Ernten und Sterben (German Edition)
Lieblingsquelle auf Sylt produziert CO 2 -neutral. Außerdem unterstützt man dort den Kampf der Entwicklungsländer für ein sauberes Trinkwasser.« Sören notierte irgendetwas auf seinem Bestellblock.
»Ich nehm ein Bier«, sagte Egon-Erwin.
»Dem schließe ich mich an«, sagte Albertine.
»Und die andere Hälfte folgt meiner Empfehlung?« Ohne eine Antwort abzuwarten, machte sich Sören schon auf den Weg in die Küche.
Er stellte das Tablett ab und ließ die Gäste sich selbst bedienen. Er hatte Clementine etwas ins Ohr geflüstert, und gemeinsam verschwanden sie in der Küche. Albertine verteilte die Gläser und ergriff das Wort: »Jeder von uns hat eigene Interessen, und es wäre auch sehr seltsam, wenn das nicht so wäre. Aber diese Mordserie ist nicht nur bizarr, sondern auch der Versuch, ein ganzes Dorf zu vernichten oder zumindest an den Abgrund zu bringen. Es ist an der Zeit, dass wir uns verbünden. Deshalb biete ich allen das Du an und hoffe, dass wir uns in der Not helfen.« Bei diesen letzten Worten nahm sie Augenkontakt mit Egon-Erwin auf.
»An mir soll’s nicht liegen«, sagte der, und dann stand auch die Vorspeise auf dem Tisch. Das Thema Serienkiller war jetzt tabu, schließlich wollte sich niemand den Appetit verderben lassen. Kein Wort wurde während des Essens gewechselt. Der Räucherfisch verströmte ein wunderbares Aroma, während die Putenröllchen erst im Gaumen ihre Finesse verrieten.
Dann wurden Kaffee und Tee serviert.
»Mich würde das Motiv dieses Verrückten interessieren. Warum schneidet er vier Leuten den Kopf ab, die nichts miteinander zu tun haben? Nun ja, Gerda und Siegried waren verheiratet. Aber sie war Veganerin, und er liebte ›Bistecca alla fiorentina‹, je blutiger, desto besser. Das sagt ja wohl alles über deren Verhältnis.« Egon-Erwin nippte am Espresso.
»Wenn Sie, also du, das als rasender Reporter nicht weißt. Heißt das, dass Fischliebhaber nicht zum Serienkiller werden, sondern nur die Fleischfreaks?«, fragte Albertine.
»Das ist doch eigentlich egal«, sagte Hubertus. »Wir müssen den Psycho finden und unschädlich machen, ihm alle Morde nachweisen, damit hier endlich wieder Ruhe einkehrt.«
»Wie hat eigentlich das Dorf erfahren, dass ein DNA -Test geplant ist? Da gibt es doch eine undichte Stelle bei der Polizei. Und ich erfahre leider immer nur Häppchen und vermute, dass die Hälfte davon gefakt ist. Wo steckt eigentlich Clementine?« Egon-Erwin sah sich im Gastraum um.
»Die ist in der Küche und macht Sören schöne Augen. Oder die beiden tauschen Rezepte aus oder wie man das nennt.« Albertine hob die Schultern. »Hoffentlich sieht das Anna nicht, sonst war Clementines zweiter Frühling ihr letzter.«
»Sollten wir nicht auch nach Gunnar suchen?«, fragte Hubertus. »Wäre interessant zu wissen, wo er steckt.«
»Der liegt bestimmt wieder besoffen irgendwo im Graben. Unkraut vergeht nicht. Um den mach ich mir keine Sorgen.« Egon-Erwin reckte immer noch den Kopf, um Clementine und Sören hinter der Küchentür zu sehen.
»Aber Gunnar weiß etwas. Und mein Instinkt sagt mir, dass er in Gefahr ist«, sagte Albertine.
Hubertus stöhnte leise auf. »Vielleicht solltest du weniger Kaffee, sondern etwas mehr Tee trinken. Tee regt weniger die Phantasie, sondern mehr den Geist im Menschen an.«
»Du kennst ja nur Weingeist«, sagte Albertine.
»Ich bin also ein Alkoholiker?« Hubertus klang empört und kippte wie zur Bestätigung einen dänischen Bio-Schnaps auf ex.
»Könntet ihr bitte eure Sticheleien ohne mich austragen. Ich fahr jetzt nach Hause und leg mich hin. Hab in der letzten Zeit genug erlebt.« Egon-Erwin stand auf und klopfte zum Abschied mit den Knöcheln dreimal auf den Tisch. Clementine war deutlich in der Küche zu hören, schien aber nicht gewillt, freiwillig herauszukommen. Albertine konnte sie nur zu gut verstehen.
fünf
Der folgende Morgen war wieder ein Farbenspiel, das einem William Turner ebenbürtig war. Ohne Brille verstärkte sich bei Albertine der Eindruck der ineinanderfließenden Farben. Sie liebte diesen Vertreter der Romantik und besuchte jede Ausstellung des englischen Genies. Doch auch mit Brille war der Sonnenaufgang überaus sehenswert. Nur ein Detail störte Albertine. Wieder lagen zwei Beine reglos im rechten Winkel zum Beet mit den Radieschen. Immerhin war der Kopf an der richtigen Stelle, und das breite muskulöse Kreuz gehörte eindeutig nicht zu Hubertus, den Albertine sofort anrief.
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher