Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
Vom Netzwerk:
seinen ersten Lehrherrn, der ihm die Hand absichtlich in die Gasflamme gehalten hatte. Mittlerweile geisterte der Typ mit dem Zwirbelbart durch jede Kochshow und machte auf rheinische Frohnatur.
    »Noch einmal zum Mitschreiben. Hubertus ist nicht mein Liebhaber!« Albertine betonte jedes Wort so überdeutlich, als würde sie mit einem ungezogenen Kind sprechen.
    Wie als Gegenbeweis für ihre Worte nahm Hubertus sie in den Arm und zog sie aus dem verbalen Gefahrenbereich.
    »Lass mich gefälligst los, du halbe Portion. Soll ich dem Bürgermeister erzählen, auf welche Typen ich wirklich stehe?«, fragte Albertine.
    »Lass gut sein. Wir haben genug gehört. Focken hat sich quasi öffentlich geoutet und das Motiv gleich mitgeliefert. Jetzt müssen wir nur noch den Keller finden und die Beweisstücke einsammeln.« Hubertus tätschelte beruhigend den rechten Oberarm von Albertine.
    Doch die hatte sich immer noch nicht abgeregt. »Nimm deine Finger da weg. Du benimmst dich wie ein Teenager, und so jung möchtest du bestimmt nicht noch einmal sein.«
    »Du bist einfach unterzuckert. Lass uns nach Hause gehen, und Clementine taut uns die rote Grütze vom letzten Sommer auf. Stell dir vor: Johannisbeeren, Himbeeren, Kirschen, Erdbeeren, Heidelbeeren, abgeschmeckt mit einem Schuss Erdbeerlikör. Dafür würde ich töten«, sagte Hubertus.
    Albertine stellte sich vor allem Clementines köstliche Vanillesoße auf der roten Grütze vor. »Lass das nicht den Bürgermeister hören. Oder diese beiden Müllers von der Polizei.« Vielleicht fehlte ihr wirklich der Zucker. Auf jeden Fall hatte sie ihr inneres Gleichgewicht und ihr reizendes Lächeln wiedergefunden.
    »Die Grütze solltet ihr unbedingt einmal probieren«, sagte Egon-Erwin, der bereits wieder an Albertines Esstisch saß. Er hatte sich mit seinem altersschwachen Auto einen guten Vorsprung erfahren und war Clementine so lange um den Bart gegangen, bis sie die rote Grütze herbeigezaubert hatte. »Setzt euch, ist genug für alle da.«
    »Warum sieht es hier so aus, als wollten Sie Wurzeln schlagen?«, fragte Albertine.
    Egon-Erwin verdrehte die Augen. »Hast du das Du vergessen?«
    »Aber natürlich nicht. Kommt nicht wieder vor. Also: Warum sieht es hier so aus, als wolltest du Wurzeln schlagen?«
    »Die Redaktion existiert nicht mehr, weil wir Opfer der Staatsmacht wurden. Die Müllers haben uns sozusagen enteignet. Der Redaktionsleiter sitzt wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt in Sicherheitsverwahrung, und da gehört er auch hin. Aber es sieht im Moment nicht so aus, als ob wir das Blatt produzieren können. Das Redaktionssystem funktioniert nicht mehr, nur noch die Druckerei. Wir haben uns jetzt verteilt und schreiben die Ausgabe zu Hause, übergeben die Texte an einen externen Layouter und hoffen, dass wir auf dem Weg wenigstens eine Notausgabe hinbekommen. Kollege Jogi Reus schreibt die Titelseite über diesen Akt der Willkür. Er ist der Einzige von uns, der studiert hat. Er ist klüger als dieser Schirrmacher von der FAZ . Direkt auf Seite zwei folgt mein Artikel mit Neuigkeiten aus Klein-Büchsen. Diesmal dreht sich alles um die Kuh. Ich hoffe, dass ich dir keine Unannehmlichkeiten bereite. Aber irgendwie müssen wir ja weitermachen.« Egon-Erwin stach mit dem Löffel in das Schälchen rote Grütze, das vor ihm stand.
    »Natürlich«, sagte Hubertus. »Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, kannst du jetzt auch nicht mehr ans Archiv der Landeszeitung.«
    Egon-Erwin schüttelte den Kopf. »Nein, kann ich nicht. Und das ist eigentlich das Schlimmste, weil ich die Biografien aller Verdächtigen checken wollte.«
    »Auf meiner persönlichen Hitliste steht jetzt der Bürgermeister auf Platz eins«, sagte Albertine und schöpfte aus der gläsernen Rote-Grütze-Schale.
    »Das würde ich an deiner Stelle auch sagen, aber wir dürfen Matze Hansen nicht vergessen.« Hubertus nickte Clementine zu, die mit der Vanillesoße hereinkam.
    »Das sagst du jetzt auch nur, weil er so hässlich ist«, sagte Albertine. »Hast du denn einen Plan?«
    »Heute mal ohne mich.« Egon-Erwin deutete mit dem Löffel auf Albertine. »Damit du’s genau weißt: Ich brech nirgendwo mehr ein.«
    »Kannst du Gedanken lesen?«, fragte Albertine mit einem Lächeln.
    »Ich brauch keine Gedanken lesen können«, erwiderte Egon-Erwin. »Auf deiner Stirn steht dick und fett ›Keller‹. Weil Matze Hansen in diesem merkwürdigen Bungalow haust, kann es sich beim Mörder also nur um den

Weitere Kostenlose Bücher