Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
seinen nordischen Samen eingepflanzt? Wenn ja, machte es sie nicht glücklich. Wuffa glaubte kaum, dass ihre Leute sie mit einem Barbarenbalg an der Brust wieder bei sich willkommen heißen würden.
    Und Ulf zog sich von ihr zurück. Jetzt, wo er sie erobert hatte, wo sie krank war, zeigte er kein Interesse mehr an Sulpicia. Seine Kälte machte Wuffa noch wütender. Er würde sich nicht so verhalten, wenn das Kind seinen Lenden entstammte, wenn Sulpicia sein wäre.
    Die unter der Oberfläche brodelnde Gewalt wirkte sich auf sie alle aus. Wuffa und Ulf gerieten sogar einmal mit den Fäusten aneinander; Anlass war ein belangloser Streit über den besten Weg, einen Fluss bei einer zerstörten Römerbrücke zu überqueren.
    Schließlich nahm Ammanius Wuffa und Ulf beiseite. »Ich habe euch beide wegen eurer Muskelkraft angeheuert, aber dabei schwebte mir kaum vor, dass ihr aufeinander losgeht. Vergesst nicht, dass ich euch bezahle. Versucht, mit dem Kopf zu denken und nicht mit dem Schwanz.«
    Allerdings hatte der Bischof selbst am meisten zu den Spannungen in der Gruppe beigetragen. Mit seiner übel zugerichteten, blutigen und schmerzenden Nase schrie er die Novizen, Wuffa und Ulf und sogar
die Pferde an, wenn sie scheuten. Wuffa erkannte, dass Ammanius eigentlich wütend auf sich selbst war, wegen seines Verhaltens in jener Nacht in Bebbanburh. Aber wie alle Menschen war er ein Gefangener seiner eigenen Schwächen, dachte Wuffa.
    So näherte sich die kleine, meist schweigsame Gruppe schließlich Banna. Hier, nicht weit von seinem westlichen Ende, verlief der Wall über einen hohen Kamm, von dem aus Wuffa das hügelige Land im Norden erkennen konnte, und im Süden schlängelte sich ein Fluss durch ein tiefes, bewaldetes Tal.
    Ein kleines, schäbiges Dorf anglischer Bauern kauerte sich ein Stück vom Kastell entfernt an den Nordhang. Gleich nach ihrer Ankunft führte Ammanius seine Gruppe zu dem Dorf, rief furchtlos den Häuptling herbei und verlangte zu erfahren, ob der Mann etwas über diesen »letzten Römer« wisse. Wuffa und Ulf hatten stockend für ihn übersetzt, denn diese Angeln verstanden kein Latein, und Ammanius konnte mit Sicherheit kein Germanisch.
    Ja, sagte der anglische Bauernkrieger, er wisse alles über Ambrosias, den letzten Römer. Tatsächlich hätten er und seine Leute den alten Mann jahrelang am Leben erhalten.
    Die Angeln waren von ihren Königen ermuntert worden, sich hier anzusiedeln. Sie hatten sich entschieden, nicht in dem alten Kastell zu leben, pflegten es aber nach zurückgelassenem Werkzeug, Münzen und sogar Schmuckstücken zu durchstöbern, dem Abfall der Jahrhunderte.

    Und in Banna hatten sie Ambrosias gefunden. Die Familie des alten Mannes hatte generationenlang in der Stadt gelebt, die in den Ruinen der Festung entstanden war. Bei der Ankunft der Angeln hatten seine Angehörigen ihre Siebensachen gepackt und waren fortgegangen; der Bauer wusste nicht, wohin, und es interessierte ihn auch nicht. Der störrische alte Mann war allein hier geblieben, wo er im Erdreich einer kleinen Landparzelle innerhalb der Mauern der Festung scharrte. Er war großartig, auf seine zerbrechliche Weise. Er hatte sogar seinen rostigen Handpflug erhoben und gedroht, jedem stämmigen Angeln, der ihn aus seiner Festung zu vertreiben versuchte, den Schädel einzuschlagen.
    Aus irgendeinem Impuls heraus duldeten die Angeln den alten Mann. Sie teilten sogar ihr Bier mit ihm. Als Ammanius das hörte, gratulierte er den Bauern zu einer christlichen Großzügigkeit, die bei einem »arschhaarigen Heiden« überraschend sei. Wuffa wusste jedoch, dass man angesichts der mächtigen Ruinen der Römer leicht Ehrfurcht empfinden konnte. Vielleicht war der alte Mann vom Wall den zum Teil gerade erst übers Meer gekommenen Angeln wie ein Relikt vergangener Zeiten erschienen, ein lebendiger Geist. Möglicherweise hatten sie sogar versucht, die Götter des Walls günstig zu stimmen, indem sie ihn am Leben erhielten.
    Aber das gehe nun schon seit fünfzehn Jahren so, murrten die stämmigen Bauern, und der alte Mann wolle noch immer nicht sterben.

    Sie betraten das Kastell. Es war ein sehr altes Bauwerk, überwuchert von Gras und Unkraut. Auf den ordentlichen rechteckigen Fundamenten verschwundener Steinbauten hatte man Hallen aus Holz und Flechtwerk errichtet, aber selbst diese späteren Hütten waren bereits wieder im Erdreich versunken, aus dem sie entstanden waren. Das Kastell war jedoch nicht völlig

Weitere Kostenlose Bücher