Erlösung
fester um den kühlen Griff des Kodachis und in nur einer Bewegung wirbelte ich herum. Ohne eine weitere Sekunde verstreichen zu lassen, stach ich zu. So fest und tief, wie es mir möglich war. Die scharfe Klinge bohrte sich durch Elisabeths Oberkörper. Ihr grauenvoller Schrei verriet mir, dass ich wohl ihr Herz getroffen hatte, aber damit war sie noch nicht besiegt. Elisabeth drehte sich so blitzartig herum, dass ich nach hinten zuckte. Ihre Hand schnellte hervor und packte mich hart an der Kehle. Ehe ich mich dagegen wehren konnte, flog ich auch schon in einem hohen Bogen durch den Raum. Die gegenüberliegende Wand stoppte mich, und das bekannte Geräusch einer weiteren gebrochenen Rippe hallte in meinen Ohren wider. Ich rollte mich herum und sprang wieder auf die Beine. Den reißenden Schmerz unterdrückte ich erneut, aber mein Stand war trotzdem noch recht wackelig.
Vincent machte jetzt einen Satz nach vorne und bevor Elisabeth mir einen weiteren Schlag zufügen konnte, hatte er sich bereits gegen sie geworfen. Er drängte sie mit sich zusammen nach hinten zur Wand. Und als ich erkannte, was er eigentlich damit bezweckte, war es auch schon zu spät. Sie knallten beide gegen das Mauerwerk und das Kodachi schnitt sich bis zum Griff in Elisabeths Körper. Ein ächzendes Geräusch kam über ihre Lippen. Die Klinge ragte vorne aus ihrer Brust heraus und sie fraß sich auch unvermeidlich in Vincents Oberkörper, als er gegen sie prallte.
„Was tust du, William?“, fuhr sie ihn wütend an. Ihre Augen glühten, als würde das silberne Feuer in ihnen ausbrechen wollen.
„Ein Leben ist meistens schon lang genug, Elisabeth, doch wir beide hatten sogar mehr als das…“ Seine Antwort klang beherrscht, trotz der Schmerzen, die er zweifelsohne haben musste. Die Säure der Schneide war garantiert schon dabei, sich durch sein Fleisch und sein Blut zu fressen. Elisabeth versuchte verzweifelt ihn von sich zu stoßen, aber langsam schien auch ihre Kraft zu schwinden. Endlich. Vincent drückte sie weiter gegen die Wand, mit aller Macht, die er anscheinend noch besaß. Mir schoss lediglich ein einziger Gedanke durch den Sinn. Ich muss ihn von dem Schwert befreien! Meine innere Stimme befahl mir abermals, mich aufzuraffen und endlich einzugreifen.
Vincent bemerkte meine Bewegung. Er hob ruckartig seine Hand und bedeutete mir damit, dass ich stehen bleiben sollte. „Denk an unser Gespräch, Nicholas!“ Es klang fast wie eine Warnung.
Ich machte einen weiteren Schritt vor. „Was? Das ist der Plan? Nein, Vin-“, er schnitt mir das Wort ab.
„Tu, was ich dir gesagt habe!“ Seine Eckzähne blitzten mich an.
„Das kann ich nicht.“ Ich ignorierte seinen Befehl und hastete zu ihm. Elisabeth sackte zu Boden, als ich Vincent von ihr fort zog. Weil er sich gegen meinen Rettungsversuch wehrte, fielen wir beide hin. Elisabeth lehnte sich keuchend zur Seite und sie robbte ein Stück nach vorne, um von der Wand weg zu kommen. Ihre Bewegungen waren nicht mehr schnell, aber ihre Hände fanden dennoch sofort ihr Ziel. Sie versuchte das Kodachi aus ihrem Rücken zu ziehen.
„Nein!“ Vincent schrie mich wütend an und er befreite sich schlagartig aus meinem Griff. „Lass mich gehen. Ich muss es tun, sie wird sonst gewinnen!“ Elisabeth hatte das Schwert beinahe ganz herausgezogen und sie achtete nicht auf meinen Schöpfer, der sich noch einmal entschlossen gegen sie warf. Durch die Wucht des Zusammenpralls kippten sie zusammen nach hinten. Die Klinge bohrte sich erneut durch beide Körper und Elisabeth schrie auf. Ihr Herz wurde das zweite Mal durchstoßen. Das musste sie doch schließlich jegliche Kraft kosten.
Ich richtete mich auf und Vincents Blick streifte kurz meinen, während er versuchte, Elisabeth am Boden zu halten. „Das ist der einzige Weg, Nicholas. Der Richtige. Bitte, vertrau mir.“ Das hatte ich bisher ja immer getan, aber wie konnte ich es in dieser Situation tun? Was verlangte er da von mir? Ein Gefühl, das ich nie zuvor für Vincent empfunden hatte, breitete sich unerwartet in meinem Innersten aus.
Es war Angst! Ich hatte eine Heidenangst, dass ich ihn niemals wieder sehen würde.
„William, verdammt, hör auf“, der bisher so melodische Klang von Elisabeths Stimme war vollends dahin. „Du bringst uns beide um!“
Er sah sie mit einem merkwürdigen, unfassbar ruhigen Gesichtsausdruck an, doch er schwieg. Ich glaubte ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen, verwarf diesen Gedanken jedoch
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