Erlösung
aus.«
»Ja? Und?«
»Wir finden jetzt den Brummton und dann reden wir nicht mehr darüber.«
Was für ein abgedrehter Gedankengang!
»Na gut. Aber ich glaube trotzdem nicht, dass der Typ siebzehn Jahre gestanden hat.« Carl war echt angenervt.
»Okay, aber weißt du was, Carl?« Assad sah ihn ernst an und musste noch einmal aufstoßen, bevor er sich das Fernglas wieder vor die Augen klemmte. »Das ist dann deine eigene Sache.«
Sie lauschten und hörten das Tuckern der Fischkutter und der Segelboote, die unter Motor liefen, und das Brummen von Motorrädern auf der Landstraße und von einem einmotorigen Flugzeug, das Luftaufnahmen der umliegenden Anwesen machte, um dem Finanzamt Anhaltspunkte für die Steuerschätzung zu liefern. Aber kein Geräusch, das so konstant war, und auch kein Geräusch, das die Menschen der »Bürgerinitiative gegen niederfrequentes Brummen« empören konnte.
Klaes Thomasens Frau holte sie in Hundested ab, und Thomasen selbst versprach, Gott und die Welt nach dem Bootshaus zu befragen. Der Revierförster von Nordskoven könnte so was wissen, meinte er. Und die Mitglieder der umliegenden Segelclubs auch. Er selbst würde die Suche am nächsten Tag fortsetzen, denn der versprach sonnig und trocken zu werden.
Als sie schließlich Richtung Süden fuhren, sah Assad auf dem Beifahrersitz noch immer elend aus.
Carl konnte die Sorge von Thomasens Frau um ihre Sitzbezüge plötzlich sehr gut nachvollziehen.
»Wenn du merkst, dass du dich übergeben musst, sagst du Bescheid, ja?«
Assad nickte geistesabwesend.
Carl wiederholte seine Bemerkung, als sie durch Ballerup rollten.
»Ja, vielleicht könnte ich tatsächlich eine kleine Pause gebrauchen«, sagte Assad nach ein paar Minuten.
»Okay. Kannst du noch zwei Minuten warten? Ich hab unterwegs was zu erledigen. Wir müssen sowieso über Holte fahren. Dann kann ich dich direkt nach Hause bringen.«
Darauf erhielt er keine Antwort.
Carl sah auf die Straße. Inzwischen war es dunkel. Es war fraglich, ob sie ihn überhaupt einlassen würden.
»Ich möchte Viggas Mutter besuchen, verstehst du? Das hab ich mit Vigga abgesprochen. Die Mutter wohnt hier ganz in der Nähe in einem Pflegeheim.«
Assad nickte. »Ich wusste nicht, dass Vigga noch eine Mutter hat. Wie ist sie? Ist sie süß?«
An sich eine einfache Frage, aber so schwer zu beantworten, dass Carl beinahe die rote Ampel übersehen hätte.
»Carl, kannst du mich anschließend nicht einfach auf der Wache absetzen? Du musst doch sowieso in nördliche Richtung. Von dort geht ein Bus direkt bis vor meine Haustür.«
Doch ja, Assad wusste, wie er seine Anonymität und die seiner Familie wahren konnte.
»Nein, Sie können Frau Alsing jetzt nicht besuchen, es ist zu spät für sie. Kommen Sie morgen vor vierzehn Uhr wieder, am besten gegen elf. Dann ist sie am muntersten«, sagte die Nachtwache.
Carl zog seine Dienstmarke aus der Tasche. »Ich bin nicht nur als Privatmann hier. Das hier ist mein Assistent Hafez el-Assad. Es dauert nicht lange.«
Die Altenpflegerin schaute verblüfft auf die Marke und dann auf dieses Wesen, das auf wackeligen Beinen neben Carl stand. So etwas bekam das Personal im Bakkegården nicht alle Tage zu sehen.
»Also, ich glaube, sie schläft. Sie hat in letzter Zeit ziemlich nachgelassen.«
Carl sah auf die Uhr. Es war zehn nach neun. Da begann der Tag für Viggas Mutter doch erst, wovon redete diese Frau? Man hatte doch nicht umsonst über fünfzig Jahre im Kopenhagener Nachtleben gekellnert. Nein, so dement konnte sie gar nicht sein.
Halb freundlich, halb unwillig wurden sie zu den Wohnungen der Demenzkranken geführt, bis vor Karla Margarethe Alsings Tür.
»Sie sagen Bescheid, wenn Sie gehen wollen und man Ihnen wieder aufschließen soll, ja? Gleich da unten sind Mitarbeiter«, sagte die Pflegerin und deutete den Flur hinunter.
Sie fanden Karla zwischen Bergen von Pralinenschachteln und Haarspangen. Mit ihrem langen, ungekämmten grauen Haar und dem lässigen Kimono ähnelte sie einer alternden Hollywood-Diva, der die Endlichkeit ihrer Karriere noch nicht aufgegangen war. Sie erkannte Carl sofort und posierte zurückgelehnt, zwitscherte seinen Namen und erzählte ihm, wie entzückend es sei, dass er nun dort stünde. Viggas exaltierte Art kam wahrlich nicht von ungefähr.
Assad würdigte die Dame keines Blicks.
»Kaffee?«, fragte sie und schenkte einen Schluck aus der Thermoskanne ohne Deckel in eine Tasse ein, die schon mehr als einmal
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