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Erinnerungen an die Wahrheit

Erinnerungen an die Wahrheit

Titel: Erinnerungen an die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Fechner
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Mehrere antike Autoren berichteten über diese heiligen Inseln der Kelten, die nur von Frauen bewohnt wurden. Kennzeichnend für die Religion der Kelten war ihre enge Verbindung zur Natur, und so wurden die Naturwesen der besonders schönen, abgelegenen Inseln, Quellen, Seen, Flüsse, Berge und Haine zum Gegenstand frommer Verehrung. An solchen abgelegenen Plätzen wohnten „Priesterinnen“, die meist auch Sehergabe besaßen und als zauberkundig galten, da sie auf die jenseitige Welt Einfluß nehmen konnten - wahrscheinlich auch unter Zuhilfenahme von Kräutern und Drogen, bei denen sie sich bestens auskannten.
    Von der Insel Fair aus macht Odysseus auf Anweisung der klugen Kirke einen Abstecher an die Nordküste Schottlands, um den berühmten toten Seher Teiresias nach dem Heimweg und seiner Zukunft zu befragen. Nach Auffassung der alten Griechen lag der Hades, das Totenreich, unter der Erde, und Erdschlünde führten ins Totenreich hinab, wo die Verstorbenen als „Schatten“ lebten. Der Eingang zum Totenreich lag angeblich weit entfernt von Griechenland im Westen bzw. Norden - von Dunst und Nebel eingehüllt. Und tatsächlich gibt es hier an der wolkenumhangenen Nordküste Schottlands, wo damals die Kymrer lebten, eine große Höhle (Cave of Smoo), die sich auch bei Ebbe vom Strand her betreten läßt, wie es Odysseus tut. Bei dieser Höhle handelte es sich offenbar damals um einen Ort der Totenbeschwörung. Hier opferte man den Toten oder der Totengöttin (bei den Griechen war es Persephone), um mit den Toten Kontakt aufnehmen zu können.
    Homer hat die Begegnung des Odysseus mit den Toten zur großen Szene gestaltet, die auch noch einmal die toten Helden des Trojanischen Krieges auftreten läßt. Der einst stolze Agamemnon, Anführer der Griechen im Trojanischen Krieg, klagt über den Verrat seiner Gattin Klytemnästra, die ihn nach seiner Rückkehr aus Troja ermorden ließ, und auch der einst große Held Achill jammert erbärmlich, er wäre lieber Bettler bei den Lebenden als König bei den Toten. Nur der weise Seher Teiresias erweist sich für Odysseus als hilfreich. Er gibt gute Ratschläge für die Heimfahrt und prophezeit dem Odysseus sein zukünftiges Schicksal.
    Das Weiterleben nach dem Tod galt bei fast allen früheren Kulturen als selbstverständlich. Nur hinsichtlich der Art und Weise gab es unterschiedliche Auffassungen. Man war auch oft davon überzeugt, daß die Geister der Ahnen hilfreiche Führer sein konnten, und in der Megalith-Kultur gab es eine ausgesprochene Ahnenverehrung. Die großen Steingräber der Megalith-Kultur waren zugleich auch Kultstätten der Ahnen- und Götterverehrung. Von der nachfolgenden keltischen Kultur weiß man, daß auch die Seelenwanderung, die Wiederverkörperung der Verstorbenen, bekannt war.

Nahe der Schottland-Insel Skye
    Die Rückfahrt des Odysseus führt über die Westküste Schottlands. Zunächst stößt er – von Kirke und Teiresias gut informiert – auf die Insel der Sirenen, die mit einer der Shiant-Inseln identisch sein dürfte. Auf solchen abgelegenen, unbewohnten Inseln Schottlands wurden früher die Toten zur Verwesung der Seeluft ausgesetzt – für Griechen ganz ungewohnt. (Offenbar wurden die Schädel oder Teile der Skelette später nahe der Siedlungen bestattet.) Aus den zwei „Priesterinnen“ der Toteninsel macht Homer allerdings unheimliche Sirenen, jenseitige Wesen, die als Helferinnen der Totengöttin Persephone galten und die die Seeleute mit betörendem Gesang in ihr Totenreich locken wollen. Zu damaliger Zeit galten Diesseits und Jenseits als untrennbare Einheit mit vielfältigen Wechselbeziehungen, und die jenseitigen Wesen wurden teils als hilfreich, teils als gefährlich betrachtet. Die Toteninseln galten damals offenbar insofern als gefährlich, als man glaubte, daß die Geister der noch erdgebundenen Toten und die sie betreuenden jenseitigen Wesen die Lebenden auch ungünstig beeinflussen können und womöglich zu Todessehnsucht und geistiger Verwirrung anstiften. Eine symbolische Abwehrhandlung – wie beispielsweise das Ohrenverstopfen bei der Schiffsmannschaft – könnte als hilfreich für eine geistige Abwehr gegolten haben. Und Odysseus, der „hören“ wollte, ließ sich vorsichtshalber an den Schiffsmast fesseln.
    Gleich nach der glücklichen Vorbeifahrt an der Toteninsel der Sirenen naht schon die nächste Gefahr. Odysseus fährt nämlich in die Meerenge zwischen der Insel Skye und dem Festland, da ihm die Fahrt außen

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