Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
Vom Netzwerk:
Rückversicherer ins Boot geholt. Der Plan sieht die Übernahme sorgfältig ausgewählter Kernländer vor, deren marode Volkswirtschaften dem geballten Angriff dieses Konsortiums hilflos ausgeliefert sind. Marktmanipulationen, Währungsspekulationen, Finanzwetten gegen alles, was nicht niet- und nagelfest ist – kein Instrument bleibt ungenutzt um die Länder auszubluten und die EU-Steuermilliarden, mit denen sie vielleicht gerettet werden könnten, in die Taschen des Konsortiums umzuleiten. Bis die ganze Union so destabilisiert ist, dass ihre Finanzminister zu uns kommen und um Hilfe betteln, statt umgekehrt.«
    Â»Ich dachte, so was machen die sowieso schon die ganze Zeit«, sagte Ella. »Für mich klingt das wie Alltag im Bankerland, gleich hinter der Grenze zur wirklichen Welt.«
    Lazare nickte. »Aber bisher existierten dafür keine Beweise, kein Bild- und Tondokument mit den klar erkennbaren Gesichtern und Stimmen von sieben Vorstandsvorsitzenden, die bei einem Geheimtreffen glauben, ohne Zeugen zu sein: Verschwörer, die nichts anderes diskutieren als ein Komplott, dessen Ziel die Abschaffung der Demokratie in Europa ist. Wenn dieses
Dokument bekannt wird, wird allein ihre Identität schon ein politisches und wirtschaftliches Erdbeben auslösen.«
    Â»Und diese Beweise sind auf dem Stick?«, fragte Ella.
    Â»Ja.«
    Â»Haben Sie die Aufnahmen gemacht?«
    Â»Ja. Mit einer versteckten Minikamera.«
    Ella ließ die Augen nicht von der Straße und dem Rückspiegel, schaute Lazare nur gelegentlich von der Seite an. Sie hatte ein Gefühl, als wäre sie schon stundenlang so in der eintönigen Dunkelheit unterwegs, als tauchten vor und hinter ihr immer wieder dieselben Rücklichter und Schweinwerfer auf, die Bewegung nur vortäuschten, genau wie die Schatten von Bäumen oder Sträuchern am Fahrbahnrand.
    Â»Warum haben Sie das getan?«
    Lazare wandte sich ihr zu, mit glänzenden Augen. »Die Wahrheit ist – ich weiß es nicht. Vielleicht ahnte ich schon, was kommen würde. Vielleicht wollte ich mich nur absichern. Ich weiß es wirklich nicht.«
    Der Pick-Up passierte eine erleuchtete Tankstelle mit einer rot und gelb leuchtenden McDonald’s-Reklame. Ella warf einen raschen Blick auf die Dieselanzeige, noch halb voll, und Hunger hatte sie auch nicht. Nur die Schussverletzung – sie spürte, wie das Blut jetzt wieder aus der Wunde zu sickern begann, wie es von der Hüfte den Schenkel hinunterlief. Später, dachte sie; darum kümmern wir uns später , sobald wir in Paris sind. Sobald wir wissen, was aus Mado geworden ist.
    Â»Aber wieso haben Sie sich damit nicht erst mal an die Regierungen gewandt?«, fragte sie.
    Â»Das habe ich.« Er breitete die Hände aus, eine Geste der Vergeblichkeit. »Sie haben mir nicht geglaubt, weder der Elysée noch das Kanzleramt in Berlin. Erst hieß es, man werde mich natürlich sofort empfangen, dann wurde der Termin verschoben und schließlich gestrichen. Wissen Sie, was passiert war?
Irgendjemand im Elysée hatte einen der Sieben gefragt , ob an dem Gerücht was dran sei. Der hat freundlich dementiert, und die haben ihm geglaubt – weil sei ihm glauben wollten . Die hätten gar nicht gewusst, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Und natürlich hatten sie auch keine Ahnung, in welche Situation sie mich damit gebracht haben.«
    Â»Und die Medien?«
    Â»Dasselbe.« Die Hände wurden zu Fäusten, die er gegen das Armaturenbrett stemmte. »Fernsehen, Presse, alle haben sich geweigert – die einen, weil sie mir genauso wenig geglaubt haben wie die Regierungen, die anderen, weil sie von denselben Regierungen unter Druck gesetzt wurden oder jemand gehörten, den man unter Druck setzen konnte.« Je länger er sprach, desto mehr schien er wieder zu dem zu werden, der Ella von seinem eigenen Bild aus den Medien bekannt war. »Was blieb mir noch? Das Internet? Ich habe es versucht, aber das Web ist kein seriöses Medium, und mir fehlte das technische Knowhow. Wann immer ich versucht habe, etwas von meiner Aufnahme da zu platzieren, wurde es sofort aufgespürt, gestört, manipuliert oder wieder gelöscht.«
    Â»Bloß wenn das so ist«, sagte Ella, »wenn Ihnen niemand glaubt und niemand Ihren Beweis sehen oder der Öffentlichkeit präsentieren will, was haben die Mitglieder dieses beschissenen Konsortiums

Weitere Kostenlose Bücher