Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
Wohnzimmer waren vorgezogen, aber dahinter brannte Licht. Liv und Miroslav gingen zum Haupteingang und klingelten.
Die Frau, die die Tür öffnete, blickte erschrocken auf ihre Ausweise und wies ihnen den Weg ins Wohnzimmer, wo der Fernseher lief und ihr Mann mit der Fernbedienung in der Hand saß.
»Die Polizei«, sagte sie, und der Mann erhob sich mit einem mindestens ebenso verwirrten Gesichtsausdruck. »Die wollen mit uns sprechen.«
Liv und Miroslav setzten sich, und die Frau bot ihnen Kaffee an, den sie freundlich ablehnten. Dann erklärte Liv ihnen, dass ein Internetverbrechen zu einem Computer an ihrer Adresse zurückverfolgt worden und dass dieses Verbrechen Teil einer größeren Ermittlung sei.
Der Mann und die Frau sahen einander an, und die Augen des Mannes wurden schwarz vor Wut.
»Ich habe es gewusst!«, sagte er und ballte die Hände zu Fäusten. Er ging ein paar Schritte auf und ab und wandte sich dann an seine Frau. Ein Zeigefinger schnellte in ihre Richtung. »Und du hast immer gesagt, es sei nichts … Dass wir uns keine Sorgen machen müssen, nur weil …«
Er gab einen gereizten Laut von sich und sah aus, als hätte er am liebsten mit den Füßen auf dem Boden aufgestampft.
Die Frau zog die Mundwinkel kräftig nach unten.
»Aber, ich habe doch nicht geglaubt …«, kam es von ihr. »Ich konnte doch nicht wissen, dass …«
»Und jetzt steht die Polizei in unserem Wohnzimmer? Glaubst du noch immer, es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen?«
Die Frau schaute den Mann, der wieder Platz genommen hatte, zornig an. Der Fernseher lief noch immer. Die Spätnachrichten auf TV2.
»Du hättest doch selbst etwas tun können, wenn du schon so verdammt schlau bist. Schließlich ist das doch nicht nur meine Verantwortung. Es ist auch dein Kind«, schrie sie.
»Ja, verdammt, wenn ich zwischendurch auch mal so meine Zweifel hatte«, kam es von dem Mann.
Die Frau warf ihm einen Blick zu.
Liv unterbrach sie.
»Dürfen wir mit Ihrem Sohn sprechen?«
Der Vater stand auf, wurde aber von seiner Frau zurückgehalten.
»Lass das die Polizei machen, Mogens«, sagte sie.
Liv und Miroslav gingen über die Treppe nach unten und durchquerten eine Waschküche mit schleudernder Waschmaschine. Sie hatten ihre Waffen gezogen, sie aber nicht entsichert. Ihr Vorgehen entsprach nicht ganz dem Polizeihandbuch, aber die Eltern selbst hatten sie gebeten, ruhig drastisch vorzugehen.
Der Kellerflur führte sie zu einer verschlossenen Tür, die Liv auftrat, so dass sie mit einem lauten Knall gegen die Wand flog.
Drinnen wurden sie von einem Paar astronomisch brauner Augen empfangen. Sie gehörten einem Mädchen im Teenageralter mit langen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen blonden Haaren. Sie starrte sie von ihrem Schreibtischstuhl aus an. Vor ihr stand ein Computer, neben dem eine Tüte Chips lag. Das Mädchen war dünn, hatte Chipskrümel am Kinn, trug ein schwarzes Top und eine weiße Jogginghose. Liv zeigte ihren Ausweis. Ihre Waffe war auf das Mädchen gerichtet.
»Polizei«, sagte sie.
Mit einem Grinsen offenbarte das Mädchen seine Zahnspange.
»Heilige Scheiße! Krass!«
12
V erdammt, was hast du dir denn dabei gedacht?«
Miroslav stemmte die Fingerknöchel auf die Tischplatte und stand auf. Liv lehnte an der grauen Betonwand des Verhörraums. Vor ihnen saß die 13-jährige Pernille Dauerhøj, genannt Snake. Ihre Haare waren blond und dünn, die Hose hatte sie gegen eine Jeans eingetauscht, und sie sah sie trotzig an wie eine Zweijährige.
»Kannst du mir das erklären … Snake?«, fuhr Miroslav fort.
»Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden, und wieso nennen Sie mich so?«
Miroslav beugte sich zu dem Mädchen vor, das ihn mit seinen nussbraunen Augen anstarrte. Dieser Blick hatte ihr in ihrer Kindheit bestimmt oft aus der Patsche geholfen. Doch jetzt konnte sie sich damit nicht retten.
Das Mädchen schwieg. Liv spürte die Verärgerung in Miroslavs Stimme. Sie beobachtete ihn genau, um notfalls einzugreifen, sollte er die Geduld verlieren. Dass Miroslav Temperament hatte, war kein Geheimnis, und in diesem Moment spürte man es in seinem Inneren förmlich brodeln. Dagegen war aber auch nichts einzuwenden. Sie saßen jetzt schon zwanzig Minuten mit dem Mädchen hier, ohne auch nur irgendetwas erreicht zu haben. Snake, alias Pernille, war nicht nur trotzig, sondern schien tatsächlich nicht zu erkennen, dass sie bis zum Hals in der Scheiße steckte.
Liv fing ihren Blick ein und hielt ihn
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