Erntemord
gehorchte.
Sie sah während der Fahrt stur geradeaus, spürte aber die strafenden Blicke, die er ihr zuwarf, während er zurück zu seinem gemieteten Haus fuhr.
Schließlich bog er in die Auffahrt ein. Als sie aus dem Wagen stieg, wurde ihr die Stille der Nacht unbehaglich bewusst.
Es schien, als wenn sie die Dunkelheit fühlen könnte.
Als sie zur Hintertür gingen, bemerkte sie, dass er sie noch immer im Auge behielt.
„Ich kann auch nach Hause fahren, weißt du“, sagte sie weich, als er den Schlüssel ins Schloss steckte. „Ich kann mir einfach ein Taxi nehmen.“
Er stand auf der Veranda und schaute sie an. „Großartig. Du tust etwas Dummes, ich werde wütend – und das war’s. Du willst nach Hause.“
„Wenn es dich so wütend macht, sollte ich vielleicht wirklich besser nach Hause fahren“, entgegnete sie.
„Nein, du solltest akzeptieren, dass du vorsichtig seinmusst. Du kannst den Leuten nicht so etwas vor den Kopf knallen. Warum kannst du nicht einfach zugeben, dass du im Unrecht warst, und versprechen, dass du nicht noch einmal so durchdrehen wirst?“, sagte er in noch immer scharfem Ton. „Das wäre viel besser, als fortzulaufen, meinst du nicht auch?“
Fortzulaufen? Von ihm? War es das, was sie versuchte? Endlich hatte sie das gefunden, wonach sie sich gesehnt hatte. Sie hatte jahrelang auf jemanden gewartet, in den sie sich verlieben konnte, und nun …
Sie starrte ihn an. „Okay, es war dumm. Aber sie hat mich so genervt! Es waren vermutlich Menschen wie sie, die vor Jahrhunderten all diese angeblichen Hexen umgebracht haben. Ihr zuzuhören hat mich denken lassen, dass wir es vielleicht noch nicht sonderlich weit gebracht haben und …“
Ihre Stimme verebbte.
„Wir sollten vermutlich hineingehen“, schlug er vor. „Anstatt den Nachbarn ein Spektakel zu bieten.“
Sie war erleichtert, dass sein Ärger schließlich verrauchte und sogar ein amüsiertes Lächeln seine Lippen umspielte.
„Gute Idee“, sagte sie und folgte ihm die Stufen hoch. Eine Lampe brannte im Esszimmer und warf ein sanftesLicht auf die alte rückwärtige Veranda, durch die sie eintraten. Sie sah ihm in die Augen, die fragend und frustriert zugleich blickten, wie ein warmer Strom von Silber und Sturm, und sie konnte nicht anders. Sie lächelte nur und küsste ihn. Sie ließ die Tüte mit ihrer neuen Zahnbürste fallen und die Handtasche zu Boden gleiten und schlüpfte in seine Arme. Sie schloss die Augen. Es war ein entsetzlicher Tag gewesen. Sie wollte nicht an das schreckliche Ende denken, das jene unbekannte Frau genommen hatte. Das Böse in der Welt konnte jeden zu jeder Zeit treffen, doch sie durfte sich den Gedanken daran nicht erlauben, durfte nicht Opfer der Visionen werden, die sie im Hinterkopf mit sich herumtrug.
Sie rang darum, das Wunder dieses Moments festzuhalten, das köstliche Gefühl seines warmen, lebendigen Körpers, der sich an sie drängte, und das süße, erfahrene Necken seines Kusses, der heiß und feucht die intime Leidenschaft ihres letzten Beisammenseins wachrief. Sie lösten sich voneinander und blickten einander an. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und das einzelne Grübchen in seiner Wange vertiefte sich. Sie drückte sich an ihn und war glücklich, gehalten zu werden und seine große starke Hand zu fühlen, die ihren Hinterkopf streichelte. An seiner Brust spürte sie durch die Jacke und das Hemd seinen Herzschlag, und als er ihr Kinn hob, war sie froh, seine Lippen wieder zu fühlen, den neckischen und lockenden Tanz seiner Zunge.
Und dann glitten seine Hände von ihrem Gesicht zu ihrer Kleidung. Zuerst entledigten sie sich ihrer Jacken. Der Rest folgte, als sie in Richtung Treppe steuerten, die zum Schlafzimmer führte. Doch sie erreichten die Treppe nicht, sondern landeten stattdessen irgendwie auf dem Sofa.
Es gibt Dinge, die ich inzwischen schon so gut an ihm kenne, dachte sie, während die Leidenschaft sie gemeinsam dem Höhepunkt entgegentrieb. Dinge, die sie liebte. Die Art, wie er zur gleichen Zeit unbeholfen, lustvoll und unglaublich sexy sein konnte. Oder sein Duft, dezent und einzigartig; der Klang seines Lachens, die Art, wie sein Lächeln verschwand, wenn er sie ansah und die Leidenschaft ihn übermannte. Sie konnte dem Sturm in seinen Augen nicht widerstehen, die wie kalter Stahl brennen konnten. Sie liebte die Art, wie er sie hielt, wie er sich in ihr bewegte, als ob das Überleben der Welt von ihrem Höhepunkt abhing. Sie liebte es, wie er sie,
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