Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Küche und putzte Gemüse. Sie hatte am Morgen gleich nach dem Frühstück die Betten gemacht, war dann einkaufen gegangen, und nun wurde es Zeit, dass das Mittagessen auf den Tisch kam. Ihr Sohn Alfred aß an diesem Tag ausnahmsweise zu Hause. Da das selten vorkam, wollte sie ihm wenigstens etwas Anständiges vorsetzen. Frieda M. bewohnte mit ihrem 16jährigen Sohn eine kleine Drei-Zimmer-Wohnung in einem Zweifamilien-Reihenhaus. Sie war froh, nach dem schrecklichen Krieg in diesem kleinen Städtchen eine Bleibe gefunden zu haben, nachdem sie zuvor aus den ehemaligen Ostgebieten hatte fliehen müssen. Ihr Mann war in Russland gefallen, sodass sie mit dem damals siebenjährigen Sohn allein zurückblieb. Der Zufall hatte sie hierher verschlagen, sie hatte Arbeit gefunden und diese Wohnung bekommen. Sie war einigermaßen zufrieden. Der Sohn absolvierte eine Lehre als Dachdecker und hatte gerade Berufsschultag. Aber einige Stunden waren ausgefallen, sodass er bereits kurz nach 11 Uhr wieder zu Hause erschien. Sofort danach war er zu einem Freund gegangen, wollte aber zum Mittagessen wieder zurück sein. Da er auch am Nachmittag etwas vorhatte, musste das Essen pünktlich auf dem Tisch stehen. Während sie noch mit dem Putzen des Gemüses beschäftigt war und ihren Gedanken nachhing, war ihr plötzlich so, als ob sie einen unterdrückten Hilferuf aus der Wohnung nebenan gehört hätte. Hatte da jemand gerufen, oder hatte sie sich getäuscht? Doch dann hörte sie deutlich, wie eine Frauenstimme um Hilfe rief. Kurz danach trat Stille ein. Ihr fiel ein, dass die Nachbarin, Frau H., in der Wohnung nebenan erst gestern aus der Lungenheilstätte zurückgekommen war, wo sie wegen einer schweren offenen Lungentuberkulose über ein halbes Jahr gelegen hatte. Nach dem ersten Aufenthalt vor zwei Jahren schien alles ganz gut ausgeheilt zu sein Aber vor einem halben Jahr bekam sie ganz plötzlich einen Blutsturz und musste umgehend ins Krankenhaus gebracht werden. Anschließend kam sie dann in die Heilstätte. Frieda M. machte sich deshalb nach den Hilferufen und der danach eingetretenen völligen Stille Sorgen. Vielleicht war der Frau etwas passiert, und sie brauchte Hilfe? Obwohl ihre Beziehungen in der Vergangenheit nicht sehr eng gewesen waren, entschloss sie sich, nach der Nachbarin zu sehen. Rasch band sie die Schürze ab, zog sich Straßenschuhe an und ging hinüber zum Nachbarhaus. Sie klingelte bei Frau H., aber es regte sich nichts. Da klingelte sie auch in der Parterre-Wohnung bei Familie T. Frau T. hatte aber nichts gehört und behauptete unwirsch, dass in der besagten Wohnung niemand sei. Das gemeinsam nachzuprüfen lehnte sie aus Zeitmangel ab. Frieda M. begab sich, verärgert über die Unfreundlichkeit, in ihre Wohnung zurück. Aber die Hilferufe, die sie sich auf keinen Fall nur eingebildet hatte, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Warum nur behauptete Frau T., obwohl sie im gleichen Haus wohnte, aus dem die Rufe gekommen waren, nichts gehört zu haben? Womöglich hatte sie selbst etwas mit den Schreien zu tun? Endlich beschloss Frieda M., vom Hof aus mit der Leiter über den Balkon in die Wohnung zu steigen und nachzusehen. Die Balkontür stand offen, und sie gelangte problemlos in die Wohnung, wo sie das Wohnzimmer leer vorfand. Sie rief den Namen der Wohnungsinhaberin, erhielt aber keine Antwort Daraufhin begab sie sich in den Flur, um auch in den anderen Zimmern nachzusehen. Kaum hatte sie die Tür geöffnet, da erblickte sie im Halbdunkel eine Gestalt auf dem Boden. Es war Frau H., die sich nicht rührte, auch nicht, als Frieda M. sie anrief und rüttelte. Erst danach bemerkte sie, dass das Gesicht der Nachbarin voller Blut war. Auch die Haare und die gesamte Kleidung waren stark blutverschmiert. Als sie sich ängstlich im Flur umsah, stellte sie fest, dass die Wände, der Fußboden und sogar die Decke ebenfalls Blutflecken aufwiesen. Entsetzt wurde ihr bewusst, dass Frau H. offenbar tot war. Aber ein Arzt musste auf jeden Fall her, um den Tod ordnungsgemäß festzustellen und einen Totenschein auszustellen. Frieda M. lief zur nächsten Telefonzelle und verständigte einen Arzt, den sie auf der Straße erwartete. Allerdings hatte sie in ihrer Aufregung versehentlich die Haustür des Nachbarhauses geschlossen. Um wieder hineinzukommen, musste sie erneut bei der unfreundlichen Nachbarin klingeln, die zunächst auch dem Arzt den Zugang verweigern wollte, sich dann aber doch anders entschied. Der Arzt stellte den Tod
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