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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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krönende Abschluss des Schlachtfestes werden sollten.
    Das Kellergewölbe war erfüllt vom Surren eines professionellen Messerschleifers. Der Mörder zelebrierte die große Kunst des Schärfens wie eine kultische Handlung. Auf den groben Vorschliff folgte der Hauptschliff, danach der Feinschliff. Dann wurde der Grat reduziert und das Messer an einem Lederriemen abgezogen. Erst als sich mit der Klinge selbst ein Haar spalten ließ, war das Ritual beendet.
    Clementine stand in der Küche und bereitete das Mittagessen vor, während ihre Chefin, Hubertus und Egon-Erwin im Wohnzimmer saßen und den Fall noch einmal Punkt für Punkt durchgingen.
    Sie schnitt Speck in grobe Würfel und dünstete diese in einem großen Topf. Dazu gab sie fein gewürfelte Zwiebeln. Gut zwei Kilo Mufflonfleisch aus der Keule hatte Clementine schon in mundgerechte Stücke geschnitten, scharf angebraten und gepfeffert, um das Fleisch nun zu Zwiebeln und Speck zu geben. Im Anschluss landeten ganze Knoblauchzehen, gewürfelter Sellerie und Karotten mit Fond, Rotwein, Lorbeerblättern, Thymian- und Rosmarinzweigen im Topf. Das Ganze musste anderthalb Stunden schmoren.
    Clementine nutzte die Zeit, um Champignons zu vierteln und in einer Pfanne anzubraten. Die geschälten Maronen waren süßsauer eingelegt und halbiert worden. Nach einer Stunde wurden die Champignons und die Maronen zum Ragout dazugegeben. Den Sud dickte Clementine mit Soßenbinder an und schmeckte alles mit Schmand, angebratenen Frühlingszwiebeln und Preiselbeeren ab. Gehackte Petersilie vervollständigte die Mahlzeit, die mit einer ordentlichen Portion Rosmarinkartoffeln auf den Tisch kam. Dort standen bereits Mineralwasser, eine Flasche Rotwein und zwei eiskalte Bier für Albertine und Egon-Erwin.
    Die halfen Gunnar die Treppe hinunter und setzten ihn an die Stirnseite des Tisches.
    »Lassen Sie sich Zeit, wir haben es nicht eilig.« Albertine log, ohne rot zu werden. Natürlich wollte sie alle Details jetzt und sofort wissen. Das Jagdfieber war entfacht, nicht nur weil sie mittlerweile den Ernst der Lage erkannt hatte, sondern auch weil ihr sportlicher Ehrgeiz geweckt war. Sie wollte diesen Perversling in die Schranken weisen, sie wollte effektiver als die Polizei sein, sie wollte den Dorfbewohner zeigen, dass sie eine von ihnen war. Ganz im Gegensatz zu ihrer Philosophie als Gourmet verschlang sie ihr Mufflonragout mit der Geschwindigkeit eines Bauarbeiters und war als Erste fertig, um mit einem Glas Bier nachzuspülen.
    »Du verblüffst mich immer wieder Albertine. Entweder hat dir das Ragout deiner lieben Clementine nicht geschmeckt, oder du hast noch einen wichtige Termin.« Hubertus wischte sich genießerisch den Mund mit einer Stoffserviette ab. »Wie schmeckt Ihnen denn das Essen, Gunnar?«
    »Hmmmpf«, antworte Gunnar mit vollem Mund und aß sich mit System von rechts nach links durch. Seine Hände zitterten, und manchmal fiel ihm ein Stückchen von der Gabel, weil er seine Koordinationsfähigkeit noch nicht ganz wiedererlangt hatte.
    Egon-Erwin ließ es sich schmecken. Er hatte die Einverständniserklärung bereits zu Papier gebracht und weitere Fotos von dem bemitleidenswerten Entführungsopfer gemacht.
    Kaum hatte Gunnar sich seine letzte Rosmarinkartoffel zitternd in den Mund geschoben, stand Albertine auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Können Sie uns erzählen, was passiert ist, Gunnar? Danach planen wir gemeinsam, wie wir diesem Monster das Handwerk legen können«, sagte sie. »Wenn Sie uns helfen, dann können Sie hierbleiben, und Clementine versorgt Sie. Niemand weiß, dass Sie hier sind, und keiner wird es erfahren. Das verspricht auch Egon-Erwin, nicht wahr, mein neuer Freund?« Sie blickte scharf zu Egon-Erwin, der gerade einen großen Schluck Bier trank, aber beim Absetzen des Glases heftig nickte.
    Gunnar musste lange nach Worten suchen, bis er einen Anfang fand. Er erzählte, wie ihn ein Anruf von der Dorflinde zurück in die Schmiede gelockt hatte. Dort wurde er erwartet und war offensichtlich von hinten angegriffen und mit einem gewaltigen Stromstoß unschädlich gemacht worden. Gunnar berichtete von der Todesangst, die ihn ergriffen hatte. Wie er geglaubt hatte, dass er nun büßen müsse für all die Verbrechen, die er in seinem Vorleben als Kiezgröße begangen hatte. Es war wie eine Beichte im Beichtstuhl, nur hörte kein Priester zu, sondern vier Leute, die ihren Ohren nicht trauten.
    Egon-Erwin fluchte innerlich, dass sein Rekorder in

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