Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
für das Herausschleudern und die Lage der Verletzten geben? Da ich die Erfahrung gemacht hatte, dass man sich am besten in ein Geschehen hineinfinden kann, wenn man die genauen Örtlichkeiten kennt, fuhr ich nach dem Studium der Akten erst einmal an den Unfallort. Es war zwar inzwischen über ein halbes Jahr vergangen, aber es ging ja zunächst auch nur darum, einmal den Unfallort selbst kennen zu lernen. Insbesondere interessierte mich die Stelle, an der der Pkw nach dem Unfall gestanden hatte. Wie ich bereits vorher anhand des Studiums der Akten und der Lichtbilderserie vermutet hatte, war der endgültige Standort des Pkws nicht die Stelle, wo er zuerst gegen einen Baum geschleudert war. Die Beschädigungen an der rechten Vorderseite des Wagens zeigten, dass hier der Hauptanprall beim Zusammenstoß mit dem Lkw erfolgt war. In diesem großen Zerstörungsbezirk des rechten vorderen Kotflügels zeichnete sich aber noch eine zusätzliche Eindellung ab, die ganz offensichtlich von einem hervorstehenden Teil des Baumes verursacht sein musste. Bei meiner Besichtigung entdeckte ich links neben dem Standort des Wagens einen Baum, der in der Höhe der Eindellung einen Aststumpf aufwies, welcher genau in diese Eindellung passte. Damit konnte ich den frontal-seitlichen Anprall des schleudernden Wagens an diesen Baum nachweisen. Er hatte sich dann offensichtlich nach dem Anprall praktisch nach rechts um den Baum und seine eigene Achse gedreht und war mit dem Heck auf dem Bürgersteig zum Stehen gekommen. Diese Vermutung bestätigte sich auch durch den Nachweis von Abschürfungen an der linken Vorderradfelge, die dem Aussehen nach durch Stein oder Beton hervorgerufen sein mussten. An der ersten Anprallstelle fand sich eine Wagenbreite nach links versetzt ein Beton-Beleuchtungsmast, an dem wir bei dieser Besichtigung noch Schürfspuren in entsprechender Höhe nachweisen konnten. Damit ließ sich der Unfallablauf im Einzelnen weiter rekonstruieren. Nach dem Auffahren auf die Kreuzung hatten die Fahrer beider Fahrzeuge offensichtlich versucht, durch Herumreißen des Steuers, der Lkw nach rechts, der Pkw nach links, den Unfall zu vermeiden. Trotzdem prallten die Fahrzeuge zusammen, und zwar stieß der Pkw mit dem rechten Vorderteil gegen seitliche Partien des Lkws. Der schon durch die Lenk- und Bremsbewegungen eingeleitete Schleudervorgang des Pkws wurde durch diesen Anprall noch beschleunigt. Der Pkw geriet auf die linke Straßenseite und stieß mit dem rechten Kotflügel gegen den Straßenbaum. Bei diesem Anprall muss die Frontscheibe des Pkws herausgefallen sein, wie ihre Lage nach dem Unfall zeigte. Dann hat sich der Wagen um seine eigene Achse gedreht, mit dem rechten Kotflügel praktisch an dem Baum fixiert und ist dann um 180 Grad versetzt zum Stehen gekommen. Wann die rechte vordere Tür aufgesprungen ist, ließ sich nicht mehr genau klären. Die Tatsache aber, dass bei dem Anprall am Baum die gesamte Frontscheibe herausgeflogen ist, ließ die Möglichkeit zu, dass die Person des Fahrers auch durch die Frontscheibe nach außen geschleudert worden sein konnte. Sie musste demnach nicht unbedingt auch durch die Beifahrertür den Wagen verlassen haben. Folglich konnte die Ehefrau sehr wohl auf dem Fahrersitz gesessen haben. Zu dieser Version passte auch, dass der rechte Scheibenwischer stark verbogen war und Faserspuren vom Mantel der Ehefrau aufwies. Noch etwas stützte diese Annahme. An der Innenseite der Beifahrertür war die Fensterkurbel abgebrochen. Das konnte nur dadurch geschehen sein, dass der Beifahrer mit seinem Oberschenkel dagegen geschleudert worden war. Und genau an dieser Stelle hatte der Ehemann eine deutliche Hautabschürfung und Unterblutung, während die Ehefrau dort keinerlei Verletzungen aufwies. Obwohl damit die Möglichkeit des Fahrertausches immer noch nicht mit Gewissheit auszuschließen war, musste jetzt auch in Erwägung gezogen werden, dass die Ehefrau am Steuer gesessen hatte und durch die Frontscheibe geschleudert worden war. In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten - ist ein Grundprinzip der deutschen Rechtsprechung. So ist auch hier entschieden worden. Der Ehemann wurde von dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung mangels Beweises freigesprochen. Warum der Pkw diese Strecke gefahren ist und warum er auf die Kreuzung geriet, wird wohl nie geklärt werden. Ich erinnere mich noch an einen ähnlichen Fall, bei dem ein in der Mitte der Rückbank sitzendes junges Mädchen zwischen Fahrer und
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