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Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel

Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel

Titel: Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philipsen
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die Unteroffiziersschule in Sønderborg.«
    »Wie war sein psychischer Zustand bei seiner Rückkehr?«, fragte Liv.
    Inge Jensen erklärte, dass sie fast in allen Gesprächen mit Jacob über den Verlust eines guten Freundes gesprochen hatte. Er war neben seinem Freund hergelaufen, als es passiert war, und er verstand nicht, warum er überlebt hatte, während der Freund ums Leben gekommen war.
    »Überlebensschuld nennen wir das.«
    »Wie ist es passiert?«, fragte Liv und dachte, dass sie die Antwort vermutlich kannte. Es war immer das Gleiche, wenn dänische Soldaten ums Leben kamen oder verletzt wurden, dachte sie. Böswillige, improvisierte Sprengfallen entlang einer Straße, die mittels eines Signals von einem Mobiltelefon oder mit Hilfe anderer elektrischer Impulse gezündet werden konnten. Bomben dieser Art waren früher unter anderem von der IRA gegen britische Truppen in Nordirland eingesetzt worden. Wir haben ihnen den ganzen Scheiß selbst beigebracht, dachte sie, während Inge Jensen bestätigte, dass Jacob Adamsens Freund tatsächlich durch eine Bombe getötet worden war. Auch ein anderer Kamerad war bei diesem Anschlag verletzt worden.
    »Hat er gesehen, wie sein Freund ums Leben kam?«, unterbrach Anette Livs Gedanken, und die Psychologin erklärte, dass viele seiner Truppe Zeuge gewesen waren.
    »Wie hat er reagiert?«, fragte Liv und wurde den Gedanken nicht los, dass Jacob Adamsens Unfall möglicherweise ein Selbstmordversuch war.
    Die Frau zitierte laut, was Jacob während einem ihrer Gespräche gesagt hatte.
    »Wenn ich die Sonne scheinen sehe und Vögel singen höre, bekomme ich höllische Angst.«
    Liv legte die Stirn in Falten, während sie die Psychologin fragte, was Jacob damit gemeint haben könnte?
    »Der Tag, an dem es passiert ist, war ein schöner, sonniger Tag, und die Vögel haben gezwitschert, als es geschah«, erläuterte Inge Jensen und fuhr mit einer längeren Erklärung fort, dass es oft die kleinen Dinge waren, die die Betroffenen im Nachhinein damit verbanden. Es konnten die sonderbarsten Dinge sein, die die Erinnerung zurückbrachten, wie ein Duft oder eine bestimmte Wetterlage.
    »Was hat das Erlebnis mit ihm gemacht?«, fragte Liv.
    Die Frau schwieg einige Sekunden.
    »Soldaten sind auch nur Menschen wie Sie und ich, wenn man die Uniform weglässt«, sagte sie und erklärte, dass der Verlust eines Kameraden etwas Existenzielles in ihrem Dasein berührte. »Wenn mein Freund von einer Bombe am Straßenrand getötet wird, können alle sterben. Auch ich.«
    Aber sind sie nicht gerade dafür trainiert worden, mit solchen Situationen umgehen zu können?, dachte Liv und fragte die Psychologin, ob sie sich nicht vorab über die Risiken im Klaren waren, die ein Einsatz in einem Kriegsgebiet mit sich brachte.
    »Soldaten sind kontrollierte Menschen«, lautete die Antwort. »Sie sind es gewohnt, sich alles rationell zu erklären. Aber eine Bombe am Straßenrand lässt sich nicht mit dem Verstand erklären. Man hätte ihr nicht entgehen können. An diesem Punkt wird ihnen klar, dass das Leben aus Zufällen besteht.«
    Die Psychologin erklärte, dass es Jacob schwer gefallen war, sich nach der Rückkehr in ein normales Leben einzufinden. Er hatte Probleme damit, plötzlich allein und ohne seine Kameraden zu sein, und hat den Alltag als sinnlos und bedeutungslos empfunden.
    »Bei einem Gespräch hat er gesagt: ›Ich bin rastlos und unkonzentriert, und ich kann nur schwer akzeptieren, dass meine Freunde tagsüber alles mögliche andere zu tun haben statt ihre Zeit mit mir zu verbringen.‹«
    »Kann das der Grund für seinen Wunsch nach einer Weiterbildung beim Militär gewesen sein?«, fragte Liv. Vermutlich war ihm das logisch erschienen. Er wollte unter denen bleiben, die ihn verstanden und unter denen er einen gewissen Status hatte.
    »Das ist höchstwahrscheinlich. Er hatte, soweit ich mich erinnere, keine große Familie. Nur eine Mutter in Odense, wo er herkommt. Das Verhältnis zu ihr war aber nicht gut. Auf jeden Fall nicht gut genug, um mit ihr darüber sprechen zu können, wie es ihm ging.«
    Liv versuchte, sich in seine Lage als Kriegsheimkehrer zu versetzen, musste aber erneut feststellen, dass der Krieg etwas war, das man sich nicht vorstellen konnte. Sie fragte, warum Jacob das Leben als sinnlos empfunden hatte.
    »Das liegt an den veränderten Werten«, erklärte die Psychologin. »Plötzlich werden viele Dinge von diesen Soldaten als sinnlos betrachtet, während andere,

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