Erlösung
ich.«
Rachel öffnete die Augen, und sie konnte es erkennen: Hinter dem ruhigen Blick dieser Frau schwelte der Hass.
»Was hat er getan?«, fragte Isabel Jønsson. »Sagen Sie mir, was er Ihnen angetan hat, dann sage ich Ihnen, was ich über ihn weiß.«
Die Frau hatte schlechte Bekanntschaft mit ihm gemacht, das war sofort zu spüren. Aber konnte ihnen das helfen? Rachel bezweifelte es. Helfen konnte einzig und allein Geld, und auch dafür war es bald zu spät.
»Was wissen Sie? Sagen Sie schnell, wir müssen los!«
»Er heißt Mads Fog. Mads Christian Fog.«
Rachel schüttelte den Kopf. »Uns hat er gesagt, er heiße Lars. Lars Sørensen.«
Die Frau nickte langsam. »Okay. Dann sind wohl beide Namen falsch. Kennengelernt habe ich ihn nämlich als Mikkel Laust. Aber ich habe einen Blick in seine Papiere werfen können und auch eine Adresse von ihm. Da ist er als Mads Christian Fog gemeldet. Ich glaube, das ist sein richtiger Name.«
Rachel schnappte nach Luft. Hatte die Gottesmutter ihre Gebete erhört? Sie sah der Frau tief in die Augen. Konnte man ihr wirklich vertrauen?
»Von welcher Adresse sprechen Sie?« Joshua kapierte die Zusammenhänge offenkundig nicht. Seine Gesichtsfarbe war inzwischen bläulich weiß.
»Irgendwo in Nordseeland, in der Nähe von Skibby. Ferslev, heißt der Ort. Ich hab die Adresse zu Hause.«
»Woher wissen Sie das alles?« Rachels Stimme zitterte. Siewollte der Frau so gern glauben, aber war sie wirklich vertrauenswürdig?
»Er hat bis Samstag bei mir gewohnt. Ich hab ihn am Samstagmorgen rausgeworfen.«
Rachel hielt sich die Hand vor den Mund. Das wurde ja immer entsetzlicher! Da war dieser Teufel also direkt von der Frau zu ihnen gekommen.
Nervös sah sie auf die Uhr, zwang sich aber zuzuhören, wie dieser Irre die ED V-Beraterin ausgenutzt hatte. Wie er sie mit seiner gespielt zuvorkommenden Art für sich eingenommen hatte. Wie er von einem Augenblick zum anderen die Persönlichkeit gewechselt hatte.
Zu allem, was die Frau sagte, konnte Rachel nicken. Sie erkannte all das wieder. Und als die Frau fertig war, sah Rachel ihren Mann an. Einen Moment lang schien er weit weg zu sein, so als versuche er, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu sehen, aber dann nickte er. Ja, sagten seine Augen, sie sollten sich der Frau anvertrauen. Sie hatten ein gemeinsames Anliegen.
Da nahm Rachel Isabels Hand. »Das, was ich Ihnen jetzt sage, dürfen Sie niemandem weitererzählen, ja? Jedenfalls nicht jetzt. Und Ihnen erzählen wir es auch nur, weil wir glauben, dass Sie uns helfen können.«
»Wenn es sich um etwas Kriminelles handelt, kann ich nichts garantieren.«
»Das tut es. Aber nicht wir sind die Kriminellen, sondern der Kerl, den Sie rausgeworfen haben.« Sie holte tief Luft. Erst da merkte sie, wie ihre Stimme bebte. »Uns ist das Schlimmste passiert, was passieren kann: Er hat zwei unserer Kinder entführt, und wenn Sie das jemandem erzählen, bringt er die Kinder um!«
Zwanzig Minuten waren vergangen. Noch nie in ihrem Leben hatte sich Isabel so lange in einem Zustand des Schocks befunden.Überdeutlich erkannte sie die Zusammenhänge. Dieser Mann, der bei ihr gelebt und den sie eine Weile als möglichen zukünftigen Lebensgefährten betrachtet hatte, dieser Mann war ein Monster und mit Sicherheit zu allem fähig. Im Nachhinein konnte sie es förmlich spüren. Wie sich seine Hände an ihrem Hals ein bisschen zu stark anfühlten, zu versiert. Wie sein Eindringen in ihr Leben mit etwas Pech hätte fatal enden können. Und ihr wurde der Mund trocken, als sie an den Augenblick dachte, wo sie ihm enthüllte, dass sie Informationen über ihn gesammelt hatte. Wenn er ihr nun sofort an die Gurgel gegangen wäre? Wenn sie gar nicht mehr dazu gekommen wäre, ihm zu sagen, dass sie die Informationen an ihren Bruder weitergegeben hatte? Wenn er gemerkt hätte, dass sie nur bluffte? Dass sie ihrem Bruder nie im Leben ihre Beziehungskatastrophen anvertrauen würde?
Sie wagte nicht, den Gedanken weiterzudenken.
Und nun stand sie diesen schockierten Leuten gegenüber und litt mit ihnen. Oh, wie sie den Kerl hasste! In diesem Moment schloss sie einen Pakt mit sich selbst. Er durfte nicht davonkommen! Ausgeschlossen, dass ein solcher Unmensch ungeschoren davonkam!
»Ich helfe Ihnen«, sagte sie. »Mein Bruder ist Polizist. Zwar bei der Verkehrspolizei, aber immerhin. Wir könnten ihn dazu bringen, eine Fahndung einzuleiten. Auf die Weise wäre die Meldung innerhalb kürzester
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