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Ernten und Sterben (German Edition)

Ernten und Sterben (German Edition)

Titel: Ernten und Sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter M Hetzel
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etwas einfallslos erschien.
    Beim Nachtisch war Clementine noch unschlüssig. Ihre Wahl fiel auf ein geeistes Quarkmousse mit Fruchtspiegel, weil sie es schon einmal vorbereitet und sich dann doch für frisches Obst entschieden hatte. Doch nun schien ihr der Rotwein im Fruchtspiegel dem festlichen Anlass angemessen, schließlich würden die Morde spätestens heute Abend aufgeklärt sein. Clementine beschloss, sich mehr Zeit bei ihrem Spaziergang zu lassen. Der Killer hatte sie ja hoffentlich als Ziel schon im Visier. Also setzte sie sich auf eine Holzbank, die wohl der Förster gestiftet hatte, so windschief und unbequem, wie sie war.
    Sie versuchte, Egon-Erwin zu erkennen, aber der Hochsitz stand da wie in einem Gemälde aus dem 19. Jahrhundert von Moritz Müller. Fehlte nur noch der röhrende Hirsch. Clementine schloss genießerisch die Augen, bis ihr Handy vibrierte.
    »Psst! Was soll das? Warum rufst du …? Natürlich bleibe ich hier nicht sitzen. Wir haben alle Hunger. Na klar! Es gibt was ganz Besonderes. Versprochen. Ich leg jetzt auf, Hubertus.« Clementine drückte auf den roten Knopf.
    Zu diesem Zeitpunkt ahnte sie noch nicht, dass Hubertus genau in zehn Sekunden auf dem Rücken liegen und ohnmächtig sein würde.
    Clementine stand ein wenig widerwillig auf. Sie war sich ihrer Sache nicht mehr sicher. Wer würde jetzt auftauchen? Der Bürgermeister? Der Killer? Oder ein und dieselbe Person?
    Als sie den großen Findling erreichte, lag Hubertus gut verpackt auf dem Boden. Er war mit Kabelbindern gefesselt worden und nun bewegungsunfähig. Sein Handy lag zertrümmert im Staub. Nur Hubertus selbst schien friedlich zu schlafen, wenn sie den entspannten Gesichtsausdruck richtig deutete. Neben ihm stand ein großer Mann in einem Kapuzenumhang und mit einer Maske vor dem Gesicht, die Clementine schon einmal im Fernsehen gesehen hatte. Einen kurzen Moment stellte sich bei ihr eine Art Angstgefühl ein, dann setzte sie alles auf ein Gespräch. Reden würde ihr Zeit verschaffen.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie.
    Natürlich bekam Clementine keine Antwort. Stattdessen machte der Mann einen großen Schritt nach vorn und sie wich instinktiv zurück.
    »Sie sind nicht der Bürgermeister«, sagte sie.
    Er nickte einmal.
    »Sie können mich verstehen, das ist ja schon mal ein Fortschritt.« Clementine entdeckte ihr Selbstbewusstsein wieder. »Deshalb interessieren Sie auch nicht die Gerüchte hier im Dorf?«
    Wieder nickte er.
    »Dann sagen Sie mir doch ganz einfach, was das alles hier soll?
    Er schüttelte den Kopf unter der Kapuze.
    »Aber Sie haben schon vier Menschen auf dem Gewissen …«
    Er nickte viermal zur Bestätigung.
    »Wenn wir lange genug warten, kommt vielleicht noch die Polizei vorbei, und alles hat ein Ende.«
    Albertine stand im Stall, der zum alten Postgebäude gehörte, und beobachtete den Innenhof. Clementine könnte sie nur dann sehen, wenn sie sich zu dem Hengst in die Box traute, um aus dem Stallfenster zu schauen. Aber Black Beauty wirkte heute sehr unruhig, vielleicht weil ihm Pia fehlte oder Focken ihn nicht ausreichend mit Futter versorgt hatte. Überall standen große Eimer mit Kraftmineralfutter herum, aber Albertine konnte den Hengst nicht mit Nahrung beruhigen, dafür war sie selbst viel zu nervös.
    Immer wieder überprüfte sie den Elektro-Taser, ließ das Display des Handys aufleuchten und verstand nicht, warum der Bürgermeister nicht auftauchte. Albertine musste ihre innere Unruhe in Bewegung umsetzen und beschloss, sich den Stall näher anzusehen. Leere Pferdeboxen, so weit das Auge reichte. Neben dem gewaltigen Hengst stand hier nur noch ein kleines Pony, auf dem Pia wahrscheinlich das Reiten gelernt hatte. Albertine folgte dem Innengang und bewunderte in der letzten Box ein idyllisches Stillleben. Der Stallbursche hatte es sich auf einer Pferdedecke auf dem Heu bequem gemacht und hielt eine Kornflasche im Arm, in der noch immer ein schmaler Rest dümpelte. Er entsprach ganz dem Beuteschema von Albertine. Dunkelhaarig, muskulöser Oberkörper in einem Feinripp-Shirt, enge Jeans und schwere Stiefel an den Füßen.
    Gefühlvoll nahm sich Albertine die Schnapsflasche und leerte sie in einem Zug.
    »Was treiben Sie auf meinem Grundstück?«, tönte es da vom Eingang des Stalls.
    Albertine konnte gerade noch die Tür der Pferdebox schließen, um sich dem Duell mit ihrem Erzfeind zu stellen. In großen, schweren Schritten kam Focken auf sie zu und hielt die Mistgabel wie ein

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