Erntedank
seufzte. Vielleicht war die Spur doch nicht so heiß.
»Na gut, da kann man nichts machen. Trotzdem vielen Dank, Frau Sutter. Und alles Gute weiterhin. Sie hören bald von uns.«
»Warten Sie mal. Fragen Sie doch mal bei ihm im Büro. Die Frau Grenzmann kümmert sich doch jetzt da um alles, ich bin dazu noch nicht in der Lage. Aber wenn so ein Brief ins Geschäft gekommen ist, muss sie es eigentlich wissen.«
»Au ja, eine gute Idee, Frau Sutter, dankschön. Und noch mal alles Gute für Sie.«
»Noch was, Herr Kluftinger … «
»Ja?«
»Sie erinnern sich doch an Ihr Versprechen?«
»Ja, Frau Sutter. Ich erinnere mich daran. Und es gilt nach wie vor.«
»Danke, Herr Kommissar.«
Kluftinger hängte den Hörer ein.
»Kann mal jemand bei der Grenzmann anrufen, dass die in die Firma kommen soll? Die wird am Samstag ja wahrscheinlich nicht im Geschäft sein, oder?«
Strobl seufzte: »Nein, da arbeiten ja nur so arme Schweine wie wir. Sag mal: Was hast du der Sutter eigentlich versprochen?«
Kluftinger winkte ab: »Ach, nichts Wichtiges. Kümmert euch lieber um die Sekretärin.«
***
Etwa eine Stunde später stand der Kommissar mit Eugen Strobl in den Räumen der Firma »Steinbock-Touristik«. Die Sekretärin war heute etwas dezenter gekleidet und weniger geschminkt, was wohl auch daran lag, dass sie sie direkt aus ihrer Wohnung ins Büro zitiert hatten. Ohne Schminke sah die Frau wesentlich älter und faltiger aus, fand Kluftinger. Von ihrer unsympathischen Erscheinung hatte sie hingegen nichts eingebüßt.
»Also, ich weiß zwar nicht, was ich Ihnen noch zeigen soll, was Sie nicht schon beim letzten Mal gesehen haben, aber Sie müssen es ja wissen«, eröffnete sie genauso wenig kooperationsbereit wie beim letzten Mal das Gespräch.
»Ja, das müssen wir«, erwiderte Kluftinger. Und in seinem sachlichsten Amtston fuhr er fort: »Wir benötigen Einsicht in die Korrespondenz, die Herr Sutter vor seinem Tod geführt hat.«
»Also, ob ich das jetzt gleich finde, weiß ich nicht.«
»Dann sehen Sie doch einfach mal nach.« Kluftinger wollte sich, entgegen seinen Gepflogenheiten, als unbequemer Polizeibeamter präsentieren.
Widerwillig betrat Frau Grenzmann das ehemalige Büro ihres Chefs. Es sah nun etwas anders aus als bei Kluftingers letztem Besuch: Den Tisch zierte ein mit Zigarettenstummeln überquellender Aschenbecher, daneben lag ein roséfarbener Schminkspiegel.
»Würden Sie uns nun die Briefe heraussuchen?«, fragte er ungeduldig.
»Die Briefe oder auch die E-Mails?«
»Zunächst mal die Briefe. Dann sehen wir weiter.«
Gerda Grenzmann setzte sich auf den Schreibtischstuhl und kramte in einer Schublade. Während sie suchte, sah sich Eugen Strobl etwas in dem Büro um, wanderte vor den Aktenschränken hin und her, las wahllos einige der Bezeichnungen, die die Ordner darin trugen. Er zuckte regelrecht zusammen, als die Sekretärin plötzlich mit ihrer schrillen Stimme die Stille durchschnitt: »Was machen Sie da? Sie wollen doch die Briefe sehen. In den Akten werden Sie die nicht finden.«
Kluftinger wurde langsam misstrauisch. Es war offensichtlich, dass ihre Anwesenheit die Sekretärin nervös machte. Während sie die Schublade durchwühlte, blickte sie immer wieder argwöhnisch auf und beobachtete die beiden Kommissare.
»Sagen Sie mal, Frau Grenzmann, wer führt eigentlich die Geschäfte, seit Herr Sutter nicht mehr da ist?«
Dass er das Thema auf die aktuellen Geschäfte lenkte, schien sie einen Augenblick zu verunsichern, dann antwortete sie: »Also, direkt führen tut sie niemand. Ich … ich kümmere mich so um einiges, halte den Laden am Laufen, bis klar ist, was damit geschehen soll.«
Sie klang auf einmal gar nicht mehr so unfreundlich.
Kluftinger wollte gerade nachhaken und fragen, ob sie nun in dem Büro ihres ehemaligen Chefs residiere, da kam sie ihm zuvor: »Da! Da sind sie. Gut, dass ich alles aufgehoben habe.«
Mit diesen Worten reichte sie Kluftinger die Briefe. Es war ein Packen mit etwa achtzig Umschlägen. Kluftinger teilte ihn ungefähr in der Mitte und reichte Strobl eine Hälfte.
»Darf ich fragen, wonach Sie suchen?«, wollte die Sekretärin wissen.
»Ja, das dürfen Sie«, antwortete Kluftinger. Dann widmete er sich wieder seinen Briefen. Die Sekretärin fragte nicht weiter nach.
»Hab ihn!«, rief Kluftinger nach etwa einer Minute konzentrierten Suchens.
Er hielt einen Umschlag hoch und bat Strobl, ihm eine der Plastiktüten zu geben, die sie sich vor
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