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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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verkauft hatten? Adam,« rief er nach der Stube hinauf, »komm schnell und guck! Da ist die Liese wieder, die wir schon in den Ladenburger Salamiwürsten vermuteten.«
    Der Adam kam, und er war auch nötig, erstens um die Tatsache zu konstatieren, zweitens um den Wagen wieder auf die Straße zu setzen und dann um das Pferd einige hundert Meter weit über die Bürgermeisterwohnung hinaus zu führen. Als man an den nächsten Meilenstein gekommen war, ließ der Adam das Kopfgestell los, indem er sagte: »So, von jetzt ab geht er wieder bis in den Siedelsbrunner Steinbruch hinein. Das heißt, wenn euch ein Mülleresel begegnen sollte, dann steigt ab, so rat ich euch. Mit drei Beinen hat ein Schmisser wie der da noch einen Huf zuviel.«
    Wir hofften, daß wir mit dem bereits Überstandenen das Schicksal versöhnt hätten, und es kam auch weiter nichts mehr vor. Nachdem wir an der Daumühle noch einmal Halt gemacht und die Räder geschmiert hatten, kamen wir, als man eben die Schweine fütterte, in Steineklingen an. Ich waltete allda meines Amtes und lehnte, wie vordem auf dem Sandhof, die Rückfahrtdankend ab. In ein Gewitter bin ich diesmal nicht gekommen, wohl aber zu einem Wellfleischessen.
    Als ich nämlich so gegen zehn Uhr an der Bienhäuserschen Wirtschaft in Weinheim vorüber wollte, hörte ich, wie die gute Frau Wirtin sagte: »Sieh, Martin, da kehrt soeben der Doktor heim von Steineklingen. Guck, wie erfroren er doch aussieht. Ruf ihm zu, und da wir doch heute geschlachtet haben, so mag er ein Stück warmes Wellfleisch essen. Ich weiß, er liebt das sehr.«
    Herr Bienhaus rief mir zu, und ich machte Kehrt, wie ich dies über Nacht von der alten Liese gelernt hatte. In der Schenkstube fand ich um den ovalen Tisch die Schmidte, die Schmiede, die Schmiedels und die Schmidtchens, wie sie so in der Vorstadt hausten, versammelt. Sie aßen tüchtig, tranken nicht zu wenig und unterhielten sich über Kindererziehung.
    »Daß man ein Kind schlägt, halt ich für eine Rohheit meinerseits,« sagte einer, der zufällig Schmidtdecke hieß. »Sieben Buben hab' ich groß gezogen, geschlagen aber niemals einen.«
    Dem Schmidtdecke senior entgegnete auf's prompteste ein junior: »O Vater, wie lügt Ihr da! Habt Ihr mich nicht des öfteren geschlagen, daß die Schwarten krachten?«
    »Na, und du, mein Sohn, sag', hast du mich denn nicht auch geschlagen? Heben da die Prügel sich nicht gegenseitig auf?«
    Die Schmidt und Schmidtchens lachten höhnisch über die Schmidtdeckens, und die Situation hatte schon einenSchimmer von gestörter Gemütlichkeit, als sich ein Schmiedel mit den Worten meldete: »Da wir nun doch beim Schlagen sind. Da ist mein Großer, der Athlet. Ihr kennt ihn ja. Hat er nicht Hände wie die Backofenschießer? Der Kerl, denkt nur, vor dem muß man Respekt haben. Hat er mir da neulich eine Ohrfeige gesteckt, daß ich wider den Bettpfosten gefahren bin. Da schaut her an meiner Schläfe, da könnt ihr noch die Narbe sehen. Der Doktor da, er sitzt ja hier, der hat die Wunde zusammengenäht.«
    Da ich direkt apostrophiert war, so fühlte ich, daß ich etwas antworten müsse, und ich sagte drum: »Was Prügel her und Prügel hin! Sein Teil muß jeder haben. Wer sie nicht als Knabe eingerieben hat, dem werden sie im Greisenalter zugemessen,« und ich erhob mich, um zu gehen.
    Auf der Straße draußen überholte mich der Waldhüter von Steineklingen. Er hatte das Rezept für seinen Patienten verloren. Ich mußte mit ihm in die Apotheke hinein, um ein neues zu schreiben, und da ich nun doch einmal bei dem Giftmischer war, kaufte ich mir Kampfersalbe, um die Beulen einzureiben, die das Schicksal mir in der letzten Nacht geschlagen hatte.

»Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.«

    ein Sohn, der noch in Rockenhausen geboren war, lief schon wacker in Höschen herum, also mochte ich schon ein paar Jahre in Weinheim wohnen, da kam's, das lang versprochene Geschenk des Staates an die Arbeiterschaft. Die eisengepanzerte Germania hatte sich vorgenommen, die Welt zu verbessern und den Moses zu überbieten, mit seinem Jubeljahr, indem man anfing, die soziale Frage zu lösen. Die kleine Meppener Exzellenz putzte damals ihre katholische Brille und sagte: »Es ist ein Sprung ins Dunkle hinein.«
    Trotzdem kam er, der Versicherungsschwindel. Wir hatten einen sozialen Kaiser, warum sollten wir nicht auch soziale Nachtwächter haben. Freie Bahnen! Man konnte zu Amt und Würden gelangen, wenn man verstand,

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