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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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widerstanden hatte, waren sie erlegen. Auf Schmeicheleien waren sie hereingefallen, auf leere Worte, die Verkleidungen des Teufels.
    Und prompt hatte die Strafe sie ereilt. Seit einer Nacht und einem halben Tag waren Magdalena und Samuel bereits in den Händen des Sünders, und sie konnte nichts tun.
    Rachel spürte die Erniedrigung so deutlich wie damals, als die Soldaten sie vergewaltigt hatten und niemand ihr zu Hilfe gekommen war. Aber damals konnte sie selbst handeln, das konnte sie heute nicht.
    »Du musst das Geld beschaffen, Joshua«, flehte sie. »Wie auch immer. Du musst!«
    Ihrem Mann ging es miserabel, das sah man. Das Weiße in seinen Augen und seine Gesichtsfarbe waren fast eins. »Rachel, wir haben keins! Du weißt doch, dass ich vorgestern die Steuernachzahlung geleistet hab. Eine Million, extra weit vorder Frist. Damit die uns den niedrigen Zinssatz berechnen und nicht den hohen, so wie wir’s immer machen.« Er vergrub den Kopf in den Händen. »Wie wir’s immer machen, in Jesu Namen. Genau wie wir’s immer machen!«
    »Joshua, du hast gehört, was er am Telefon gesagt hat. Er bringt sie um, wenn wir das Geld nicht auftreiben.«
    »Dann müssen wir eben die Gemeinde um Hilfe bitten.«
    »Nein!« Sie schrie so laut, dass die jüngste Tochter im Zimmer nebenan zu weinen begann. »Er hat unsere Kinder genommen, und du bringst sie uns zurück, hast du gehört? Und zwar so, dass keine Menschenseele davon erfährt. Wirklich niemand! Sonst sehen wir sie nicht lebend wieder, das weiß ich.«
    Er wandte ihr den Kopf zu. »Woher weißt du das, Rachel? Vielleicht blufft er nur? Vielleicht sollten wir einfach zur Polizei gehen.«
    »Zur Polizei! Hast du denn keine Angst, dass er jemanden dort auf der Wache besticht? Kannst du denn ausschließen, dass er davon erfährt?«
    »Ich weiß nur, dass auf unsere Freunde aus der Gemeinde absoluter Verlass ist. Die würden niemals etwas verraten. Und sie würden uns Geld geben. Gemeinsam würden wir die Summe sicher zusammenkriegen.«
    »Und wenn er nun da draußen steht, wenn du zu ihnen läufst? Oder wenn er Helfer in der Gemeinde hat, von denen wir nichts wissen? Sein wahres Gesicht haben wir schließlich auch nicht erkannt. Woher willst du wissen, dass es nicht noch andere von der Sorte in der Gemeinde gibt? Woher, Joshua?«
    Sie sah hinüber zur Tür, wo sich ihre jüngste Tochter mit rot verweinten Augen an den Türrahmen klammerte und sie angstvoll ansah.
    »Joshua, finde eine Lösung, schnell«, flehte sie und stand auf. Sie ging zu ihrer kleinen Tochter, kniete sich vor sie und umfasste ihr Köpfchen.
    »Verzweifle nicht, Sarah. Jesu Mutter wacht über Magdalena und Samuel. Bete du nur fleißig, damit hilfst du ihnen. Und wenn das hier passiert ist, weil wir etwas getan haben, das wir nicht hätten tun dürfen, dann wird uns vergeben, wenn wir beten. Bete du nur, mein Schatz, bete.«
    Sie sah, wie ihre Tochter zusammenfuhr, als sie das Wort »vergeben« hörte. Ihre Augen verrieten, wie sehr sie sich nach Vergebung sehnte. Sie hatte etwas auf dem Herzen, aber ihr Mund blieb verschlossen.
    »Was hast du denn, Sarah? Willst du Mama etwas sagen?«
    Da begannen Sarahs Lippen zu zittern und die Mundwinkel gingen langsam nach unten.
    »Hat es mit dem Mann zu tun?«
    Das Mädchen nickte stumm, und jetzt liefen die Tränen.
    Unbewusst hielt Rachel die Luft an. »Was ist es denn? Na komm schon, sag’s mir.«
    Der schroffe Tonfall erschreckte die Kleine, aber die Zunge löste sich. »Ich hab etwas gemacht, was ich nicht durfte.«
    »Was hast du denn gemacht, Sarah? Sag es nur.«
    »Ich hab in der Ruhestunde ins Fotoalbum geschaut, als ihr alle mit den Bibeln in der Küche wart. Entschuldige, Mama. Ich weiß, das war dumm von mir.«
    »Ach, Sarah.« Sie ließ das Köpfchen wieder los. »War es nur das?«
    Ihre Tochter schüttelte den Kopf. »Und da hab ich auch das Foto von dem Mann gesehen, der Magdalena und Samuel mitgenommen hat. Ist es deshalb passiert? Hätte ich es ihm ansehen müssen, wenn er der Teufel ist?«
    Rachel atmete ganz tief ein. »Da ist ein Foto von ihm?«
    Sarah schniefte. »Ja. Vor dem Gemeindehaus. Als wir bei Johannas und Dinas Einsegnungsfest alle davorstanden.«
    »Wo ist das Foto, Sarah? Zeig es mir. Jetzt gleich!«
    Gehorsam holte die Kleine das Album und zeigte auf das Foto.
    Ach, dachte Rachel. Wozu soll das gut sein? Das bringt doch nichts.
    Mit Abscheu betrachtete sie das Foto. Zog es aus der Hülle. Strich ihrer Tochter übers Haar und

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