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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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legte er sie auf das Bett, deckte sie mit der leuchtend gelben Decke zu und stützte ihren Kopf auf die Kissen, die sie erst vor so kurzer Zeit gekauft hatte, obwohl sie ihr wie eine Ewigkeit vorkam.
    „Roland.“ Sie berührte sein Gesicht mit einer zitternden Handfläche. „Ich muss dir so viel sagen.“
    „Pst. Ich möchte, dass du dich ausruhst. Morgen Abend bist du wieder ganz die Alte, das verspreche ich dir. Dann können wir reden.“
    „Ganz die Alte?“ Sie blinzelte langsam und dachte an das Versprechen, das sie den Göttern gegeben hatte. Sie würde ihn verlieren, wenn sie diesen Schwur nicht halten konnte. Das wusste sie ohne jeden Zweifel. „Nein, Roland, ich werde nie wieder …“
    Er brachte sie zum Schweigen, indem er ihr behutsam den Finger auf die Lippen legte. „Ruh dich aus, kleines Vögelchen. Wir reden später.“
    „Ja.“ Sie ließ die schweren Lider sinken und wollte nicht mehr gegen den Schlaf ankämpfen. „Ja. Wir reden später.“
    Aber als sie am darauffolgenden Abend aufstand, war sie nicht die Alte, und auch am darauffolgenden Tag kehrte sie nicht zu ihrer normalen Form zurück. Sie wurde kräftiger, ja, das stellte Roland fest. Ihre Augen strahlten wieder klar wie Diamanten; der drogenumwölkte Blick war verschwunden. Aber auch ihre Schalkhaftigkeit, ihr Spott und ihr herausfordernder Blick stellten sich nicht mehr ein. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Still und überaus höflich, gab sie keinerlei Widerworte, so dumm seine Bemerkungen auch sein mochten, mit denen er sie aus der Reserve zu locken versuchte.
    Roland beugte sich zur Seite und stieß Eric an. „Glaubst du, dass Rogers’ Betäubungsmittel dauerhafte Nachwirkungen haben könnte?“
    Eric zog eine Braue hoch. „Warum fragst du?“
    „Sieh sie dir doch an. Sie ist so still, fast … schüchtern. Und das geht jetzt verdammt noch mal fast eine Woche lang so.“ Roland sah wieder zu Rhiannon, während er das sagte. Sie saß in einem übergroßen Polstersessel, sah in die Flammen des Kamins und schien sich an dem warmen Feuer in dem kalten Raum zu erfreuen. Geistesabwesend streichelte sie den Kopf der Katze, die an ihrer Seite lag.
    Eric zuckte mit den Schultern. „Ich nehme an, sie ist immer noch ein bisschen erschüttert …“
    „Rhiannon ist nie erschüttert.“
    „Pst, sonst hört sie dich“, flüsterte Tamara, die in Begleitung von Jamey durch das Zimmer ging. „Und du solltest sie nicht gerade jetzt aus der Fassung bringen. Jameys Vater dürfte jeden Moment hier sein. Er sollte nicht gerade hereinkommen, wenn sie eine ihrer ungehaltenen Ansprachen hält, oder?“
    „Im Moment würde ich dafür alles geben“, murmelte Roland, als die Gruppe näher zum Kamin und den Sesseln, die dort aufgestellt worden waren, wanderte.
    „Der große Saal sieht viel hübscher aus, Rhiannon. Du hast Wunder gewirkt.“
    Rhiannon schaute auf, lächelte zaghaft und streichelte weiter die Katze.
    „Ja“, bekräftigte Eric, der dort fortfuhr, wo Tamara aufgehört hatte. „Die Kerzen und Lampen lassen den harten Stein weicher wirken, und die Vorhänge und Teppiche harmonieren wundervoll miteinander. Findest du nicht auch, Roland?“
    Roland nickte nur und betrachtete Rhiannons Gesicht, während ein Stirnrunzeln seines entstellte.
    „Ich finde immer noch, es wäre besser gewesen, du hättest sie deine Bilder aufhängen lassen, Roland“, sagte Tamara.
    Roland zuckte mit den Schultern. Er ebenfalls. Er hatte sich nur geweigert, als Rhiannon fragte, weil er sicher war, dass sie einen Streit vom Zaun brechen und mit ihm zanken würde, bis er nachgab. Er hatte sich richtig auf diesen Streit gefreut. Er vermisste ihre Diskussionen. Stattdessen hatte sie nur ergeben genickt und nicht noch einmal gefragt. Am liebsten hätte er sie angeschrien.
    Er betrachtete sie, während sie ihn ansah. „Ja, es ist hübsch. Und ein Jammer, dass wir nicht mehr lange bleiben können. Aber da Lucien noch lebt und weiß, wo wir uns verstecken, dürfte es besser sein, wenn wir abreisen.“ Er sah, wie sie mit den Fingern den Stiel ihres Glases umklammerte. Endlich, dachte er, als ihre Knöchel vor Anstrengung weiß wurden. „Mir fällt keine andere Lösung ein. Dir, Rhiannon?“
    Einen Moment loderte das Feuer so hell in ihren Augen, dass er fürchtete, die Funken könnten Löcher in die neuen Teppiche brennen. „Die Lösung“, sagte sie mit steifem Rücken und hoch erhobenem Kinn, „wäre, diesen elenden Wurm von einem Mann

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