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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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beanspruchen wir eigenes Territorium. Im vereinten Europa die milden Klimazonen, weil wir leichter frieren!«
    »Interessant«, sagte Daniela. »Der Europäer eurer Vorstellung wandert sozusagen von Hammerfest nach Palermo.«
    »So ist es. Die skandinavischen Länder sind Entwicklungsländer. Die Entbindungsanstalten stehen am Polarkreis, wo die Luft noch gut ist. Dann beginnt der lange Marsch nach Süden. In Schweden Kindergarten, in Dänemark Volksschule. Etwa auf der Höhe Hamburg-Berlin wird Abitur gemacht, im Rheinland Karriere.«
    »Die Saturierten sitzen ja bereits in Bayern und im Tessin.«
    »Und in Italien geht alles am Stock«, sagte Ines. Hubert hielt die Zigarre hoch wie ein Ausrufezeichen.
    »In Italien wird der alte Mensch noch geachtet. Das brauchen wir dringend!«
    »Und wie ist das bei Ehepaaren mit großem Altersunterschied? Oder wenn ein Mann ein Verhältnis mit einer jüngeren Frau hat? muß sie dann jedesmal nach Rom fliegen?«
    Renates Frage steigerte die allgemeine Laune.
    »Das ist ein Problem, wie es die Mischehe war.«
    »Seien wir tolerant. Ein gewisses Kontingent junger Frauen kann in der Ewigen Stadt nichts schaden. Sie ist auch ohne uns schon antik genug.«
    »Das könnte euch alten Stinkern so passen!« protestierte Ines ohne Erfolg. Die Initiationsriten wurden besprochen; Lukas hörte nicht mehr zu, schaute auf die Uhr.
    »Du siehst, du mußt zurückkommen.« Renate, die neben ihm saß, sprach sehr leise. »Für England bist du schon zu alt.«
    »Am liebsten ginge ich gleich nach Italien. Man fällt dort nicht so auf, wenn man faul ist und gerne lebt. Kämst du mich mal besuchen in der Toscana?«
    »Ich werde eine Filiale eröffnen.«
    Er drückte ihre Hand.
    »Das besprechen wir noch.«
    Mitten in dem Problem, ob man die Friedhofe nach Nordafrika verlegen solle, kam die Frage:
    »Wo ist eigentlich Daniela?«
    Wo war sie? Niemand hatte sie hinausgehen sehen; bei der Blödelei wurde sie noch nicht vermißt.
    »Haben wir sie gekränkt?« fragte ein Wolfgang.
    »Sie muss ihre Mietküche entlohnen«, meinte Hubert. Da kam Ines herein.
    »Daniela hat sich hingelegt«, sagte sie.
    Die Italiensieder sahen einander an, als hatten sie das Gefühl, zu lange geblieben zu sein. Renates Blick stellte eine Frage und Lukas antwortete:
    »Ich schau’ mal nach ihr.«
    Als wäre er hier zu Hause, geht er hinüber, öffnet leise die Tür. Drei kleine Lampen verbreiten behagliches Licht. Sie lächelt, »Ich bin zusammengeklappt. Entschuldige.«
    Angezogen liegt sie auf dem strengen Messingbett; er stellt sich ans Fußende, die Hände auf die Knöpfe der Pfosten gestützt und betrachtet sie.
    »Du bist eine ausgesprochene Bettschönheit!«
    »Laß deine antiquierten Komplimente. Es war einfach zu viel, und so sehe ich auch aus.«
    Gestern hätte er noch gefragt, warum sie sich das antue, sich derart zu strapazieren, wofür? Seit ihrem Gespräch mit Renate glaubt er sie besser zu verstehen. Sie muß es tun. Sie hat ihre Kräfte genau eingeteilt. Erst wenn noch ein Mann dazukommt, wird es zuviel, Dafür entschuldigt sie sich noch einmal, weil er nichts sagt. »Tut mir leid. Ich wollte dir eine Freude machen. Ich wollte kochen, ich wollte...«
    »Du wolltest nicht mit mir allein sein.«
    »Das auch.«
    »Warum dann die Umstände? Wir sind doch erwachsen.«
    Sie dreht sich hin und her, als versuche sie die Antwort pantomimisch zu umschreiben.
    »Vielleicht tut’s mir selber leid. Und wenn ich dich dann sehe und wir reden darüber — du hängst doch auch rum... Es hat keinen Zweck, Lukas. Ehe ich’s vergesse: Ich habe Marie-Luises Mutter getroffen. Sie läßt dir sagen, du sollst anrufen und sie besuchen, falls du Zeit und Lust dazu hast.«
    »Warum hast du sie nicht eingeladen? Wenn wir schon nicht allein sind, hätten sie auch nicht mehr gestört.«
    »Du wirst lachen, ich hab sie eingeladen. Aber sie haben eine Feier in der Familie.«
    Lukas sieht die Taufen, Geburtstage, Hochzeiten, die Fräcke mit Orden und Abendkleider mit Schärpe, die Gala unter Verwandten. »Sind die immer noch nicht weiter?«
    Sie schüttelt den Kopf. Er hat sich aufs Bett gesetzt, hat sich ihre Hand geholt.
    »Du bleibst schön liegen. Wir gehen jetzt.«
    »Entschuldige mich«, sagt sie, »aber ich kann die andern jetzt nicht mehr sehen.«
    »Ich versteh dich.«
    »Mir geht alles auf die Nerven.«
    Er will sie streicheln, Daniela dreht den Kopf zur Seite.
    »Vielleicht bin ich hysterisch.«
    »Du bist überfordert. Weiter

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