Erlösung
fühlst.“ Konnte sie tatsächlich mit so einer Zukunftsaussicht einverstanden sein?
„Das bin ich schon jetzt, Nicholas. Glaub´ mir. Ich finde es wirklich schön hier und ich bin mir sicher, dass Zürich einiges zu bieten hat. Ich mag Rebecca. Und Sophie scheint auch sehr nett zu sein.“ Vielleicht würde ihr der Umgang mit anderen Frauen, untot oder nicht, helfen, um über den Verlust ihrer besten Freundin hinweg zu kommen? Ich wagte es nicht, sie darauf anzusprechen. Der Tag würde ohnehin kommen, irgendwann musste sie darüber nachdenken und alles, was ihr wichtig gewesen war, würde ihr ganz bestimmt fehlen. Ich konnte nur hoffen, dass ihr neues Leben sie auch zukünftig glücklich machen würde.
„Ich meine es ernst, solange wir zusammen sind, reicht mir das“, fügte sie enthusiastisch hinzu. Dann sah sie mich durchdringend an. „Außerdem denke ich, dass Vincent sehr stolz auf dich wäre, wenn er wüsste, dass du ein Mitglied des Rats wirst.“ Sie biss sich abrupt auf die Lippe und ließ ihre Arme sinken. „War es okay, das zu sagen?“
Ich nickte. „Das hätte zu ihm gepasst. Und für diese Worte hätte er dich bloß noch mehr bewundert.“ Dann nahm ich ihre Hände in meine. „Er hat mir alles vermacht, Engel und ich kann ihm niemals für all´ das danken.“
„Wie ich ihn kennen gelernt habe und so wie du immer über ihn gesprochen hast, hätte er das garantiert nicht gewollt. Diese Geste ist vielleicht nur das Sinnbild seiner Güte und ich vermute, ihm war es nur wichtig, dass du im Leben einen Platz hast.“ Ich konnte ihren Worten bloß glauben.
„Danke.“ Sie reagierte mit ihrem hinreißenden Lächeln, das noch immer etwas von seiner Wärme behalten hatte. Es hüllte mich unwillkürlich ein, wie ein sanfter Schleier, der sich um mich legte und mir Trost spendete. „Dann ist das hier also der Beginn von etwas Neuem?“
Lesley gab mir darauf keine Antwort, stattdessen küsste sie mich plötzlich. Ein Hauch von Vanille breitete sich abrupt in meinem Mund aus und mein gesamter Körper reagierte sofort auf ihre Zärtlichkeit. Die Bilder der Leidenschaft drängten sich in meinen Kopf, ich musste automatisch an unsere letzte Liebesnacht denken. In meinem Innersten begann es zu kribbeln. Gefühle, von denen ich vor einiger Zeit nicht gedacht hätte, dass sie mein untoter Körper wirklich noch empfinden konnte. Ob es immer so sein würde? Eine Antwort konnte mir zum jetzigen Zeitpunkt niemand geben, doch ich war bereit es herauszufinden. Ich wollte mich der Zukunft stellen, aber ich würde auch die Vergangenheit und Gegenwart nie vergessen. Sie hatten mir etwas so wichtiges genommen. Vincent würde in meinen Erinnerungen bleiben und ich stand auf ewig in seiner Schuld, die ich wohl nie hätte begleichen können. Er hatte mir durch seinen Mut und seine Selbstlosigkeit eine Zukunft mit einem Engel geschenkt, das konnte nichts auf der Welt aufwiegen. Liz lächelte an meinen Lippen.
„Über was grübelst du nun schon wieder nach?“
Ich löste mich unwillig von ihr. „Kannst du neuerdings meine Gedanken lesen?“
„Leider nicht, aber das du an etwas denkst, spüre ich. Du bist verkrampft“, behutsam strich sie über meine Unterarme. „Jeder Muskel in deinem Körper scheint angespannt zu sein. Ich finde das ziemlich sexy, vor allem, wenn es meinetwegen wäre…“ Wie gern wollte ich mich auch nur diesem Wunsch hingeben.
Dann tu es, verdammt noch mal, schnauzte meine innere Stimme. Wie bitte? Eine Premiere.
„Mir hat mal jemand gesagt, dass ich mir zu viele Sorgen mache. Dass ich in den romantischsten Augenblicken die Stimmung durch betrübte oder unpassende Kommentare ruiniere.“
„Kommt mir bekannt vor… und was hat man dagegen getan?“
Sie beugte sich wieder ganz nah zu mir, bis ihre Lippen meine streiften. „Ablenkung.“
„Tatsächlich? Kann man dich wirklich so leicht auf andere Gedanken bringen?“
Sie tat so, als wäre sie etwas beleidigt. „Leicht?“ Ihre Augen glühten und sie konnte ihre Fassade nicht lang aufrecht halten, ehe sie zu lachen anfing. Mit einem leisen Knurren, das tief aus meiner Brust kam, zog ich sie eng an mich und ich erstickte ihr hinreißendes Lachen mit einem gierigen Kuss. Ich wollte mich ablenken lassen, von allen schlechten Empfindungen, von jeglichen verlockenden Angeboten. Ich sehnte mich ein wenig nach der Unbeschwertheit, die ich verloren hatte. Mein Engel gab mir ein großes Stück davon zurück und sie würde ich festhalten. Für
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