Erlösung
Krankenschwester nickte.
»Ich will Sie ganz kurz darüber informieren, warum ich hier bin.« Er erzählte von der Flaschenpost und von den anderen Entführungen und von ihrer Vermutung, der aktuelle Fall könne ähnlich gelagert sein. Allen Anwesenden fiel auf, wie auf seine Worte hin sämtliche Messinstrumente ausschlugen.
»Isabel, es tut mir sehr leid, Sie in Ihrem Zustand damit belasten zu müssen. Aber es ist äußerst wichtig. Stimmt es, dass Sie und Lisa Karin Krogh in einen Fall involviert sind, der dem der Flaschenpost gleicht, von dem ich Ihnen gerade berichtet habe?«
Sie nickte schwach und brummte dann etwas, das sie mehrfach wiederholen musste, ehe ihr Bruder sich aufrichtete. »Ich glaube, sie sagt, die Frau heiße Rachel.«
»Das ist richtig«, sagte Carl. »Sie hatte einen anderen Namen angenommen, den sie in ihrer Gemeinde benutzte. Davon wissen wir.«
Von der schwer verletzten Frau kam ein schwaches Nicken.
»Ist es richtig, dass Sie und Rachel am Montag versucht haben, Rachels Kinder Magdalena und Samuel zu retten, und dass sich der Unfall in diesem Zusammenhang ereignete?«
Sie sahen, wie ihre Lippen zitterten. Wieder nickte sie schwach.
»Isabel, wir versuchen jetzt, Ihnen einen Bleistift in die Hand zu geben. Ihr Bruder wird Ihnen helfen.« Er sah, wie die Krankenschwester sich bemühte, aber die Finger wollten nicht gehorchen.
Die Schwester warf Carl einen Blick zu und schüttelte den Kopf.
»Dann wird es schwer«, sagte ihr Bruder.
»Lassen Sie mich mal versuchen«, kam es aus dem Hintergrund. Assad trat vor.
»Entschuldigung! Aber als ich zehn war, bekam mein Vater Aphasie. Ein Blutgerinnsel, und zack! Alle Wörter weg. Ich war der Einzige, der ihn verstehen konnte. Bis zu seinem Tod.«
Carl runzelte die Stirn. Also war das doch nicht sein Vater gewesen, mit dem Assad neulich morgens geskypt hatte.
Die Schwester stand auf und überließ Assad den Platz.
»Entschuldigen Sie, Isabel. Ich heiße Assad und komme aus Syrien. Ich bin Carl Mørcks Assistent, und wir beide werden uns unterhalten. Carl spricht, und ich horche auf Ihren Mund. In Ordnung?«
Ein undeutliches Nicken kam als Reaktion.
»Haben Sie gesehen, welches Auto auf Ihres aufgefahren ist?«, fragte Carl. »Marke und Farbe? War es neu oder alt?«
Assad legte das Ohr an Isabels Mund. Seine Augen reagierten lebhaft auf jeden Zischlaut, der über ihre Lippen kam.
»Ein Mercedes, bisschen älter. Dunkel«, übersetzte Assad.
»Können Sie sich an das Kennzeichen erinnern, Isabel?«, fragte Carl.
Wenn ja, dann konnte man hoffen.
»Das Nummernschild war schmutzig. Es war dunkel, und sie konnte fast nichts sehen«, antwortete Assad einige Zeit später. »Aber die Nummer endete wohl auf 433. Allerdings ist sich Isabel bei den Dreiern nicht sicher. Es können auch Achter gewesen sein oder beides.«
Carl überlegte. 433, 438, 483, 488. Nur vier Kombinationen, das war überschaubar.
»Hast du das mitbekommen, Karsten?«, fragte er. »Ein dunkler Mercedes, kein ganz neues Baujahr, dessen Kennzeichenauf 433, 438, 483 oder 488 endet. Ist das nicht eine Aufgabe für einen Kommissar bei der Verkehrspolizei?«
Er nickte. »Doch, Carl. Wie viele Mercedes mit der Ziffernkombination unterwegs sind, ist schnell überprüft. Aber über die Farbe wissen wir nichts. Und dann sind diese Wagen auf dänischen Straßen natürlich auch keine Seltenheit. Mit diesen Nummern können etliche unterwegs sein.«
Er hatte recht. Die Auswahl an Autos einzugrenzen, war das eine, ein anderes, die Besitzer zu überprüfen. So viel Zeit hatten sie nicht.
»Wissen Sie noch etwas, Isabel, das uns weiterhelfen könnte? Einen Namen oder irgendwas anderes?«
Wieder nickte sie. Es ging langsam und machte offensichtlich viel Mühe. Mehrfach hörten sie Assad flüstern, das müsse er bitte noch einmal hören.
Dann kamen die Namen, insgesamt drei: Mads Christian Fog, Lars Sørensen und Mikkel Laust. Zusammen mit dem vierten – Freddy Brink –, den sie vom Fall Poul Holt kannten, und dem fünften – Birger Sloth – aus dem Fall Flemming Emil Madsen machte das insgesamt elf Vor- und Nachnamen, die sie in Betracht ziehen mussten. Das versprach nichts Gutes.
»Ich schätze, die Namen sind alle falsch«, sagte Carl. »Der heißt garantiert ganz anders. Über den Namen kommen wir nicht weiter.«
Assad lauschte derweil immer noch Isabels Artikulationsversuchen.
»Sie sagt, der eine Name habe in seinem Führerschein gestanden. Sie weiß auch, wo
Weitere Kostenlose Bücher