Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
Vom Netzwerk:
natürlichen Wollwachsschicht versiegelt, deshalb dürfe man die Sachen auch nicht allzu oft waschen und wenn, dann am besten ohne Seife, erklärte er. Auch er habe seinen Pullover noch nie gewaschen, nur gelüftet und ausgeschüttelt.
    Das könnte hinkommen, dachte Kluftinger. Möglicherweise traf das auch auf den Verkäufer zu.
    »Ich brauch’ die nicht, die kratzen sicher«, rief Kluftinger seiner Frau zu und ging einfach weiter in Richtung Marktplatz.
    Als Erika ihn an einem Wagen mit Gamswurst wieder einholte, hielt sie ihm zwei Paar Socken unter die Nase.
    »Riech mal!«
    »Stinkt nach Schaf und kratzt höllisch. Ich hab dir doch gesagt, dass die mir zu dick sind. Waren sie wenigstens billig?«
    »Zwölf Euro das Paar. Aber das sind sie auch wert.«
    Vierundzwanzig Mark für ein Paar Strümpfe, die er nie anziehen würde! Er bekam eine Gänsehaut.
    »Au weh, unser Dorfsheriff! Heute ganz in Tracht! Hat man euch die Pistolen gestrichen oder warum hast du jetzt einen Schlagstock dabei?«
    Eduard Schauer, der Filialleiter der LVA, hatte Kluftinger so fest auf die Schulter geklopft, dass der beinahe ausgeholt hätte, um zurückzuschlagen. Der Trommelschlegel, auf den Schauer gerade angespielt hatte, hätte ihm dabei wahrscheinlich gute Dienste geleistet.
    Der Kommissar begnügte sich mit einem »Griaß di, Edi«, zeigte auf seine Frau und sah mit einem »Du, ich muss … « zu, dass er weiterkam. Nach Späßen über seine Aufmachung war ihm heute überhaupt nicht zumute, schon gar nicht, wenn sie von Menschen kamen, die in roten Arbeitsklamotten über den Markt liefen.
    Am Ende des Platzes gelangten sie schließlich zu dem Stand mit den Kartoffeln und dem Spitzkraut. Kluftinger studierte gerade die Preisliste, die bei ihm einen trockenen Mund verursachte, als er von hinten eine bekannte Stimme vernahm.
    »Die schöne Erika nebst ihrem Göttergatten! Das ist mal eine tolle Überraschung!«
    Von wegen Überraschung: Kluftinger war auf die Begegnung mit dem Doktor durchaus vorbereitet. Auf dem Markt traf man sie alle.
    »Ah, der Musikus in voller Montur!«
    Kluftinger seufzte und drehte sich grantig um. Beim Anblick des Ehepaars änderte sich seine Stimmung aber schlagartig und er hatte Mühe, ein lautes Lachen zu unterdrücken: Der Doktor trug zu einer langen Wildlederhose mit Rupfenbesatz und großen Hirschhornknöpfen eine Art Sakko, das aussah, als wäre es aus alten Mehlsäcken zusammengenäht worden. Annegret trug ein mit groben Schnüren gebundenes, beige-grünes Landhausmieder, unter dem nicht nur ihre üppige Oberweite, sondern auch eine über und über mit Rüschen verzierte Bluse hervorquoll. Das war also Langhammers Kommentar zum Thema Tracht.
    »Immer biologisch-dynamisch einkaufen, Erika, sehr gut! Das ist Lebenskraft pur, direkt vom Feld auf den Teller! Ich habe mir bereits einen Zentner Kartoffeln liefern lassen!«
    Kluftingers »Und den Rupfensack hast du gleich angezogen« war leise genug, dass der Doktor es nicht hören konnte.
    ***
    Zehn Minuten später schob Kluftinger in Blaskapellentracht einen mit zwei Säcken Kartoffeln und zwanzig Kilo Kraut bepackten Sackkarren über den Markt nach Hause. Erika hatte sich derweil Langhammers angeschlossen, um »ein bissle zu bummeln«.
    Mürrisch lavierte er seine Fracht durch die Menschenmassen, blieb immer wieder im Kopfsteinpflaster hängen, wich geschickt den zahllosen Eltern mit Kinderwagen aus, die die Vorfahrt gänzlich für sich beanspruchten, und knallte schließlich mit hochrotem Kopf gegen den Bordstein, worauf einer der Kartoffelsäcke herunterfiel. Schimpfend ging er in die Knie; einerseits, um den Sack aufzuheben, andererseits, um vor den Blicken von Bürgermeister Dieter Hösch in Deckung zu gehen, der ihm entgegenkam. Umsonst.
    »Kann ich dir helfen?«, rief Hösch freudig aus, als er ihn erspäht hatte.
    Sicher würde er gleich wieder eine Eselsbrücke finden, um ihn über den Fall auszufragen, dachte der Kommissar.
    »Na, heute noch musikalisch aktiv, wie? Sicher eine schöne Abwechslung, wo du doch im Moment so viel um die Ohren hast?«
    »Schön ist was anderes, Dieter.«
    »Was machen denn die Ermittlungen?«, wollte der Gemeindechef wissen.
    Diesmal hatte er nur zwei Sätze gebraucht, das dürfte neuer Rekord sein, dachte Kluftinger.
    »Doch, ja, mal sehen, vielleicht haben wir da was … «, gab er sich zugeknöpft. Zwar hegte er keinerlei Groll gegen den aus Bremen stammenden Bürgermeister – allzu gern unterhielt er sich

Weitere Kostenlose Bücher