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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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aufzuspüren und …“ Sie blinzelte hastig und sah nacheinander alle an. Dann sank sie langsam in ihren Sessel zurück wie ein Ballon, aus dem langsam die Luft entweicht, und schüttelte den Kopf. „Was immer du entscheidest, soll mir recht sein, Roland.“
    Roland presste zwei Finger an die Stirn, während Tamara Eric einen besorgten Blick zuwarf. Eric schüttelte nur den Kopf.
    Ein lautes Klopfen hallte durch den ganzen Saal; Rhiannon stand mit der ihr eigenen Anmut auf. Der lange Rock bauschte sich um sie und berührte weder ihre Beine, noch verriet er deren Form, wenn sie ging. Er war tailliert, aber die Bluse reichte bis über die Taille. Der Kragen war hoch und bis auf den letzten Knopf geschlossen. Am schlimmsten war jedoch, dass sie ihr Haar, ihr wunderbares rabenschwarzes Haar, am Hinterkopf zu einem Knoten hochgesteckt hatte.
    Mit einer Nickelbrille und geknöpften Halbstiefeln wäre sie das perfekte Ebenbild einer Lehrerin des 19. Jahrhunderts gewesen.
    Sie berührte Jamey am Arm. „Du weißt, dass Roland das nur für dich getan hat.“
    „Ich weiß.“ Jamey berührte die Tasche, in der sich, wie Roland wusste, seines Vaters Brief befand, der nach ihrer Rückkehr vom Berg zugestellt worden war. Er hatte nicht gedacht, dass ihr Notar den Mann so schnell finden oder er so schnell antworten würde. „Ich bin nicht wütend. Ich glaube … ich glaube, ich muss das tun.“
    Rhiannon strich Jamey über das Haar und drückte ihn an sich. Einen Moment später folgte Tamara hastig ihrem Beispiel, während Rhiannon die Tür öffnete.
    Der Mann, der vor ihr stand, war zwölf Zentimeter kleiner als sie. Sein Körperbau deutete auf einen aktiven Lebensstil hin, aber sein dunkles Haar war kurz und schütter, und er hatte eine runde Brille auf der Nase sitzen. Roland dachte, dass er die gütigsten Augen besaß, die er je gesehen hatte, und sie betrachteten die Schönheit an der Tür nur kurz, ebenso wie den großen Saal, dann wurden sie auf Jamey gerichtet und strahlten vor Freude.
    Die beiden sahen einander eine ganze Weile nur an. Inzwischen waren mehrere Briefe gewechselt und Telefonate geführt worden, daher waren sie sich nicht mehr völlig fremd. Roland musste James Knudsons unbekümmerte Art akzeptieren. Er hatte Jamey nicht zu überzeugen versucht, dass er über Nacht sein Sohn wurde. Stattdessen bat er den Jungen, ein paar Wochen bei ihm in Kalifornien zu verbringen, um seine Stiefmutter und seinen Halbbruder kennenzulernen. Und Jamey hatte eingewilligt.
    Roland spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte, als Jamey zu seinem Vater ging. Jamey blieb vor dem Mann stehen, und die beiden sahen sich einen Moment nur an. Dann nahm der Mann den Jungen fest in die Arme, und sie drückten sich eine Weile. Als sie voneinander ließen, nahm James Knudson die Brille ab und drückte Daumen und Zeigefinger an die Augen.
    Das Wissen, dass er den Jungen an dessen Vater verlieren würde, schmerzte Roland. Aber es war richtig, und Roland wusste es schon eine ganze Weile. Herrgott, der Mann war Fußballtrainer der Jugendliga. Was konnte sich ein Junge mehr wünschen?
    Jamey drehte sich um und sah Roland an. „V-vater, das ist Roland. Er hat mir das Leben gerettet … inzwischen mehr als einmal.“ Jamey biss sich auf die Lippen. „Und das sind Eric, Tamara und Rhiannon.“ Er sah sie nacheinander mit feuchten Augen an.
    James räusperte sich, da ihn die exzentrische Umgebung und die förmliche Kleidung, die alle außer Tamara trugen, offenbar ein wenig verwirrten. Aber er trat vor und schüttelte jedem nacheinander die Hand. „Ich weiß, wie viel Sie alle meinem … meinem Sohn bedeuten.“ Rolands Hand schüttelte er zuletzt und am längsten. „Ich bin Ihnen mehr als dankbar, das dürfen Sie mir glauben. Wenn Sie mich nicht gesucht hätten, hätte ich vielleicht nie erfahren, dass ich überhaupt einen Sohn habe.“
    Roland nickte. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er nicht antworten können. Seine Kehle war so zugeschnürt.
    Tamara trat vor und sprach an seiner Stelle. „Vergessen Sie nicht, wir haben ihn alle sehr gern, Mr Knudson. Und nur darauf kommt es an. Die Entscheidung, ob er bei Ihnen bleiben möchte, liegt einzig und allein bei Jamey.“
    Er nickte. „Ich würde ihn nie zu etwas zwingen, Miss, äh, Tamara. Ich habe ihn auch sehr gern.“
    Sie sah Jamey in die Augen und umarmte ihn erneut. „Du weißt, wie du mich erreichen kannst, wenn du etwas brauchst, Junge.“
    „Ich weiß es.“ Jamey umarmte sie

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