Erinnerungen der Nacht
Rhiannon. Sie sind entkommen. Sie haben einen der besten Wissenschaftler getötet, den das DPI je …“
Sie winkte mit einer Hand. „Wissenschaftler? Ich würde sagen, er war ein kranker kleiner Perversling. Es hat ihm Spaß gemacht, anderen Schmerzen zuzufügen.“ Sie legte den Kopf schief und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, was sie angesichts der Erinnerung an diese Schmerzen im Innersten empfand. Sie war gefoltert worden, bis sie fast den Verstand verloren hatte. Eine Unsterbliche ihres Alters empfand Schmerzen tausendmal stärker als ein Mensch und immer noch hundertmal stärker als jüngere Vampire.
„Allerdings muss ich gestehen, in jener Nacht verstand ich ihn. Ich habe genossen, was ich ihm angetan habe.“ Sie hielt ihre Stimme kalt, ihren Tonfall teilnahmslos. „Sagen Sie mir, Curtis Rogers, wurde diese Droge an menschlichen Versuchspersonen erprobt? Ich frage mich, welche Wirkung sie hätte, würde ich sie zum Beispiel Ihnen verabreichen.“
Sein Gesicht wurde aschfahl, und sie spürte seine Angst. „Die Droge hat überhaupt keine Wirkung bei Menschen.“
Sie legte den Kopf zurück und lachte, ein Laut, der ihr aus tiefster Kehle empordrang. „Oh, Sie erheitern mich wirklich. Sie wissen doch, dass ich Ihre Gedanken lesen kann. Sie haben gerade zu viel Angst, dass Sie sie verbergen könnten, und dennoch lügen Sie schamlos. Die Droge würde Sie töten, nicht wahr?“
Er schüttelte den Kopf.
Rhiannon hielt die Nadel zum Himmel und drückte den Kolben, sodass ein winziger Strahl silberne Flüssigkeit in die Luft spritzte. Curtis sprang, landete mit den Füßen auf dem Beton des Parkplatzes und war sofort zur Flucht bereit. Rhiannon packte ihn mit der Hand am Nacken und drückte zu.
„Es hat keinen Sinn, wissen Sie. Ich bin so stark wie zwanzig erwachsene Männer, und durch die Forschungen, die Sie über meine Art betrieben haben, wissen Sie das auch. Ich bin älter und mächtiger als alle anderen, denen Sie bisher begegnet sind. Ich könnte Sie hier und jetzt töten und würde dabei nicht einmal ins Schwitzen kommen, Rogers, mein Liebling.“
Sie hielt seinen Nacken nach wie vor fest umklammert und strich mit einem Fingernagel behutsam über die kurzen Härchen dort. „Ich frage mich, wie Sie es gern hätten. Soll ich Ihnen einfach das Genick brechen? Das wäre die schnellste und barmherzigste Methode. Oder ich könnte Ihnen wirklich Ihre eigene Kreation spritzen. Eine Droge, die stark genug ist, einen Vampir zu betäuben, würde vermutlich einen Elefanten töten, von einem schmächtigen Sterblichen wie Ihnen ganz zu schweigen.“
Sie drehte ihn zu sich um und sah seine Angst. Sie konnte sie spüren, und sie konnte sie riechen. Sie schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich glaube, diese Methoden sind nicht annähernd poetisch genug, als dass sie mir gefallen würden, teuerster Curtis.“ Sie drückte den Kolben weiter, vergoss den Inhalt der Spritze auf sein Hemd und bekleckerte sein Jackett. Die leere Nadel warf sie auf den Boden. „Ich glaube, für Sie“, sie packte ihn an der Krawatte und zog ihn näher, „sind die altmodischen Methoden die besten.“
„Nein“, flüsterte er. „Um Gottes willen, nein!“
Sie ging so weit, dass sie tatsächlich mit den Zähnen über die straffe Haut seines Halses strich und sogar ein klein wenig Blut fließen ließ, das so köstlich schmeckte, dass es ihr wirklich schwerfiel, sich zu beherrschen. Doch dann zügelte sie ihren Durst mit eiserner Willenskraft und nahm den Kopf von seinem Hals.
„Oh mon cher, Sie sind köstlich. Aber Roland hat mir verboten, Sie zu töten. Ich darf Sie nur aufhalten, bis ihre Flucht …“ Sie biss sich auf die Lippen, als hätte sie beinahe ein wichtiges Geheimnis preisgegeben. „Egal. Jetzt sind sie außerhalb Ihrer Reichweite.“ Sie gab ihn frei, er stolperte rückwärts. Hob eine Hand und drückte sie auf den Hals. Als er das Blut daran sah, wurde er um ein Haar ohnmächtig, so groß war sein Unbehagen. Sie hätte es sogar mit den Augen einer Sterblichen erkennen können, aber in ihrem Vampirdasein spürte sie jeden seiner Gedanken.
„Wenn Sie den Jungen noch einmal behelligen, Monsieur, dann mache ich Ihnen mit Vergnügen den Garaus. Und ich verspreche Ihnen, selbst wenn Sie das Gegenteil behaupten, auch Sie werden das pure Vergnügen dabei empfinden. Bis zum Augenblick Ihres Todes.“
Er sah hektisch von rechts nach links und suchte Beistand. Doch er fand keinen. „Das werden Sie mir
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