Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
beginnen. Es war immer das Schlimmste bei einer Mordermittlung, wenn man nicht wusste, ob es da draußen irgendwo besorgte Familienmitglieder gab, die informiert werden mussten. Erst wenn das überstanden war, konnten sie mit der eigentlichen Ermittlung anfangen.
»Sehr gut«, sagte er hörbar zufrieden. »Und die Todesursache?«
»Die ist noch unklar.«
»Okay«, antwortete er enttäuscht. Anscheinend musste er auf den Bericht doch noch etwas warten. »Jetzt wissen wir wenigstens, wer er ist. Wie habt ihr das herausgefunden?«, fragte er und riss den Zettel mit dem Namen von seinem Block.
»Mit Hilfe der Liste von der Staatlichen Augenklinik und den Zahnschemen der städtischen Zahnärzte. Er ist aus der Gegend. Wohnt in Sønderborg. Oder besser gesagt, wohnte.«
»Der Name lässt auf einen Ausländer schließen?«
Roland blickte noch einmal auf den merkwürdigen Namen, während Kim Hjort die Adresse des Toten laut vorlas und Roland sie auf einem neuen Zettel notierte.
»Jetzt seid ihr dran.«
Roland sah zu Miroslav hinüber, der mit dem Tippen aufgehört hatte und Roland nur anstarrte, während er versuchte, etwas von dem Telefonat mitzubekommen. Vielleicht hatte er es auch schon erraten und deshalb seine eigene Tätigkeit unterbrochen.
»Wann kannst du was zur Todesursache sagen?«, fragte Roland.
Er schob den Zettel mit dem Namen des Toten zu Miroslav hinüber, der sich sogleich wieder seiner Tastatur widmete.
»Dass du es immer so eilig hast«, sagte Kim Hjort.
»Du weißt, wie das ist«, sagte Roland mit einem Lächeln.
»Jetzt arbeite erst mal mit dem, was ich dir gegeben habe, ich melde mich, wenn ich mehr weiß.«
»Okay, bis dann.«
»Esad Nuhanovic war Flüchtling aus dem früheren Jugoslawien, genauer gesagt aus Bosnien. Er ist 1996 nach Dänemark gekommen und hat 98 die Aufenthaltsgenehmigung erhalten«, sagte Miroslav und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
Per Rolands Augen lösten sich von dem Computerbildschirm. Es waren nicht mehr als zehn Minuten vergangen, seit sie versucht hatten herauszufinden, wer der Tote eigentlich war.
Er stand auf und sicherte sich die Aufmerksamkeit der anderen, die, bis auf Carsten, der in diesem Moment zur Tür hereinkam, im Raum verteilt an ihren Computern saßen.
»Dieses blöde Klinkenputzen«, brummte der Alterspräsident, ging an seinen Platz und legte seine Jacke über den Stuhl. »Jeder sagt etwas anderes, und alle haben was anderes gesehen. Manche erzählen dir drei Stunden lang, dass die Nachbarkatze nur ein Auge hat, andere schimpfen auf die Kinder des Nachbarn, und wieder andere erwähnen zwei Leichen und einen Dealer nur so nebenbei. Und dann kommt man zurück und erfährt, dass ihr die Identität unseres Mannes bereits kennt.«
Carsten setzte sich auf seinen Stuhl, schnappte sich Rolands Teilchen und aß es in drei Bissen auf.
»Aber Carsten, du kannst das doch so gut!«, sagte Roland und versuchte ganz bewusst sich einzuschmeicheln. »Dir vertrauen sich die Menschen doch gerne an.«
Carsten sah zu ihm auf und lachte.
»Wir haben alle unser Kreuz zu tragen«, sagte er und breitete die Arme aus.
Liv lächelte und wippte eine nicht angezündete Zigarette zwischen den Lippen.
»Die muss warten bis nachher«, sagte Roland und winkte alle näher zu sich heran.
Er stellte sich an das Whiteboard und notierte den Namen des Toten mit großen Buchstaben wie ein Lehrer, der seine Schüler zum ersten Mal sieht und ihnen seinen Namen aufschreibt.
»Hinten mit c«, sagte Miroslav.
»Okay.«
Roland wischte das tz weg und ersetzte es durch ein c.
»Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass das Von-Tür-zu- Tür-Gehen nichts gebracht hat?«, fuhr Carsten von seinem Platz aus fort und schaltete gleichzeitig seinen Computer ein, so dass der typische Windows-Klang den Raum erfüllte.
»Sieht man mal von der schicken Braut im Friseursalon in der Fußgängerzone ab, die gesagt hat, dass sie nur einen Albino kennt, nämlich den ›weißen Jugoslawen‹«, fuhr er mit seinem hintergründigen Lächeln fort. Roland wusste genau, dass es diese kleinen Dinge waren, die die Menschen dazu brachten, sich ihm zu öffnen. Sie und sein Humor, der besonders hier in Jütland äußerst beliebt war.
»Der weiße Jugoslawe?«
»Hm, so hat sie ihn genannt. Sie hat ihm die Haare geschnitten, wusste sonst aber nichts über ihn. Er soll ein stiller Mann gewesen sein, aber das ist in dieser Gegend ja nichts Besonderes.«
»Warum hast du das nicht gesagt?«
»Ich bin
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