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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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Winnweiler gereist und traf das Pferd im Stall. Als die Türe aufging, krähte es hell auf und machte Anstalten, mit den Vorderbeinen in die Krippe zu steigen. Das gefiel mir, und ich malte mir schon die lustigen Manöver aus, die es setzen würde, wenn ich ihn erst einmal zwischen meinen Schenkeln auf der Straße hätte.
    Vom Stall ging ich in den Salon zur trauernden Witwe. Sie sah niedergeschlagen aus, vielleicht weil sie der Gedanke drückte, daß sie in dem Pferde noch einmal einen Teil ihres Mannes herzugeben habe. Schon aus dieser Vorstellung heraus hätte ich generös sein und die lumpigen hundertfünfzig Mark hinlegen sollen, die sie als Kaufpreis von mir verlangte.
    Doch da machte sich der Einfluß meiner Frau geltend. Wie ein Jude fing ich an zu markten und zu handeln, wollte den Sattel noch in den Kaufpreis hereinziehen, eine Garantie haben gegen Währschaftsfehler und was dergleichen Dinge mehr sind, die man im Geschäft des Pferdehandels vorzubringen pflegt.
    Frau Röhrig blieb meinen Ausführungen gegenüber zugeknöpft, ließ mich aber reden, solange ich wollte. Als ich endlich fertig war, tat sie, was die Greisin dem Tarquinius gegenüber tat in dem berühmten Bücherhandel: Sie steigerte den Preis. Und was habe ich gemacht? Ich beschloß, keinem Eheweib mehr zu folgen, und schlug in den Handel ein.
    Eine halbe Stunde später ging das Pferd aus dem Hofe, und ich saß darauf. Noch waren wir beide nichtaneinander gewöhnt, wobei es unentschieden bleiben mag, ob ich dem Tiere zu wenig den Herrn zeigte oder zu viel. Sicher ist, daß es mich los sein wollte. Als es mit dem Ausschlagen nach hinten seine Absicht nicht erreichte, bäumte es nach vornen auf. Auf dieses Manöver vorbereitet, schlug ich ihm die Reitpeitsche zwischen den Ohren durch auf die Schnauze. Die Reaktion gegen diesen Regierungsakt war sofort da. Mit gewaltigem Satze sprang der Gaul über den Chausseegraben und flog in gestreckter Karriere mit seinem Reiter auf dem Rücken über den weichen, kurzgeschorenen Wiesengrund. Die Stange hatte der Schinder sich zwischen die Zähne geschafft und damit hatte ich die Herrschaft über ihn verloren.
    ›Er mag's versuchen, wie weit er kommt,‹ dachte ich mir und klemmte mich auf dem Sattel fest, immer nur bestrebt, das wildgewordene Tier auf dem weichen Rasen zu halten, weil es da schneller ermüden mußte, als auf festem Untergrund. Da mit einem Male wurde es sumpfig unter uns. Schollen flogen und der Dreck spritzte auf. Noch ein Satz, und das Pferd des Colleone stand nicht fester auf seinem Leopardoschen Piedestal als wir mit einem Male in den Wiesen zu Imsweiler. Nun hob ich mich aus dem Sattel, um die Schwere zu vermindern. Die Zügel straff in der Faust stand ich vor dem Ausreißer und sah ihm mit drohender Reitpeitsche starr in die Augen. Er blies die Nüstern auf, überschüttete mich mit einem Sprühregen aus seiner Nase, aber er beugte den stolzen Kopf und schien um gut Wetter zu flehen.Von da ab waren wir gute Freunde. Aber zeitlebens hat er sich mit meiner Frau nicht recht vertragen, und ich vermute deshalb, weil sie geglaubt hatte, ihn, der ein Königreich wert war, um hundert Mark erhandeln zu können.
    Ach, und dieses Roß sollte ich jetzt verlieren! Ihn, der den Gerichtssekretär in den Schnee, den Schuhmacher in den Dreck, die Aufkäuferin in die Eier gelegt hatte? Der Gedanke war mir schmerzlich.
    Herr Merkle sah, daß etwas in mir vorging. Da er aber nicht wußte, was, nahm er an, daß ich Durst hätte und nötigte mich in den Pfälzer Hof herein. Herr Reiffel begrüßte uns Weltreisende nicht mit allzugroßem Respekt und stellte uns einen Wein auf den Tisch, bei dessen Genuß wir beide die Gesichter verzogen. Unsere Grimassen nahm er wohl nicht als Schmeichelei für seinen Wein hin und um diesen in ein besseres Licht zu rücken, sagte er: »Nun, so gut wie euere Gedichte im hiesigen Anzeiger wird er wohl noch sein.«
    Da hatte ich's denn einmal wieder. Was ich vorzusetzen hatte, war nicht jedermanns Geschmack, und ich nahm mir vor, künftighin nur noch teure Rezepte zu schreiben, um die Apotheker wenigstens auf meine Seite zu bringen, nachdem ich's mit dem Repräsentanten der Gastwirte verdorben hatte.

»Ohne Sorg' durch Dick und Dünn
Strampelt er durchs Dasein hin.«

    as erste, was ich am nächsten Tage machte, war, daß ich meinen Gaul einspannte. Er schien sich zu freuen, daß ich wieder da war und ihm eine gelbe Rübe mitgebracht hatte. Als er im Geschirr erglänzte,

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