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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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Oberfläche.
    Er sprach sie an, ohne sich umzudrehen. „Du hast mich also gefunden.“
    „Sieht so aus.“ Sie kam näher. Das Wappen auf dem Stein kannte sie gut. Denselben Löwen hatte sie auf Rolands Schild gesehen, als sie ihn vor so vielen Jahren dem Tode nahe auf einem Schlachtfeld fand. „Ein Verwandter?“, fragte sie leise.
    „Mein Vater.“ Er richtete sich auf und zeigte mit einer Handbewegung zu dem mannsgroßen Kruzifix daneben. „Und meine Mutter.“
    Rhiannon kam näher, bis sie dicht neben ihm stand. Er sah sie nicht an. Sie betrachtete den Grabstein, die feine Steinmetzarbeit der Figur des Erlösers, dessen Gesicht man in allen Einzelheiten in Marmor gemeißelt erkennen konnte. „Der Stein ist wunderschön.“
    „Als Anerkennung für ihre Hingabe.“ Er schüttelte den Kopf. „Mir graut bei dem Gedanken, was sie sagen würde, könnte sie sehen, was aus mir geworden ist.“
    Sie wollte widersprechen, spürte aber, dass es besser wäre, diese Diskussion auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. In der nächsten Reihe sah sie drei identische Steine, nach oben spitz zulaufende Quader aus schwarzem vulkanischen Gestein. Lediglich die darauf befindlichen Szenen unterschieden sich.
    Roland trat hinter sie und berührte das stolze Schlachtross auf dem ersten mit der Hand. „Albert, der Jäger“, sagte er leise.
    Sie spürte den Schmerz, der wie greifbare Wellen von ihm ausging, als er zum nächsten Grabstein ging und den Ritter auf dem scheuenden Pferd berührte. „Eustace, der Krieger“, ließ er sie wissen. Dann sah er zum dritten, mit einem Schlachtschiff unter vollen Segeln auf einer aufgewühlten See. „Pierre, der Seefahrer. Meine Brüder. Dies ist Rhiannon, das jüngste Opfer meiner Grausamkeit.“
    „Roland, nicht …“
    „Ah, aber du möchtest doch den Rest der Geschichte hören, oder nicht?“ Er sah sie mit bitterer Qual in den Augen an. „Ich glaube, ich habe da aufgehört, als die Bestie, die in meiner Seele wohnt, zum ersten Mal ans Licht gekommen ist. Erinnerst du dich, wie ich die Männer abgeschlachtet habe, die Sir Gareth ermordet hatten?“
    „Du warst kaum mehr als ein Knabe und außer dir vor Kummer.“
    Er nickte. „Das sagtest du schon. Zweifellos hast du diese Meinung geändert, nachdem du meine Brutalität aus erster Hand erlebt hast.“
    Sie betrachtete sein Gesicht, bemerkte die aufgedunsenen Tränensäcke unter seinen Augen, die hageren Züge, den verkrampften Kiefer. „Eric glaubt, es war eine Nebenwirkung der Droge.“
    „Eric würde alles der Wahrheit vorziehen.“ Er wandte sich von ihr ab. „Kannst du den Rest der Geschichte ertragen, Rhiannon, oder möchtest du lieber gleich gehen? Ich habe keine Ahnung, wieso, aber irgendein Dämon treibt mich dazu, sie dir zu erzählen. Ganz. Jedes einzelne Detail. Vielleicht muss ich dein Gesicht sehen, wenn du endlich begreifst, was ich bin.“
    „Ich weiß, was du bist. Wenn du es mir erzählen willst, will ich es hören.“
    Er kniff die Augen zusammen und ergriff sie mit einer Hand blitzschnell am Oberarm. „Du solltest dir ganz sicher sein, Rhiannon. Wenn ich erst einmal angefangen habe, bekommst du alles zu hören, ob du willst oder nicht.“
    Sie sah ihm ins Gesicht und erkannte den Schmerz, der ihn quälte. „Möchtest du mir Angst machen, Roland? Mich vertreiben, damit du den Schmerz nicht herauslassen oder die Dämonen beschwören musst?“
    „Man kann diese Dämonen nicht beschwören. Sie sind ein Teil von mir. Und wenn du nach allem, was ich getan habe, keine Angst vor mir hast, bist du eine Närrin.“
    Sie riss sich von ihm los und richtete sich zu voller Größe auf. „Dann bin ich eben eine Närrin.“ Sie ging an ihm und den Grabsteinen vorbei zu einer kleinen Rasenfläche unter einem gigantischen Baum. Dort setzte sie sich hin und lehnte sich mit dem Rücken an die raue Rinde. „Fang an.“

Keith
    9. KAPITEL
    Sie war eine Närrin. Sie musste eine sein, dass sie hier bei ihm blieb. Trotz der Reue, die er empfand, spürte er ihre Gegenwart intensiv. Sein Körper sehnte sich danach, sich abermals mit ihrem zu vereinigen, diese wonnevolle Befreiung zu finden, die den Eispanzer um sein Herz herum fast zerschmettert hätte. Wenn er ihre Hände ansah, musste er daran denken, wie sie ihn in seiner Erregung damit gestreichelt hatte; wie Seide, und dennoch fest und kräftig. So kräftig. Der Anblick ihrer Lippen rief ihm Wärme und Feuchtigkeit ins Gedächtnis zurück, die er dahinter gefunden hatte,

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