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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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ist in Ihrem Fall Freizeit? Die Behandlung der Polen?«
    »Ganz recht, dort bin ich als freier medizinischer Bera ter tätig. Das ist quasi mein Hobby. Also Freizeit.«
    »Ein gut bezahltes Hobby, nehme ich an.«
    »Da können Sie durchaus recht haben, Palzki. Meist behandle ich aber nur Kleinigkeiten wie Seitenstrangan gina oder Hitzschlag. Selten ist mal ein Blinddarm oder ein Herzinfarkt dabei.«
    Er lachte wieder wie Frankensteins Erzieher.
    »Das meinen Sie jetzt aber nicht im Ernst, Metzger, oder?«, fragte ich ungläubig und zugleich verwundert nach.
    »Sehen Sie, jetzt habe ich ein Späßchen gemacht.«
    Er winkte ab.
    »Nein, einen Appendix vermiformis habe ich schon lan ge nicht mehr rausgeholt. Für so was hab ich kein Händ chen. Das ging schon früher immer in die Hosen.«
    Diesmal ersparte ich mir, über die Ernsthaftigkeit seiner Aussage nachzudenken.
    »Okay, Sie Meisterschnippler. Dann behalten Sie das alles mal sehr vertraulich für sich.«
    »Klar, Chef. Wobei ich nicht weiß, wie das die ande ren machen.«
    »Welche anderen?«
    »Äh, also da wären im Umkreis diverse Rettungsdiens te, freiwillige Feuerwehren, dann Berufsfeuerwehr und noch einige mehr.«
    »Und die haben das alles mitgehört?«
    »Wenn sich Ihre Polizeikollegen per Funk darüber un terhalten haben, und das haben Sie definitiv, dann können die das alle mitgehört haben. Doch wenn demnächst auf di gital umgestellt wird, wird es damit vorbei sein. Dann müss te ich mir von Ihnen den Zugangscode geben lassen.«
    »Na, da müssen wir dann noch mal ein Wörtchen drü ber reden. So, ich werde dann mal heimfahren. Machen Sie es gut, Herr Doktor!«
    »Sie auch, Herr Kommissar. Passen Sie auf, dass nie mand auf Sie schießt!«
    »Kein Problem, ich weiß ja zum Glück, wen ich dann anrufen kann, oder?«
    »Stets zu Diensten, Herr Kommissar. Gewehrkugeln operiere ich Ihnen zum Sonderpreis wieder heraus. Sie können dabei sogar zuschauen, wenn Sie wollen.«
    Lachend verabschiedete er sich und brauste mit seinem Notarztwagen davon.
    Ich stieg ebenfalls in meinen Wagen und fuhr los. Mein erstes Etappenziel war mein Haus. Unser Haus. Ohne Mampf kein Kampf, wie ein Kollege von der Verkehrs polizei zu sagen pflegte, als er mit Sondersignal und ei nem Berg Fast Food auf dem Beifahrersitz im Hof der Inspektion erschien.
    Ich machte es kurz. Ich warf die Bratwürste, die ich mir beim Waldfest mitgenommen hatte, in die Mikrowel le. Mangels Brot aß ich als Beilage ein Paar Eierwaffeln, die ich noch im Schrank fand. In fetten Lettern prangte der Werbespruch ›mit 35 Prozent frischen Eiern‹ auf der Verpackung. Ich überlegte, ob die restlichen 65 Prozent vielleicht faule Eier waren. Wie dem auch war, es schmeck te abscheulich zu den Bratwürsten. Zum Glück war mein Magen einiges gewohnt.

13
    Ob mein Vorhaben an einem Sonntagnachmittag über haupt Sinn machte? Es ging zwar nur um schlichte Ermitt lungsfragen, ich war mir aber nicht sicher, ob ich im Mu seum heute kompetente Ansprechpartner antreffen wür de. Dass ich die Bundeslandgrenze überschreiten musste, machte mir in diesem Fall nichts weiter aus, schließlich ging es ja nicht um personenbezogene Dinge.
    Den Weg zur B 9 in Richtung Ludwigshafen fand mein Dienstwagen mittlerweile automatisch. Die meisten Au tofahrer denken, dass die B 9 bis nach Ludwigshafen führt. Doch das ist ein Trugschluss. Kurz vor dem Orts teil Rheingönheim knickt sie am gleichnamigen Schnellstraßendreieck in einer weitläufigen Tangente um Ludwigshafen herum nach Frankenthal ab. Blieb der Auto fahrer auf der Strecke nach Ludwigshafen, wurde aus der B 9 urplötzlich die B 44. Ich folgte also der B 44 in die zweitgrößte rheinland-pfälzische Stadt und gelangte zur schnurgeraden Saarlandstraße, die in unmittelbarer Nähe am Südweststadion vorbeiführt. Das Südweststadion war ein stadtplanerisches Mysterium. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg mit Bauschuttlieferungen aus dem benachbarten Mannheim erbaut, war es eines der ersten Großstadien der jungen Bundesrepublik. Hier fanden Fußballländerspiele mit teilweise über 93.000 Zuschauern statt. Heute wird das Gelände für Vereinsarbeit, für die Bundesjugendspiele der umliegenden Schulen und ab und zu für ein Open-Air-Konzert genutzt und verfällt zusehends.
    Inzwischen war ich auf der Auffahrt zur Konrad- Adenauer-Brücke, im hiesigen Volksmund alte Rhein brücke genannt, angekommen. Es war die erste perma nente Rheinüberquerung, die nach dem Krieg wieder die

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