seine Waffe auf einen der Aufständischen abfeuern zu können.
    Aber nichts wurde so, wie Andrade es erhofft hatte. Als sie in die Stadt hinunterkamen und der Chauffeur in eine der Seitenstraßen zum Bordell einbog, gerieten sie mitten in eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Soldaten und einer rasenden Menge von schwarzen Männern. Da kämpften Bajonette und Gewehre gegen Knüppel und Erntemesser, Angst kämpfte gegen eine grenzenlose Wut. Das Auto wurde von zornigen Afrikanern umringt, die begannen, den Wagen zu schaukeln, um ihn umzukippen. Hanna graute es vor dem Gedanken, sie könnte in dem Auto verbrennen. Sie versuchte, die Tür aufzustoßen, ohne dass es ihr gelang. Glücklicherweise war das Verdeck an diesem Morgen geschlossen worden. Plötzlich knallten Gewehrschüsse, ganz nah am Auto. Ein schwarzes Gesicht, das sich eben noch an die Fensterscheibe gedrückt hatte, zersplitterte in Blut und Knochenstücke. Hanna schrie Andrade zu, er solle seinen Revolver einsetzen. Aber als sie sich ihm zuwandte, war er weiß vor Angst, und ein Urinfleck breitete sich auf seiner weißen Leinenhose aus. Dem Chauffeur gelang es, die Tür aufzustoßen und auszusteigen, und er wurde sofort von der Menschenmenge verschlungen. Hanna fürchtete, vor Angst das Bewusstsein zu verlieren. Aber die Furcht davor, zu verbrennen, war stärker. Sie kletterte auf den Vordersitz und verließ das Auto auf demselben Weg wie der Chauffeur.
    Sie war von schwarzen Menschen umgeben, ihren Gesichtern, Augen, Gerüchen, Knüppeln und Messern. Hanna erinnerte sich an etwas, was Senhor Vaz ihr erzählt hatte: Begegnete man einem Löwen, war das Schlimmste, was man tun konnte, wegzulaufen. Das würde nur dazu führen, dass der Löwe die Jagd aufnahm und den Flüchtenden mit einem Biss in den Nacken erledigte.
    Hanna wusste auch, dass sie dem Löwen nicht in die Auge sehen durfte. Also wandte sie den Blick ab, als sie sich durch die zusammengepresste Menge drängte. In jedem Augenblick erwartete sie einen Hieb von einem Messer oder einen Schlag von einem Knüppel. Aber vor ihr öffnete sich eine Gasse. Sie unterdrückte das Bedürfnis loszurennen, ging langsam weiter, das Herz unter der Bluse rasend. Immer noch knallten Gewehrschüsse um sie her. Jedes Mal, wenn ein Schuss abgefeuert wurde, zuckte sie zusammen. Ein toter Mann mit zerfetztem Brustkorb auf der Straße ließ sie stolpern und innehalten. Aber dann zwang sie sich weiter.
    Plötzlich sprengte eine Kavallerieabteilung auf unruhigen, verschwitzten Pferden heran. In wenigen Augenblicken löste sich die Volksmenge auf, die sich gerade noch um sie gedrängt hatte. Die Straße sah aus wie ein Schlachtfeld, überall verkohlte Stofffetzen und abgebrochene Knüppel, dazwischen glänzende Patronenhülsen. Schwarze Körper in verdrehten Stellungen, einige fast nackt, bedeckten die Straße und den Gehsteig. Ein Mann brüllte vor Schmerz oder vor Wut, sie konnte es nicht unterscheiden. Die weißen Soldaten in ihren dunkelblauen Uniformen standen mit den Gewehren in Bereitschaft, als fürchteten sie, die Toten würden sich aufs neue erheben und sie angreifen. In einiger Entfernung begannen sich jetzt auch weiße Menschen zu versammeln. Etwas wie ein knurrendes Geräusch stieg von ihnen auf, als begnügte sich ihr Hass nicht mehr damit, die Toten zu sehen, sondern wollte fortfahren, sie zu strafen.
    Der schreiende Mann verstummte. Hanna begann langsam über das Schlachtfeld zu gehen, hin zu Andrades Auto. Der Chauffeur war zurückgekehrt. Die Hände um das Lenkrad gelegt, saß er da und sah starr vor sich hin, direkt durch sie hindurch.
    Auf dem Rücksitz kauerte Andrade. Der Urinfleck auf seiner hellen Hose hatte zu trocknen begonnen. Er hielt seinen Revolver in den Händen wie ein Kruzifix.
    Hanna sah ihn an und dachte, sie verabscheue ihn für seine Feigheit. Zugleich konnte sie nicht umhin, froh zu sein, dass er überlebt hatte und unverletzt war. Alles ist widersprüchlich, dachte sie. Nichts ist so einfach, wie ich es wünschte. Für die toten schwarzen Körper ringsumher empfand sie zu ihrem Erstaunen überhaupt nichts.
    Fliegenschwärme

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