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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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da! Wenn sie dich abhören, wissen sie, dass du da bist!«
    Wer bist du?
    Â»Ich bin in der Nähe. Schau dich nicht nach mir um. Ich sehe dich, wenn du rauskommst. Fahr zum Hotel. Wir müssen reden!«
    Â»Woher weißt du, dass ich hier bin?!«
    Â»Ich wusste es nicht, ich hatte es befürchtet, nachdem du nicht im Hotel warst! Mach schon, beeil dich!«
    Er unterbrach die Verbindung, und Ella spürte auf einmal, dass sie in Schweiß gebadet war. Sie legte den Hörer zurück und ging zum Fernseher, um ihn auszuschalten. Auf dem Bildschirm erschien jetzt ein Mann, der von einer Textzeile als Hausmeister, 63, identifiziert wurde. »Hatte mit niemandem
Kontakt, der Michalewski«, sagte er, »keiner wusste, was er da trieb in seiner Wohnung. Kam nur nachts raus, und Besuch kriegte er auch nie, der Michalewski. Vorgestern Nacht hat er sogar den Notarzt gerufen, da kam dann so eine junge Ärztin und wollte den Schlüssel zu seiner Wohnung – «
    Die Kommentatorin sagte: »In diesem Zusammenhang sucht die Polizei nach der Internistin Doktor Ella Bach«, ein neues Foto von Ella, jetzt in Farbe, »die auch im Fall des ermordeten Rettungsassistenten Max Jansen und der tot aufgefundenen jungen Französin Madeleine Schneider als dringend tatverdächtig gilt. Für Hinweise auf den Aufenthaltsort der Gesuchten ist mittlerweile eine Belohnung von – «
    Ella schaltete den Fernseher aus. Sie fuhr aus ihrem blutbefleckten Leinenjackett, und bevor sie es achtlos zu Boden fallen ließ, durchsuchte sie automatisch die Taschen, wie sie es immer tat. Sie nahm ihre Ausweise aus der zugeknöpften Innentasche, griff in die linke Außentasche, nichts , die rechte, auch nichts, aber sie ertastete ein Loch , da ist was, stieß mit den Fingerspitzen durch das Loch und fand einen kleinen metallischen Gegenstand. Sie zog ihn heraus: ein Schlüssel, schlank, aber massiv, mit je einem gezackten Bart am Schaft.
    Der Schlüssel gehörte ihr nicht. Sie hatte ihn noch nie gesehen, und er passte zu keinem Schloss, das sie kannte.
    Plötzlich fiel ihr wieder ein, wie Freyermuth am Morgen von der Kugel in ihre Arme geschleudert worden war; wie sie ihn gehalten hatte, bis sie nicht mehr konnte, und wie seine Hand dabei aus ihrer Tasche gerutscht war. Was ist das für ein Schlüssel? Hat er ihn mir in die Tasche geschoben? Sie stopfte ihn in ihre Jeans, bevor sie auch die Bluse auszog und fallen ließ. Im Schlafzimmer nahm sie hastig ein frisches Hemd von dem Stapel im Schrank, zog es an, griff nach einer anderen Jacke und stopfte frische Unterwäsche in die Taschen.
    Sie lief zur Tür, kehrte jedoch noch einmal zurück ins Wohnzimmer,
um die Kassette aus ihrem altmodischen Anrufbeantworter zu nehmen. Als sie die Wohnungstür öffnete, hörte sie schon den Lift im Fahrstuhlschacht nach oben surren. Der rote Knopf in ihrer Etage leuchtete.
    So leise sie konnte, eilte sie zur Treppe. Blieb stehen und lauschte. Der Fahrstuhl hielt zwei Etagen unter ihr. Die automatischen Türen öffneten sich. Sie vernahm kein anderes Geräusch, niemand verließ die Kabine. Die Türen schlossen sich wieder. Der Lift setzte sich neuerlich in Gang und surrte ins nächste Stockwerk, wo er ebenfalls hielt.
    Die Türen gingen auf, kein Laut sonst, keine Schritte, kein leises Rascheln; die Türen glitten wieder zu.
    Mit einem leisen Scheppern der Stahltaue und einem kaum vernehmbaren Rucken näherte sich die Aufzugkabine dem Dachgeschoss. Sie hielt. Die Türen schwangen auf. Sonst geschah nichts.
    Ganz weit unten im Treppenhaus erklang ein Kichern. Nur die beiden Jungen aus dem ersten Stock, Brüder, fünf und sieben. Ella beugte sich über das Geländer, sah sie gerade noch wegrennen. Kinder, die alle Knöpfe drücken, und ein Lift fährt los und hält, und du machst dir vor Angst fast in die Hose. Sie ging zum Fahrstuhl, als die Türen gerade zuglitten. Sie drückte den jetzt nicht mehr leuchtenden Knopf, und die Kabine war leer, und sie fuhr nach unten.
    Verkleidet mit Sonnenbrille, Kopftuch und Plastiktüte, überquerte sie den Hinterhof. Aus dem Tanzstudio im Rückgebäude erklang rhythmischer Jazz, Cantaloupe Island . Durch den Torweg zum Hof bog sie auf die Akazienstraße. Schon nach ein paar Schritten spürte sie, dass Dany hinter ihr war. Sie ging schnell, denn sie wollte es ihm nicht zu leicht machen. Sie drehte sich nicht nach

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