Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Kilometerstein. Der kurz vorher voll getankte Wagen ging sofort in Flammen auf und brannte, bevor Hilfe geleistet werden konnte, völlig aus. Den schon bald am Unfallort eintreffenden Gendarmerie -Beamten bot sich ein grauenvolles Bild. Sie fanden im vollständig ausgebrannten Auto auf dem Fahrersitz eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte männliche Leiche, die mit dem Oberkörper in der offenen Tür nach außen über das Trittbrett hing. Unmittelbar neben dem Wagen lagen verbrannte menschliche Finger und etwa eineinhalb Meter entfernt auf der anderen Seite des Wagens Teile des Gehirns. Zunächst sah alles nach einem Unfall aus. Den Beamten fiel aber etwas auf, das nicht so recht zu ihrer ursprünglichen Annahme passen wollte. Nicht weit vom Unglücksfahrzeug entfernt lag ein leerer Benzinkanister. Außerdem waren vom Tank des Wagens der Verschlussdeckel und das Sieb im Einfüllstut-zen entfernt worden. Doch trotz dieser Auffälligkeiten hielt die Staatsanwaltschaft von Regensburg eine Obduktion nicht für erforderlich und gab die Leiche frei, nachdem festgestellt worden war, dass der Wagen auf den Namen Tetzner zugelassen war. Darüber hinaus hatte die Ehefrau Tetzners den Leichnam in Regensburg identifiziert. Der Tote wurde nach Leipzig übergeführt und auf dem Südfriedhof aufgebahrt. Die Beisetzung sollte schon am 30. November - drei Tage nach dem Unfall - stattfinden. Bereits einen Tag nach dem Unfall teilte die Witwe des verunglückten Tetzner der Versicherungsanstalt »Nordstern« den Unfalltod ihres Mannes mit und bat um möglichst baldige Auszahlung seiner Lebensversicherung, da sie die Begünstigte sei. Weil es sich um eine relativ hohe Summe handelte und die Versicherung erst vor kurzem abgeschlossen worden war, fragte die Versicherungsgesellschaft routinemäßig bei anderen Versicherungen an, ob dort auch entsprechende Abschlüsse vorlagen. Es stellte sich heraus, dass Tetzner bei zwei weiteren Gesellschaften ebenfalls relativ hohe Lebensversicherungen abgeschlossen hatte, insgesamt eine Summe von 145 000 Reichsmark. Diese Tatsache war für die »Nordstern« Anlass genug, weitere Ermittlungen anzustellen. Also machten sich zwei Versicherungsangestellte auf den Weg zum Unfallort, um sich nach näheren Einzelheiten des Unfallablaufes zu erkundigen. Sie erfuhren von den Beobachtungen der Gendarmerie -Beamten und auch von der Tatsache, dass kein Koffer oder sonstiges Reisegepäck in dem Unfallfahrzeug oder dessen Umgebung gefunden worden war, obwohl Tetzner offenbar eine größere Reise geplant hatte. Auch Geld fand sich bei dem Toten nicht. Zumindest Reste von Hartgeld hätten den Brand überstehen müssen. Die gesamten Umstände ließen im Zusammenhang mit den hohen Lebensversicherungen eher den Verdacht eines Selbstmordes aufkommen. Aber leider war eine Obduktion, die vielleicht Klarheit hätte bringen können, nicht erfolgt. Immerhin bestand noch eine kleine Chance. Wenn die Leiche nicht schon eingeäschert worden war, ließe sich die Obduktion vielleicht noch nachholen. Umgehend machte sich ein Vertreter der Versicherung auf den Weg nach Leipzig, um das Einverständnis der Ehefrau einzuholen. Diese lehnte jedoch ab: »Ich will, dass der Tote seine Ruhe hat. Lebendig wird er durch die Sektion auch nicht wieder.« Daraufhin machte ihr ein Beauftragter der Versicherung klar, dass unter Umständen nicht die ganze Versicherungssumme ausgezahlt würde. Da ihr Mann ja auch einen Herzinfarkt gehabt haben könnte, müsste ein Unfalltod eindeutig nachgewiesen werden. Auf jeden Fall habe sie ansonsten mit einer langwierigen Prüfung zu rechnen. Erst jetzt stimmte Frau Tetz-ner der Obduktion widerstrebend zu. Sofort begab sich der Versicherungsbeamte in das Gerichtsmedizinische Institut zu Prof. Kockel. Er bat ihn um eine sofortige Sektion, da die Leichenfeier für 12 Uhr angesetzt war und die Zeit knapp wurde. Kockel ließ sich von der Notwendigkeit, schnell zu handeln, überzeugen. Er führte die Sektion gleich auf dem Friedhof durch. Neben dem Brandtorso wurde ihm noch ein relativ gut erhaltenes Stück Gehirn übergeben. Bei der Sektion fiel ihm auf, dass es sich bei dem Obduzierten um einen sehr jungen und relativ schmächtigen Mann handelte, während Tetzner eher zur Fülle geneigt hatte. Ferner zeigte sich bei der Untersuchung, dass die Luftröhre und die großen Bronchien frei von Ruß waren, ein etwas ungewöhnlicher Befund bei jemandem, der lebend in die Flammen geraten ist. Schließlich ergab die
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