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Erloschen

Erloschen

Titel: Erloschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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gesehen. Die ist total scharf auf mich.«
    »Tja, das muss ich verpasst haben.«
    Sam rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Sie war müde und wollte nach Hause. Ihre Kleidung und ihr Haar – wahrscheinlich auch ihre Haut – stanken nach Rauch. Jeffery hatte geduscht und sich umgezogen. Er hatte saubere Hemden und Hosen in seinem Spind, allesamt ordentlich gebügelt.
    Der Mann war besessen von seinem Aussehen. Aber das brachte die Arbeit vor der Kamera wohl mit sich. Selbst im hintersten Winkel der Dritten Welt schaffte er es, nie ohne Bügelfalte oder gegeltes Haar zu erscheinen. Umso erstaunter war Sam heute Morgen gewesen, als sie den braunen Fleck auf seiner Manschette sah. Er hatte nur mit den Achseln gezuckt, als sie ihn darauf hinwies, doch später bemerkte sie, wie er seinen Jackettärmel darüber zog.
    Sam wischte über die Gras- und Ascheflecken auf ihren Jeans. Sie konnte es nicht erwarten, die Hose auszuziehen und in die Waschmaschine zu stopfen. Und sie hätte ihre Baseballkappe nicht abnehmen dürfen. Nun hingen ihr die wirren Locken ins Gesicht und stan ken wie verkohlter Toast. Sie würde es Nadira nicht mal verübeln, wenn er sie aus seinem Studio warf, aber Jefferys Begeisterung konnte ansteckend sein. Andererseits schien Nadira dafür nicht empfänglich. Obwohl … genau sagen konnte man es eigentlich nicht, denn er wirkte permanent gelangweilt. Sein Mund war immerzu eine schmale Linie und sein kahl rasierter Schädel wie erstarrt, während seine Augen unentwegt von einem Monitor zum nächsten huschten – drei Reihen à fünf Bildschirme.
    Die beiden Männer waren so sehr auf die Bilder konzentriert, dass sie gar nicht richtig mitbekamen, wie Sam hinter ihren Chefsesseln auf und ab stapfte.
    »Übrigens«, sagte Jeffery, ohne sie anzusehen, »Glück wunsch, dass du den Film behalten hast. Das hab nicht mal ich kommen gesehen.«
    »Ich habe von dem Besten gelernt.« Ihre Mutter würde wahrscheinlich sagen, dass Diablo sie mit seiner Bösartig keit angesteckt hatte. »Seit Afghanistan habe ich immer eine Kassette in Reserve.«
    Vor zwei Jahren war es Jeffery gelungen, eine Erlaubnis zur Begleitung der US -Truppen in Afghanistan zu erhalten. Sam konnte fantastische Aufnahmen von einem Stammesgericht machen, das sein Urteil an zwei Frauen aus einem Dorf, Mutter und Tochter, vollstreckte. Die afghanischen Begleiter waren wenig erfreut. Es kam zu einem Riesenkrach, und mitten in dem Drama hatte Sam geahnt, was kommen würde. Unbemerkt hatte sie die Kassette in ihrer Kamera gegen eine andere ausgetauscht, und als ein afghanischer Soldat den Film verlangte, öffnete Sam ihre Kamera und gab die Kassette betont widerwillig heraus. Er hatte sie vor ihren Augen mit seinem Gewehrkolben zerschmettert.
    Aus dem richtigen Material hatten Jeffery und sie eine Dokumentation erstellen können, die einen Preis nach dem anderen abräumte, aber auch zur Folge hatte, dass sie nie wieder nach Afghanistan einreisen konnten.
    »Was hat unser ach-so-rechtschaffener Freund vom FBI eigentlich gekriegt?«, fragte Jeffery.
    »Ein paar aussortierte Aufnahmen für den Zoobeitrag, den wir letztes Jahr gemacht haben.«
    Jetzt drehte er seinen Stuhl herum und grinste sie an. »Löwen, Tiger und Bären? O Mann. Und was willst du ihm erzählen, wenn er hier aufschlägt?«
    »Dass es eine peinliche Verwechslung war und es mir sehr leidtut.« Sie ahmte eine typische Jeffery-Geste nach, indem sie mit den Schultern zuckte und beide Hände hob, was ihm ein noch breiteres Grinsen entlockte. »Du sagst doch immer, man soll lieber hinterher um Entschuldigung bitten als vorher um Erlaubnis. Wie gesagt, ich lerne von dem Besten.«
    »Wow, du machst mich richtig scharf.« Das war das höchste Kompliment, das Jeffery aussprechen konnte.
    Dann drehte er sich wieder zu den Monitoren.
    »Geh ruhig ein paar Stunden nach Hause, Sam.«
    »Sicher?«
    »Ja, du hast es verdient. Das war klasse Arbeit. Und wir haben bis zum Interview nachher nichts mehr zu tun.«
    Als sie sich nicht rührte, winkte er ihr über die Schulter zu. »Geh schon. Spring unter die Dusche. Du willst doch nicht übler stinken als die Knastbrüder. Und leg dich meinetwegen ein bisschen aufs Ohr.«
    »Okay, mach ich.«
    Sie konnte eine Pause gebrauchen. Jeffery hatte sie kurz nach Mitternacht aus dem Bett geklingelt. Bis dahin hatte sie gerade mal eine Stunde geschlafen, und das machte sich allmählich bemerkbar. Jeffery hingegen, der auch nicht mehr Schlaf bekommen haben dürfte,

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