Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
wo etwas über Arsen und dessen Wirkung stand, ein Lesezeichen eingelegt und der Text angekreuzt oder unterstrichen. Aufgrund der sich verdichtenden Verdachtsmomente wurden die Stationsschwester und der Oberpfleger festgenommen. Nach Aussage der Schwester dauerte das Verhältnis mit dem Oberpfleger bereits mehrere Jahre an. Er habe ihr immer wieder versprochen, sich scheiden zu lassen und sie zu heiraten. Wenn sie dann aber ernsthaft eine Entscheidung herbeiführen wollte, habe er Ausflüchte gemacht und immer neue Gründe vorge-bracht, warum sie noch etwas warten müsse. In der letzten Zeit sei er sehr eifersüchtig gewesen, besonders als sie ihm erzählt hätte, dass der Oberarzt sich für sie interessierte. Sie ließ durchblicken, dass auch sie an einer solchen Beziehung nicht uninteressiert sei. Daraufhin sei er sehr wütend geworden und habe geäußert, dass er mit dem Oberarzt noch abrechnen würde. Inzwischen war auch ermittelt worden, dass der Apotheker, der das Krankenhaus mit Medikamenten belieferte, dem Oberpfleger auf dessen Wunsch Arsenik zur Rattenbekämpfung gegeben hatte. Das war bereits vor etwa zwei Jahren geschehen. Um Verwechslungen mit anderen Substanzen vorzubeugen, hatte er das an sich weiße Pulver rötlich gefärbt. Da der Oberpfleger seit vielen Jahren für die Krankenhausapotheke verantwortlich zeichnete und ihm die Bestellung und Entgegennahme der Medikamente oblag, hatte der Apotheker keinerlei Bedenken, ihm das Gift nach einer entsprechenden Belehrung zu übergeben. Nun musste der Oberpfleger unter der Last der Ermittlungsergebnisse zugeben, doch schon einmal etwas über Arsen gehört zu haben. Die Kriminalisten stellten ihm nun aufgrund der Aussage des Apothekers eine Falle. Sie fragten ihn, wie denn Arsenik aussehe, worauf er prompt erklärte: »Es handelt sich um ein rötliches Pulver.« Dennoch bestritt er weiterhin, jemals vom Apotheker Arsen erhalten zu haben. Erst bei einer Gegenüberstellung gab er es schließlich zu, wollte aber das Mittel lediglich zur Rattenbekämpfung im Krankenhaus benutzt haben. Wie der Oberpfleger weiter aussagte, hatte er das Arsen nicht vollständig verbraucht, sondern einen Rest aufgehoben. Als er sich nach einer längeren Erkrankung ein Jahr zuvor sehr elend fühlte und seine Potenz nachließ, sei er auf den Gedanken gekommen, kleinste Mengen Arsenik einzunehmen, da er dessen Wirkung von entsprechenden Medikamenten her kannte. Sein Allgemeinbefinden habe sich danach auch wesentlich gebessert. Nachdem der Oberpfleger wusste, dass sich der Oberarzt ebenfalls um seine Geliebte bemühte, befürchtete er, als Unterlegener dazustehen. Immerhin - so seine Überlegung - handelte es sich um einen Arzt, der ein Auto besaß und über ein gutes Einkommen verfügte. Daraufhin fasste er den Entschluss, den Oberarzt im Krankenhaus unmöglich zu machen. Der beste Weg hierzu bestand nach seiner Meinung darin, die Ope-rationserfolge des Arztes zu gefährden und seine Operationsstatistik zu verderben, um ihn in den Ruf eines schlechten und unfähigen Operateurs zu bringen. Damit wollte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einmal schwebte ihm die Versetzung des Oberarztes in ein anderes Krankenhaus vor, zum anderen beabsichtigte er, das Ansehen seines Nebenbuhlers beim Krankenhauspersonal, insbesondere bei seiner Geliebten, herabzusetzen. So entschloss er sich, die vom Oberarzt operierten Patienten zu vergiften. Bei der Verwirklichung seines Entschlusses ging er folgendermaßen vor: Er mengte dem Tee der entsprechenden Patienten jeweils etwa 0,5 Gramm Arsenik bei und erreichte dadurch, dass diese relativ schnell starben. Da der Oberpfleger als Hilfskraft bei der Sektion mitwirkte, erfuhr er rechtzeitig vom Vergiftungsverdacht. Um von sich abzulenken, schlich er sich an seinem freien Tag in der Mittagszeit heimlich ins Krankenhaus und vergiftete zunächst den am Blinddarm operierten Patienten. Aber auch die Konzentration der Ermittlungen auf die chirurgische Station konnte ihm gefährlich werden, weshalb er den kurz vor der Entlassung stehenden Patienten mit dem Leistenbruch von einer anderen Station als nächstes Opfer auswählte. Zu dieser Tat erklärte er später: »Obwohl mir dieser eigentlich Leid getan hat. Er war ein so netter Mann und hat mir immer mal eine Zigarre geschenkt. Aber zu meiner eigenen Sicherheit musste er dran glauben.« Die Stationsschwester hatte nichts von den Machenschaften ihres Liebhabers gewusst. Sie wurde umgehend aus der
Weitere Kostenlose Bücher