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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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»Die fragliche Person ist schon tot.«

    Â»Nein. Sie ist in Paris. Sie wird von den Leuten von Roche… – von den Leuten! – in einer Ihrer Wohnungen gefangen gehalten. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen! Ich habe ihr damals in Berlin das Leben gerettet. Ich habe sie wiedererkannt.«
    Â»Wenn das stimmt …«
    Â»Es stimmt.«
    Â»Wenn das wirklich stimmt, verändert es alles.« Eine noch längere Pause. »Wie kommt es, dass Sie die Person gesehen haben?«
    Â»Sie haben mich entführt und zu ihr gebracht.« Sie wollen mich auch töten, wenn Sie nicht tun, was von Ihnen verlangt wird. »Sie wollten, dass ich es Ihnen erzähle, weil sie – sie dachten, mit mir würden Sie vielleicht reden.«
    Â»Ich rede mit Ihnen.«
    Â»Es geht um die Aktionärsversammlung Ihrer Bank am Freitag. Sie haben gesagt, sie wollen in jedem Fall vorher mit Ihnen sprechen. Sie sollen Kontakt mit ihnen aufnehmen, damit sie Sie von Ihrem Plan abbringen können.«
    Â»Kann ich mich auf Sie verlassen?«, fragte die Stimme.
    Â»Wobei?«
    Â»Kann ich mich auf Sie verlassen?«
    Â»Ja. Sie können sich auf mich verlassen. Allerdings …«
    Â»Allerdings?«
    Â»â€¦ wüsste ich gern, worum es überhaupt geht. Was war auf dem Stick? Was soll auf der Aktionärsversammlung – «
    Â»Nicht am Telefon.«
    Ella schwieg, und die nächste Pause dehnte sich so lange, dass sie schon dachte, die Verbindung wäre unterbrochen. Dann sagte die Stimme: »Ich möchte Sie kennenlernen. Sie haben lange durchgehalten. Halten Sie noch etwas länger durch, bitte. Haben Sie einen Wagen?«
    Â»Nein.«
    Â»Können Sie einen auftreiben?«

    Ella sah Frère Rémy an und flüsterte: »Ein Wagen?« Der Mönch nickte eilig.
    Â»Ich kann einen organisieren.«
    Â»Gut, wir sprechen schon zu lange miteinander.« Die Stimme wurde schwächer, als entferne sie sich aus der Reichweite ihres Netzes. »Geben Sie mir eine Nummer, unter der ich Sie morgen Abend ab sieben Uhr erreichen kann. Ich bin nicht in Frankreich, aber ich werde einen Linienflug nehmen. Mit meiner Privatmaschine kann ich auf französischem Boden nicht unerkannt landen. Ich will auch nicht direkt nach Paris fliegen, dort gibt es zu viele Augen und Ohren. Ich werde Sie morgen Abend anrufen und Ihnen kurzfristig mitteilen, welche Maschine ich besteige und auf welchem Flugplatz in Ihrer Nähe sie landet. Da kommen Sie dann hin und holen mich ab. Geben Sie mir jetzt die Nummer.«
    Ella gab ihm die Nummer ihres Handys, und danach sagte er: » Thank you. Good night. « Sie wartete, ob noch etwas nachfolgte, aber es kam nichts, und nach ein paar Sekunden sagte sie auch: »Good night«, und gab Frère Rémy das Handy zurück.
    Â»Was hat er gesagt?«, wollte Lazares Neffe wissen.
    Â»Er kommt.«
    Sein Gesicht leuchtete auf, tatsächlich, sein ganzes Gesicht strahlte. »Das ist es – das ist das Wunder, auf das ich gewartet habe! Wollen Sie immer noch behaupten, es gäbe keinen Gott?«
    Â»Ich hatte das Gefühl, er wäre so oder so gekommen«, sagte Ella. »Ich glaube, sein Entschluss stand schon vorher fest.«
    Â»Und die Flut?«, fragte Frère Rémy.
    Â»Was ist mit der Flut?«
    Er breitete die Arme aus wie ein Magier, der vorführt, dass seine Hände nichts verbergen, was seinem überwätigendsten Zaubertrick als Erklärung dienen könnte. »Ist es für Sie auch nur ein Zufall, dass ausgerechnet in dieser Nacht das Meer die Insel umgibt? Nur zweimal im Monat haben wir Flut, und Sie
kommen genau zum richtigen Zeitpunkt, um Mont Saint-Michel unbemerkt wieder verlassen zu können. Ihre Verfolger können den Damm kontrollieren, und sie könnten Sie entdecken, wenn Sie bei Ebbe über das Watt zu entkommen versuchen. Aber das Meer – das Meer bei Nacht können Sie nicht abriegeln! Kommen Sie, Doktor Bach, das Boot wartet schon …«

46
    Heute Abend ist alles vorbei. Heute Abend treffen wir Raymond Lazare, und dann liegt alles in seinen Händen. Er wird tun, was nötig ist. Nur noch eine halbe Nacht und ein Tag und ein Abend, und alles ist vorbei, für immer. Heute Abend.
    Ella saß an der Strandböschung und sah über die Bucht und das jetzt allmählich zurückweichende Wasser auf den goldenen Glanz, den die angestrahlte Abtei, die Kirche und das Kloster auf dem Berg aus

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