Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
den Flur vorging. Liv und Roland betraten die ältere, elegante Villa, und Roland schloss die Tür hinter ihnen. Dann folgten sie Safet und dem Mann in ein großes, helles Wohnzimmer mit antiken Bodenvasen und dicken Teppichen. An den Wänden hingen moderne Gemälde in kräftigen Farben, gezeichnet mit nur wenigen Pinselstrichen.
»Sollen wir uns setzen?«, Liv zeigte auf das Sofa.
Safets Augen begegneten den ihren zum ersten Mal, als sie und Roland sich auf das beigefarbene Sofa setzten. Er selbst nahm ihnen gegenüber auf einem dazu passenden Sessel Platz. Der Mann blieb hinter dem Sessel des Jungen stehen.
»Um was geht es?«, fragte er.
Safets Blick flackerte nervös. Seine Augen schienen bereits das Schlimmste zu vermuten.
»Wer sind Sie?«, fragte Liv.
Der Mann trat einen Schritt vor und reichte ihr die Hand.
»Entschuldigen Sie meine Manieren. Ich bin Mogens Boe Andersen. Ich bin Psychiater und ein Freund und Kollege von Safets Vater. Ich bin eigentlich gekommen, um etwas mit Esad zu besprechen … etwas Berufliches, aber das spielt jetzt keine Rolle.«
Der Arzt legte eine Hand auf Safets Schulter und drückte sie sanft.
»Safet und ich haben einen Kaffee getrunken und miteinander geredet.«
Livs Augen richteten sich erneut auf Safet, und der Junge las in ihrem Blick. Ein Schatten senkte sich über sein Gesicht. Was sie tun mussten, war hart. Sie saßen vor einem jungen Menschen, dessen Welt jetzt in Schutt und Asche fallen würde. Es war unbeschreiblich, wie sehr sie diesen Teil ihrer Arbeit hasste. An diese Aufgabe würde sie sich niemals gewöhnen.
»Safet,«, begann Roland, »es geht um Ihren Vater«, fuhr er fort.
Der Junge biss sich nickend auf die Lippe und kniff die Augen zusammen. Der Arzt ließ seine Schulter los, während er sich nach vorne lehnte. Auch er schien jetzt den Ernst der Angelegenheit zu erahnen.
Roland beugte sich auf dem Sofa vor. Liv seufzte. Es war jedes Mal gleich schwer. Egal wie oft man im Laufe seiner Karriere dieser Situation ausgesetzt war, man konnte sich nie sicher sein, es richtig zu machen.
»Wollen Sie jemanden anrufen, der zu Ihnen kommt?«, fragte Liv.
Safet schüttelte den Kopf. Seine Nasenflügel weiteten sich, und er atmete schneller.
»Ich bleibe bei ihm«, sagte der Arzt.
Liv nickte und lächelte ihn an.
»Warum fragen Sie das?«, wollte Safet wissen. Sein Atem ging immer schneller, und seine Augen wurden größer und füllten sich mit Tränen. Er blinzelte rasch, und eine Träne kullerte über seine Wange und blieb an seiner Oberlippe hängen, bis er sie wegwischte.
»Er ist am Mittwoch gefunden worden … er ist tot, Safet. Es tut mir sehr leid, Ihnen das mitteilen zu müssen, aber er ist Opfer eines schlimmen Verbrechens geworden.«
Der Blick des jungen Mannes wurde zu dem eines Kindes, Tränen rollten über beide Wangen. Doktor Andersens Hand legte sich wieder auf seine Schulter, während er sich ansonsten ruhig im Hintergrund hielt. Liv studierte Safets Reaktion ganz genau, wie sie das immer in solchen Situationen tat. Er sagte nichts, sondern verschränkte die Arme vor der Brust und senkte den Kopf mit einer schmerzverzerrten Miene, als versuchte er, den Tränen Einhalt zu gebieten, indem er den Körper zusammenzog.
»Ja, aber … warum … wie?«, fragte er und hob den Kopf. Er versuchte, sich zusammenzureißen.
Die Ungewissheit war für die Angehörigen immer das Schlimmste. Die Vorstellungen, was wie und wo geschehen war, nahmen in ihren Köpfen immensen Raum ein. In diesen Situationen war es für die Ermittler immer eine Qual, nicht mehr zu wissen.
»Er wurde in einem Haus auf dem Truppenübungsplatz gefunden«, antwortete Roland. »Vergraben in einem Keller. Wir wissen noch nicht, wann das geschehen ist oder wie. Wir hoffen aber, in den nächsten Tagen mehr darüber sagen zu können. Es war ein Glück, dass wir ihn so schnell gefunden haben. Das erhöht die Chancen, den Fall aufzuklären, beträchtlich.«
Er sah zu Boden und rieb sich rasch die Augen. Liv tat so, als hätte sie es nicht mitbekommen. Sie fand es richtig, dass Roland ihm nichts von der Zerstückelung gesagt hatte. Das wäre in diesem Moment einfach zu viel.
»Wir bedauern Ihren Verlust«, sagte Roland dann.
Safet starrte ihn an, ohne etwas zu sagen. Dann öffnete er den Mund. Die Tränen waren versiegt. Er wirkte benommen. Verbissen kamen Laute über seine zitternden Lippen.
» Wo wurde er gefunden?«
Es war nicht außergewöhnlich, dass man solche Angaben
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