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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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zurück, wo er gar nicht mehr stören kann.
    So haben wir Männer das früher gemacht! Anfangs ein paar verbindliche Worte und dann haben wir einfach über Beruf geredet oder über Politik, rücksichtslos, und die Frauen verstummen lassen, nicht einbezogen, nicht mehr gesehen. Wie’s uns grade paßte. Das ist die Quittung.
    »Wir kommen!«
    Ohne aufzuschauen streckt Daniela die Hand nach ihm aus, wie nach einem Kind, das ungeduldig wird, weil die Mutter keine Zeit hat, es nicht genügend beachtet. Und jetzt macht er das, was
    Männer früher machten, wenn die Frauen ihr oberflächliches Zeug geredet haben und darin jederzeit gestört werden durften vom Mann, auf den sie im Grunde ja immer warteten: Er stört.
    Langsam und selbstsicher schiebt er sich zwischen die beiden, nimmt sie mit großer Potenzgockelgebärde unter seine Fittiche und schreitet, Oberflächlichstes sprudelnd, mit ihnen zurück in den Wohnraum.
    An seine machtlose Beschützerbrust gelehnt, sehen sie einander an, Daniela und Renate. Sie sind Freundinnen geworden, seine Freundinnen. Nicht nur weil Daniela sich auf jeden stürzt, der sich halbwegs begeistern läßt. Und Renate läßt sich begeistern, so sehr, daß er nur hoffen kann, sie möge ihr unkompliziertes Wesen nicht ganz verlieren. Das mag er an ihr, das macht sie bequem. Knusperonkels mögen bequeme Frauen. Daniela ist nicht mehr in das Klischee der leichtherzigen Freundin zu pressen, mit der man Pferde stehlen, die man aber auch heiraten kann. Sie hat ihr Engagement, und, was er nicht glauben wollte, jetzt weiß er’s: Es ist echt. So echt, daß es sogar dem Egozentriker Hubert auffällt.
    »Worum geht es denn so ernsthaft?« fragt er, da sie unter Lukas’ Fittichen noch immer weiterredet, und er antwortet:
    »Um die Jugend. Bei Daniela geht es immer um die Jugend.«
    »Was? Keine Kinder haben und für die Jugend streiten? Das nenne ich biologisches Mitläufertum!« Hubert ist noch ganz Mann alten Schlages, der sich nicht anstrengt, wenn er mit Frauen spricht. Die Wolfgänge zeigen sich nicht weniger männlich.
    »Und da hast du die Stirn, uns einzuladen? So weit ins Kindische vergreist sind wir noch lange nicht.« .
    Lukas beobachtet die neuen Freundinnen in seinen Armen. Einen Augenblick lang stocken sie, sehen einander an, Lächeln kommt auf, sie lösen sich aus seinen Fittichen und spielen mit, wie Mütter, die ins Kinderzimmer kommen und die Kleinen nicht merken lassen, daß es noch andere Dinge gibt auf der Welt.
    Etwas von der Albernheit des Stammtischs im Späten Schoppen stellte sich ein. Keiner meinte im Ernst, was er sagte, zielte nur auf rasche Antwort, damit es weitergehe. Hubert und die beiden Wolfgänge schwadronierten wie in ihren besten Zeiten, entwickelten aus dem Stegreif ein Kontrastprogramm zum modischen Jugendtrend, ein Programm für die Alten, und wurden dabei immer jünger. Besonders Hubert, dem der Abend die Wangen gerötet hatte:
    »Da es uns immerhin noch gibt und dank der Medizin immer länger noch geben wird, haben wir Forderungen an die Gesellschaft: Eine eigene Altenwelt mit Reservaten, eigenen Zeitungen, speziellen Radio- und Fernsehprogrammen für Erwachsene.«
    »Sehr anspruchsvoll«, meinte der jüngere Wolfgang. Und von da an spielten sie einander die Bälle zu, daß es unerheblich war, wer gerade sprach.
    »Wir müssen wieder lernen, lauter zu leben! Wer zu leise ist, wird vergessen.«
    »Sehr richtig. Aber zuerst müssen wir definieren: Wer ist alt, wer ist jung. Ich würde Vorschlägen, die Grenze bei der mittleren Reife zu ziehen.«
    »Bei siebzehn?« Peter verstand die Alten nicht.
    »Bei vierzig natürlich. Wo der Mensch die erweiterte Jugend verläßt, aber noch jung genug ist, sich umzustellen.«
    »Ich bin völlig deiner Meinung. Wir müssen den Jungen das Altern so schwer wie möglich machen.«
    »Darauf will ich grade hinaus. Wir wollen keine Gerontokratie errichten, wir wollen nur unseren Lebensabschnitt aufwerten.«
    »Und das heißt, daß wir nicht jeden aufnehmen, nur weil er zum vierzigsten Mal Geburtstag hat.«
    »Jawohl. Wer Erwachsener werden will, muß harte Initiationsriten durchmachen. Er bekommt zum Beispiel drei Monate lang keine Post, keinen Telefonanruf, keinen Besuch, damit er sieht, wie das ist, wenn es so bleibt, wie es jetzt ist.«
    »Die Prüfungen werden wir uns noch genau überlegen. Erst wenn er alle bestanden hat, wird er zum Erwachsenen geschlagen und aufgenommen.«
    »Und jetzt zum Wichtigsten: Selbstverständlich

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