Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
damals noch nicht obligatorisch, heute ist es das.«
Liv notierte sich den Namen des Instituts, während sie fragte, was mit den Soldaten passierte, wenn die Psychologen mit ihnen fertig waren.
»Wer behält sie im Auge?«
Merete Bechmann antwortete, dass sie natürlich versuchten, sie im Auge zu behalten, dass sie jedoch so viele Schüler mit ganz unterschiedlichem Hintergrund hätten, dass es selbstverständlich möglich sei, in der Menge unterzutauchen.
Sie schüttelte den Kopf.
»Außerdem können wir sie zu nichts zwingen. So sind leider die Regeln. Wenn sie nicht wollen, können wir sie nur auffordern, sich Hilfe zu suchen. Zum Glück gibt es da gute Angebote.«
»Aber sie wissen doch nicht immer selbst, dass es ihnen nicht gut geht«, sagte Anette. »Ein Trauma kann sich doch auf viele verschiedene Arten äußern. Sie können Anpassungs- oder Schlafprobleme haben oder einfach nur schwer im Alltag zurechtkommen. Gibt es niemanden, der darauf achtet?«
»Wir geben durchaus auf sie Acht«, sagte Oberst Bechmann, ohne Anettes Frage zu beantworten. Stattdessen erklärte sie, wie sie sie lehrten, auf sich selbst achtzugeben.
»Wir bringen ihnen bei, in Kriegsgebieten zu überleben, wir bringen ihnen bei zu töten, Leben zu retten und die angeschossenen Beine ihrer Kameraden unter Kreuzfeuer zu verbinden. Das sind erwachsene Menschen«, sagte sie. »Wenn sie einen Auslandseinsatz hinter sich haben, wenn sie hier in die Schule kommen, können sie sich freinehmen, wenn sie das brauchen. Das Institut für Militärpsychologie bietet ihnen die Möglichkeit, Gespräche mit einem Psychologen zu führen, wenn sie das möchten, und es gibt eine Hotline, die 24 Stunden am Tag besetzt ist.«
Vielleicht fiel es Merete Bechmann ein bisschen schwer, sich exakt in das hineinzuversetzen, was die Soldaten nach einem Auslandseinsatz mit sich herumtrugen, wenn sie selbst so etwas nie erlebt hatte, dachte Liv. Ließ sich Krieg aus der Entfernung verstehen?
»Aber das Institut befindet sich doch in Kopenhagen?«, sagte Liv.
»Es gibt Züge.«
»Und wenn akute Hilfe gefragt ist?«
Oberst Bechmann verwies erneut auf die Hotline, über die die Armeepsychologen jederzeit erreichbar waren.
»Die kümmern sich um so etwas. Wir haben ganz einfach nicht die Kapazität, uns psychischer Probleme dieser Art anzunehmen.«
Anette wiederholte, dass all das jedoch darauf aufbaute, dass die jungen Leute selbst einsahen, dass sie ein Problem hatten. »Was ist mit denen, die das nicht selbst erkennen?«
»Stoßen wir auf einen jungen Mann, der Probleme hat, fordern wir ihn natürlich auf, sich sofort Hilfe zu suchen. Aber wir haben keine Möglichkeit, ihn zu etwas zu zwingen, das er nicht will.«
»Ist es schon einmal passiert, dass Sie hier in der Kaserne jemanden aufgefordert haben, sich Hilfe zu suchen?«, fragte Liv einer plötzlichen Eingebung folgend. Bestimmt war das nicht der Fall, dachte sie und bekam ihren Verdacht bestätigt, als Merete Bechmann gereizt und tief seufzte.
»Hier in der Kaserne nicht, nein. Das mussten wir noch nie.«
»Demnach hat Jacob Adamsens Gruppenführer bei ihm kein abweichendes Verhalten beobachtet und Ihnen davon Bericht erstattet?«
»Nein.«
Nicht überraschend, dachte Liv.
»Kürzlich hat es bei Ihnen einen Selbstmord gegeben?«, fragte sie dann.
Oberst Bechmann seufzte erneut und erklärte, dass dies für sie alle fürchterlich tragisch gewesen sei. Der junge Mann, Christoffer Lorentzen, sei nur 22 Jahre alt geworden.
»Das ist eine sehr unglückliche Geschichte«, fuhr sie fort.
»Wissen Sie, was dazu geführt hat?«, fragte Anette.
Merete Bechmann erklärte, darauf nicht eingehen zu können.
»Wir wussten, dass er Probleme privaten Charakters hatte. Außerdem haben wir bereits mit der Polizei darüber gesprochen.«
»Was für Probleme?«
»Private.«
»Haben Sie ihn aufgefordert, sich Hilfe zu suchen?«
»Das haben wir nicht getan, nein.«
»Seine Probleme sind also nicht aufgedeckt worden?«
»Nein. Sie waren wie gesagt privater Natur.«
»Sind sie das nicht immer?«
Liv seufzte. Sie hatte den Bericht über den Selbstmord gelesen, hielt ihn aber für mangelhaft. Die Obduktion war zwar zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es sich um einen Selbstmord handelte, dafür sprach die Tablettenmenge, aber die fehlende Hälfte der Hundemarke wurde darin nicht erwähnt. Ihr Gespür sagte ihr, dass hier irgendetwas nicht stimmte und dass dieser Vorfall in irgendeiner Weise mit ihrem Fall
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