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Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition)

Titel: Erlebte Menschlichkeit: Erinnerungen (Küngs Memoiren) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Gold- und Sklavenküste immer neue Menschenraubgebiete erschließen – und dies in den allermeisten Fällen mit Duldung, ja Unterstützung der christlichen Kirchen.
    Das Versagen der Kirchen
    Das heißt: Wer nach Afrika reist, muss sich mit einem entsetzlich düsteren Kapitel europäisch-afrikanischer Geschichte auseinandersetzen. Und überall sind hier die europäischen Kirchen eng mit den politischen Mächten verflochten. Sie tragen eine entscheidende Mitverantwortung und Mitschuld. Ging es doch in den (im 15./16. Jh. soeben von den Arabern befreiten!) iberischen Staaten Spanien und Portugal zunächst einmal um die Fortsetzung der religiös-politischen Kreuzzugsidee. Gegen die Muslime, die alle kostspieligen mittelöstlichen Handelswege nach Indien und China beherrschten, sollte ein neuer direkter, billiger Seeweg rund um Afrika gefunden werden. So wird denn die ganze Kolonisierung und Missionierung in enger Zusammenarbeit von Krone und Kirche, Handelsgesellschaften und Orden, Kolonisatoren und Missionaren durchgeführt. Sie wird abgesegnet von päpstlichen Bullen und Erlässen: Papst Nikolaus V. hatte schon 1452 »die Neger« unter die »Feinde des Christentums« eingestuft. Und Alexander VI. Borgia legte 1493 mit einer Demarkationslinie die kolonialen Hoheitsgebiete Spaniens und Portugals fest.
    Gewiss, vereinzelt wird die Sklaverei aus christlichen und humanitären Gründen abgelehnt. Aber erst im Zuge der europäischen Aufklärung und der Einforderung der vom Naturrecht abgeleiteten Menschenrechte (zuerst von den Quäkern in Pennsylvania!) kommt es zur Zurückdrängung dieses grauenhaften Menschenhandels. Erste Verbote der Sklaverei erfolgen in Dänemark 1792, in der französischen Karibik 1794 und in Großbritannien 1807. Das katholische Portugal dagegen folgt erst 1875! In den Vereinigten Staaten braucht es einen Bürgerkrieg, um die Sklaverei 1865 endgültig abzuschaffen. Vor Kriegsausbruch (1860) zählt man bei einer Gesamtbevölkerung von zwölf Millionen rund vier Millionen Sklaven. Bald jedoch bekommt man Angst vor den zu vielen – jetzt freien und fortpflanzungsfreudigen – Sklaven. Es kommt zu großen Rücktransporten nach Afrika: von Kanada/England nach Sierra Leone (gegen den Widerstand der Einheimischen in »Freetown«) und von den Vereinigten Staaten nach »Liberia« (»Monrovia«, die neue Hauptstadt, benannt nach dem amerikanischen Präsidenten Monroe). Liberia, dieser Sklavenstaat, war von Äthiopien abgesehen der erste vom Westen anerkannte freie Staat Afrikas.
    Schlimm finde ich bis heute: Nachdem im 19. Jahrhundert immerhin der Verkauf afrikanischer Menschen beendet werden kann, geht deren Ausbeutung weiter. Wird früher Afrika der Afrikaner beraubt, wird dann umgekehrt den Afrikanern Afrika geraubt. Nach einer Periode der kolonialistischen Handels-, Flotten- und Militärstützpunkte an der Küste und des transatlantischen Sklavenhandels kommt es im 19./20. Jahrhundert zur Errichtung von Flächenkolonien und geschlossenen afrikanischen Kolonialimperien. Der europäische Kolonialismus entwickelt sich zum Imperialismus.
    Ein Symbol: Da steht er vor mir, überlebensgroß in Bronze gegossen, auf einem hohen Sockel, mit der Inschrift: »Dem Missionar, Abenteurer und Entdecker DAVID LIVINGSTONE «. Er hatte als erster Europäer 1855 die riesigen Victoriafälle, an denen ich im Lauf meiner Filmreise 1997 staunend stehe, entdeckt und nach der damaligen britischen Königin Victoria benannt. Sein Denkmal an der Grenze zwischen Sambia und Simbabwe wird unmittelbar an dem Ort gesetzt, wo der niederstürzende Sambesi den größten Wasservorhang dieser Erde entfaltet. Nicht ohne Spannung lese ich von den mit unsagbaren Entbehrungen erkauften Pionierleistungen dieses Schotten, der lange als verschollen galt und den der amerikanische Journalist und Afrikareisende H. M.  STANLEY schließlich in Burundi ausfindig macht. Legendär die lapidare, gut britische Begrüßung des lange Gesuchten: »Mr. Livingstone, I presume«!
    Von Europa aus gesehen, ist die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Epoche heroischer, ständig gefährdeter europäischer Entdecker und Erforscher. Sie erforschen die geheimnisvollen Quellgebiete des Sambesi, des Niger, des Nils, das zentrale und östliche Afrika. Große Namen: MUNGO PARK , die Gebrüder LANDER , der gelehrte Deutsche HEINRICH BARTH und eben DAVID LIVINGSTONE . Doch machen wir uns nichts vor: Die von den heroischen Entdeckern und Erforschern beschafften

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