Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Großmutter hatte sie noch gar nicht bemerkt. Erst als die Mutter nach oben ging, um zu erfahren, warum die Großmutter der Enkeltochter nicht zu Hilfe gekommen war, entdeckte sie die Tote, verständigte sofort die Polizei und einen Arzt, der das Kind in ein Krankenhaus einwies. Die Leiche der alten Frau wurde noch am gleichen Tag von uns seziert. Sie hatte am Kopf zwei Verletzungsbezirke, einen an der linken Schläfe. Hier zeigte sich eine unregelmäßige Platzwunde. Der darunter liegende Knochen wies keine Brüche auf. Ein zweiter Bezirk fand sich am Hinterkopf, der außer einer großen Platzwunde einen Lochbruch im Schädeldach, der die Form des Bügeleisens aufwies, umfasste. Ganz offensichtlich hatten die ersten Schläge mit dem Stein nur zu einer relativ kurzen Bewusstlosigkeit geführt, während der Schlag mit dem Bügeleisen auf den Hinterkopf tödlich war. Die Suche nach dem Täter, den das missbrauchte Mädchen eindeutig benannt hatte, setzte sofort ein. Alle Grenzstationen wurden informiert und die Bahnhöfe überwacht. Ohne Erfolg. Es wurde schon befürchtet, dass der Täter die nicht allzu weit entfernte Zonengrenze erreicht und in einem unübersichtlichen Waldgebiet überwunden hatte. Doch am nächsten Tag bemerkten einige Kleingärtner, dass in einer in der Nähe des Tatortes gelegenen Kleingartenanlage mehrere Lauben aufgebrochen und Lebensmittel gestohlen worden waren. Unverzüglich wurde die gesamte Anlage umstellt und durchsucht. Gegen Mittag wurde der Täter aufgespürt und festgenommen. Er hatte sich in einem Schuppen versteckt und wollte erst einmal die ersten Fahndungsmaßnahmen abwarten, um dann, wenn etwas Ruhe eingekehrt wäre, über Westberlin zu verschwinden. Wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen wurde Karl R. zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt.
Bei der Untersuchung von Verletzungen durch stumpfe Gewalt Dielen so genannte geformte Verletzungen eine wichtige Rolle. Man versteht darunter Verletzungen, die aufgrund ihres Aussehens und ihrer Beschaffenheit Rückschlüsse auf die Form des verursachenden Gegenstandes zulassen. Die Feststellung des Tatwerkzeugs bzw. Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Gegenstandes, der die Verletzungen hervorgerufen hat, können der erste Schritt zur Ermittlung des Täters sein. Deshalb ist bei der Sektion die Suche nach derartigen Verletzungen eine wichtige Aufgabe des Obduzenten. Es sind nicht immer große, ins Auge fallende Verletzungen. Es können einfache Hautabschürfungen oder auch Hauteintrocknungen sein, aber auch Knochenbrüche, insbesondere Lochbrüche wie im voranstehend geschilderten Fall der Knochendefekt durch das Bügeleisen, die Rückschlüsse auf den verursachenden Gegenstand zulassen. Die folgenden Fälle sollen die Bedeutung solcher Befunde zeigen.
Ein Raubmord
Der Krieg war erst wenige Jahre vorbei. Werner S. kehrte ziemlich spät aus sowjetischer Gefangenschaft zurück, und es fiel ihm nicht leicht, sich wieder eine Existenz aufzubauen, zumal er auch nicht mehr der Jüngste war und die Fünfzig bereits überschritten hatte. Vor dem Krieg hatte er einen gut gehenden Tabakladen betrieben. Aber das Haus, in dem sich das Geschäft befunden hatte, war ein Opfer der Bomben geworden. Es dauerte einige Zeit, bis er ein geeignetes Objekt für den neuen Anlauf gefunden hatte. Aber danach gingen die Schwierigkeiten erst richtig los. Obwohl die Bürokratie damals noch nicht das Ausmaß späterer Zeiten angenommen hatte, waren doch viele Behördengänge notwendig, um die erforderlichen Genehmigungen zu bekommen. Als es endlich soweit war, dass der Laden eröffnet werden konnte, erwies es sich als kompliziert, Ware in ausreichender Menge zu bekommen. Immerhin waren die Tabakkarten erst vor kurzem abgeschafft worden. Das Geschäft lief gerade so, dass er sein Auskommen hatte Obwohl er keine großen Reichtümer anhäufen konnte, reichte es ihm dennoch. Schließlich war er allein und konnte sich zumindest seine Zweizimmerwohnung einigermaßen komfortabel einrichten. So hätte er ganz zufrieden sein können, wenn da nicht ein Problem gewesen wäre: Er war homosexuell, damals noch ein Straftatbestand. Vor dem Krieg, als die Homosexualität mit schweren Strafen bedroht wurde, hatte er seine Neigung weitgehend geheim halten können, obwohl er gelegentlich intime Beziehungen zu Männern unterhielt. Während der Kriegsgefangenschaft hatte sich die Situation geändert, da homosexuelle Betätigungen auch bei
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