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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Seekrankheit auskannte.
    »Da, nimm.« Carl gab ihm ein Fernglas. »Atme ruhig und gleichmäßig und folge den Bewegungen des Schiffs. Und versuch die Küste dort im Auge zu behalten.«
    »Ich gehe von dieser Bank nicht weg«, murmelte Assad.
    »Das ist in Ordnung. Du kannst die Küste ja durchs Fenster sehen.«
    »Ich glaube, den Küstenstreifen hier braucht ihr nicht zu berücksichtigen«, meinte Thomasen und steuerte auf die Mitte des Fjords zu. »Dort hinten ist ein kleiner Sandstrand, und vielfach reichen die Felder fast bis ans Wasser. Wenn wir eine Chance haben wollen, müssen wir bis rauf nach Nordskoven, denn dort wächst bis zur Küste dichter Wald. Allerdings wohnen dort auch einige Leute, das macht es wieder schwieriger, ein Bootshaus vor Blicken zu schützen.«
    Er deutete zur Landstraße, die der östlichen Küstenlinie des Fjordes in Nord-Süd-Richtung folgte. Dörfer, die sich mit flachen Äckern ablösten. Auf dieser Seite des Fjords hatte sich Poul Holts Mörder jedenfalls nicht verstecken können.
    Carl sah auf die Karte. »Wenn die These stimmt, dass sich die Fjordforellen oben am Eingang der Fjorde aufhalten und sich das Bootshaus nicht hier im Roskildefjord befindet, dann muss es doch drüben auf der anderen Seite von Hornsherred im Isefjord sein. Aber wo? Der Karte nach kann es gar nicht so viele Möglichkeiten geben. Dort ist ganz einfach zu viel Landwirtschaft, die Felder reichen bis direkt an den Fjord. Wo kann man da ein Bootshaus verstecken? Und drüben am anderen Ufer, bei Holbæk, oder oben in Odsherred kann es wohl auch nicht sein, denn bis dorthin fährt man deutlich länger als eine Stunde vom Ort der Entführung in Ballerup.« Plötzlich kamen ihm Zweifel. »Oder?«
    Thomasen zuckte die Achseln. »Nein, das glaube ich nicht. Das dauert wohl etwa eine Stunde bis da hinauf.«
    Carl holte tief Luft. »Dann wollen wir hoffen, dass die These mit der Lokalzeitung, diesem ›Frederikssund Avis‹, stimmt. Ansonsten wird’s schwierig.«
    Er setzte sich neben Assad, der wirklich elend aussah. Er zitterte leicht, war graugrün im Gesicht und sein Doppelkinn war durch das verstärkte Schlucken in ständiger Bewegung. Das Fernglas presste er trotzdem an die Augen.
    »Gib ihm etwas Tee, Carl. Meine Frau wird es nicht mögen, wenn er die Sitzbezüge vollkotzt.«
    Carl zog den Korb zu sich und schenkte ein, ohne Assad zu fragen. »Hier, Assad, trink einen Schluck.«
    Der senkte das Fernglas, sah den Tee an und schüttelte den Kopf. »Ich übergebe mich nicht, Carl. Ich muss nur aufstoßen, und das schlucke ich wieder runter.«
    Carl riss die Augen auf.
    »Ja, wenn man auf einem Dromedar durch die Wüste reitet,geht es einem auch so. Davon kann man im Magen ziemlich müde werden. Wenn man sich da übergibt, verliert man zu viel Wasser, und das ist dumm in der Wüste. Deshalb.«
    Carl klopfte ihm auf die Schulter. »In Ordnung, Assad. Du hältst einfach Ausschau nach dem Bootshaus und ich kümmere mich um mich selbst.«
    »Ich halte nicht Ausschau nach dem Bootshaus, weil wir das nicht finden.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich glaube, das ist zu gut versteckt. Und nicht zwangsläufig zwischen Bäumen. Das kann sich genauso gut unter einem Haufen Erde oder Sand befinden oder unter einem Haus oder zwischen irgendwelchen Büschen. Du weißt doch, das war nicht sehr hoch.«
    Carl nahm das zweite Fernglas. Wenn sein Kumpel nicht mehr zurechnungsfähig war, musste er eben selbst ran.
    »Wenn du nicht nach dem Bootshaus Ausschau hältst, Assad, wonach suchst du denn dann?«
    »Nach dem, was so brummt. Ein Windrad oder irgendwas anderes, das solche Geräusche macht.«
    »Das wird schwierig.«
    Einen Augenblick sah Assad ihn an, als sei er seine Gesellschaft gründlich leid. Dann musste er so heftig aufstoßen, dass Carl sicherheitshalber etwas abrückte. Als er fertig war, sagte Assad mit schwacher Stimme: »Hast du gewusst, Carl, dass der Rekord, an einer Mauer zu sitzen, als wäre man ein Stuhl, bei etwas mehr als zwölf Stunden liegt?«
    Carl merkte selbst, dass er wie ein wandelndes Fragezeichen aussah.
    »Hast du gewusst, dass der Rekord im ununterbrochenen Stehen bei siebzehn Jahren und zwei Monaten liegt?«
    »Unmöglich!«
    »Na ja, aber so ist es nun mal. Das war ein indischer Guru, der hat nachts im Stehen geschlafen.«
    »Aha. Nein, Assad, das wusste ich nicht. Was willst du mir damit sagen?«
    »Na ja, nur, dass manches schwerer aussieht, als es ist, und manches sieht eben leichter

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