Erinnerung Des Herzens
richtigen Ort«, sagte er grimmig.
Julia nickte und überlegte sich ihre Worte sehr genau, während er sich eine Zigarette anzündete. »Ich weiß, es war ein privates Treffen, aber ich kann es nicht bedauern, dass ich in der Nähe war. Ich habe zwei Menschen gesehen, die eine tiefe Liebe miteinander verbindet. Es hat mich weder schockiert noch veranlaßt, an die Schreibmaschine zu eilen. Es hat mich bewegt.«
Seine Finger lockerten sich, aber sein Blick blieb kalt. »Eve war immer das Beste in meinem Leben, aber auch das Schlimmste. Können Sie verstehen, weshalb ich das, was wir gemeinsam durchlebt haben, nicht an die Öffentlichkeit kommen lassen möchte?«
»Ja, das kann ich.« Sie nahm die Hand von seinem Arm. »Ich kann aber auch verstehen, weshalb sie den Drang hat, alles zu erzählen. Wie sehr ich auch mit Ihnen sympathisieren mag, in erster Linie bin ich ihr verpflichtet.«
»Ihre Loyalität ist bewundernswert. Auch wenn sie fehl am Platz ist. Ich möchte Ihnen etwas über Eve erzählen. Sie ist eine faszinierende Frau, sie hat ein unglaubliches Talent, ist echter Gefühle fähig und besitzt eine ungebrochene Kraft. Aber sie lässt sich oft von Impulsen leiten, macht ungeheure Fehler, die ihr ganzes Leben verändern, und das nur auf Grund der Eingebung eines Augenblicks. Sie wird dieses Buch bereuen, aber dann ist es vielleicht zu spät.« Er warf die Zigarette hin und trat sie aus. »Zu spät für uns alle.«
Julia ließ ihn gehen. Sie konnte ihn weder trösten noch irgendeine Zusicherung geben. Sie verstand ihn sehr gut, aber Eve war ihre Auftraggeberin. Plötzlich überkam sie Müdigkeit, und sie ließ sich auf eine der Marmorbänke sinken. Es war ruhig hier. Die Band war übergewechselt zu My Funny Valentine, und es sang eine schnulzige Sängerin. Eve war offenbar in nostalgischer Stimmung. Julia versuchte, sich all das ins Gedächtnis zurückzurufen, was sie gesehen und gehört hatte, und sich eine Meinung zu bilden.
Während sie ihre Gedanken schweifen ließ, hörte sie Stimmen in einiger Entfernung. Zuerst war sie ärgerlich, sie brauchte so dringend ein wenig Ruhe. Dann erwachte die Neugier in ihr. Mit Sicherheit handelt es sich um einen Mann und eine Frau, dachte sie. Und mit Sicherheit hatten sie Streit. Eve vielleicht, dachte sie, und wusste nicht, ob sie gehen oder bleiben sollte.
Sie hörte einen Fluch in italienischer Sprache, dem ein Wortschwall folgte, dann das bitterliche Weinen einer Frau.
Julia presste die Finger an ihre Schläfen und stand auf. Es war entschieden das Beste zu gehen.
»Ich weiß, wer Sie sind.«
Sie sah eine Frau in schimmerndem, jungfräulichen Weiß den Weg entlangtaumeln. Auf der Stelle erkannte sie Gloria DuBarry. Das Weinen war sofort verstummt, obwohl die zierliche und sehr betrunkene Schauspielerin aus der entgegengesetzten Richtung gekommen war.
»Miss DuBarry«, sagte Julia und fragte sich, was zum Teufel jetzt von ihr erwartet wurde.
»Ich weiß, wer Sie sind«, wiederholte Gloria und stolperte vorwärts. »Eves kleine Schmiererin. Ich will Ihnen etwas sagen, wenn Sie irgendetwas über mich schreiben, nur ein einziges Wort, reiße ich Ihnen den Arsch auf.«
Die jungfräuliche Königin war sinnlos betrunken, stellte Julia fest. »Vielleicht sollten Sie sich besser setzen.«
»Rühren Sie mich nicht an.« Gloria schlug Julias Hand beiseite, dann packte sie sie am Arm und krallte ihre Nägel hinein. Sie beugte sich vor, und Julia zuckte mehr vor ihrem Atem zurück als vor ihren Nägeln. Gloria roch nicht nach Champagner, sondern nach hochprozentigem Whisky.
»Sie sind es, die mich anrührt, Miss DuBarry«, erklärte Julia ruhig.
»Wissen Sie, wer ich bin? Wissen Sie, was ich bin? Ich bin eine verdammte Institution.« Obwohl sie bedrohlich schwankte, waren ihre Finger fest wie Eisendraht. »Wenn Sie sich mit mir anlegen, legen Sie sich mit allen Müttern, amerikanischem Apfelkuchen und der verfluchten amerikanischen Nationalflagge an.«
Julia versuchte, Glorias Hand abzuschütteln, und stellte fest, dass die zierliche Frau über erstaunliche Kräfte verfügte. »Wenn Sie mich nicht loslassen«, zischte sie wütend, »werde ich Sie niederschlagen.«
»Sie hören mir jetzt zu.« Gloria gab Julia einen Stoß, der fast bewirkt hätte, dass sie über die Marmorbank gesegelt wäre. »Wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, vergessen Sie alles, was sie Ihnen erzählt hat. Es sind nur Lügen, grausame, boshafte Lügen.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie
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