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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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›Gra bungsarbeiten – Betreten verboten‹ ignorierte ich geflis sentlich. Neben dem Sandhügel aus aufgelockertem Mut terboden war eine rechteckige Grube von etwa 20 Qua dratmetern erkennbar. Sie war an der tiefsten Stelle erst wenige Dezimeter tief und terrassenförmig angelegt. Auf grund des geringen abgetragenen Volumens vermutete ich hier die neue Ausgrabungsstelle, die Professor Müller nach dem Artefaktefund angeordnet hatte.
    Ich lief quer über den Acker, um schnellstmöglich zum nächsten Sandhaufen zu kommen. Die dazugehörige Gru be war in der Fläche etwa doppelt so groß wie die andere und an der tiefsten Stelle fast zwei Meter tief. Am Rand konnte man deutlich mehrere Bodenschichten ausmachen, die ich allerdings wegen fehlenden Fachwissens nicht zu ordnen konnte. Man konnte durch die terrassenartigen Stufen auch ohne Leiter mühelos bis zur tiefsten Stelle gelangen.
    Ich ersparte mir dies und konzentrierte mich auf das Blechhäuschen, welches direkt neben diesem Sandhügel stand. Als Fundament dienten ein paar Waschbetonplatten. Die Schiebetür war mit einem primitiven Vorhängeschloss gesichert. Ich schaute mich kurz nach allen Seiten um und zog dann hastig einen Schlüsselbund aus der Hosenta sche. Wenn ich diese rund drei Dutzend Schlüssel ver lieren würde, könnte ich meinen Abschied nehmen. Mit dieser Sammlung von Generalschlüsseln konnte ich fast alle Schlösser ohne nachweisbare Spuren öffnen.
    ›Pffffft‹.
    Im gleichen Moment, in dem ich das mir hinlänglich be kannte Pfeifen wahrnahm, warf ich mich instinktiv auf den Boden. Mit einem dumpfen Knall drang das Geschoss in das Blech der Hütte ein. Der Fluglinie nach kam es entweder von einem der Höfe oder dem alten Bahndamm, in etwa aus dem Busch, in dem ich gestern mit Becker gesteckt hatte.
    ›Pffffft‹.
    Wieder schlug ein Geschoss ein. Ich lag nach wie vor auf dem Boden mitten im freien Feld, sozusagen auf dem Präsentierteller. Der nächste Acker mit hochgewachsenem Sudangras war zu weit weg, um mir Deckung bieten zu können. Mit zwei, drei Sätzen sprang ich in Hasenmanier hinter das Blechhäuschen. Zum Glück folgte kein weiteres Pfeifen mehr. Ich rief mir die beiden Einschusslöcher in Erinnerung. Knapp daneben – das konnte man hier ver dammt relativ sehen. Zum Glück hatte der Schütze bei de Male über einen Meter danebengeschossen. Dies war wieder eine Frage der psychologischen Ambivalenz: War es kein Scharfschütze, der sein Bestes gegeben hatte, oder war es ein Scharfschütze, der mit Absicht danebengehal ten hatte?
    Nun, wie auch immer, nur Helden in irgendwelchen Krimis würden in meiner Situation um die Ecke lugen, um nachzuschauen, ob die Luft rein ist. Ich war kein Held und nicht lebensmüde. Ich dankte dem Erfinder des Mobiltele fons und schaltete es ein. Scheiße, ein Funkloch! Und das mitten in der dicht besiedelten Vorderpfalz. Vielleicht lag es ja schlicht an den Eisenbahndämmen zu meinen beiden Seiten, die die Funkwellen abschotteten. Mir fiel noch et was ein. Hatte nicht Professor Müller angeblich von just dieser Stelle hier die Polizei angerufen, nachdem Becker die Leiche gefunden hatte?
    Ich saß unentschlossen mehrere Minuten lang hinter der Baracke, als ich einen Hund kläffen hörte. Sekunden später tauchte Vollbart mit seinem Fahrrad auf. Da sein Vierbeiner mich längst erschnüffelt und angeschlagen hat te, entdeckte er mich sofort.
    »He, was mascht denn du do im Dreck?«
    »Schnell, machen Sie sich auf den Weg zum Bahnhof. Man hat auf mich geschossen. Rufen Sie von dort aus bitte schnell die Polizei.«
    »Gschosse, do in unserem kleene Kaff? Des kann ich mer gar net vorstelle. Du bischt doch ähn Bolizischt, gell? Warum rufscht denn die Kollesche net selwer a?«
    »Mensch, haben Sie nicht verstanden? Sie befinden sich in Lebensgefahr! Hauen Sie ab und verständigen die Polizei!«
    »Jo jo, is schunn rescht«, unterbrach mich der Vollbart beleidigt und radelte unbehelligt von dannen.
    20 Minuten können schon recht lang werden. Ver dammt lang sogar, wenn nichts passiert. Dann kamen sie von allen Seiten.
    Eine Streife fuhr auf dem gleichen Weg her, auf dem ich vorhin gekommen war. Ich stand auf und winkte den Beamten zu, immer darauf achtend, meine Deckung nicht aufzugeben.
    »Ach Sie sinds, Herr Palzki«, rief mir ein nicht näher bekannter Kollege durch das geöffnete Fenster zu.
    »Wir dachten schon an einen Scherz. Was ist denn pas siert?«
    »Jemand hat auf mich geschossen, aus Richtung Mut

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