Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Frau dazu bringen, plötzlich germanische Wörter hervorzusprudeln?
    »Und hat sie von der Zukunft gesprochen? War es wirklich eine Prophezeiung?«, fragte Sulpicia.
    »O ja, Nennius und die anderen, die bei ihr waren, haben es sofort als eine solche erkannt. Sie haben sie niedergeschrieben, und seither ist sie von meiner Familie bewahrt worden, hier an diesem Ort.«

    »Und was hat sie gesagt?«, drängte Ammanius.
    Ambrosias seufzte und genehmigte sich noch einen Schluck anglisches Bier. »Ich werde es euch schon erzählen. Morgen sprechen wir über die Vergangenheit und die Zukunft und ähnlichen Unsinn. Aber jetzt wollen wir von anderen Dingen reden. Ich bin hier unter analphabetischen Germanen gestrandet und lechze nach gebildeter Konversation. Ihr seid müde – und wenn nicht, ich bin es –, und die meisten von uns sind ein bisschen betrunken von diesem schaumigen Bier, glaube ich.« Dabei sah er Ammanius an, und der Bischof erwiderte seinen Blick mit finsterer Miene.
    Ambrosias wandte sich an Ulf und Wuffa. Vom ersten Augenblick an schienen ihn die beiden jungen Männer weitaus mehr interessiert zu haben als der Bischof oder das Mädchen, obwohl er keine Spur von Ammanius’ Laszivität an sich hatte. Ambrosias fragte sie, woher sie kämen, und sie versuchten es ihm zu erklären, obwohl das Fehlen einer gemeinsamen Geografie ein Problem darstellte: Für Ambrosias waren sie beide einfach nur Barbaren aus fernen Ländern außerhalb des alten Imperiums.
    »Und nun seid ihr hier«, sagte Ambrosias, »an der Westküste Britanniens, so fern von eurer Heimat.«
    »Mein Volk ist wegen des Meeres nach Britannien gekommen«, sagte Wuffa. »So hat mein Vater es mir erzählt. Jedes Jahr wurden die Fluten höher. Die Strände und Klippen wurden weggewaschen. Wir mussten unsere unter Wasser stehenden Höfe verlassen. Aber wir konnten nirgendwohin, denn das Land war voll.«

    »Und darum habt ihr den Ozean überquert. Das Meer steigt, und wir kleinen Menschen müssen fliehen. Verglichen mit solchen Kräften scheint das Kommen und Gehen von Imperien belanglos zu sein – meint ihr nicht? Aber es könnte noch tiefer reichende Muster geben.« Ambrosias beugte sich nah zu den beiden jungen Männern und sah ihnen aufmerksam ins Gesicht. »Ich bin einmal einem alten Mann begegnet, einem armen Britannier, der vor den Angeln nach Westen geflohen ist, und der hat mir eine uralte Sage erzählt – sie muss jahrtausendealt sein, wenn sie überhaupt wahr ist –, dass man einmal über den Ozean laufen konnte, oder vielmehr über den Boden dessen, was jetzt der Ozean ist. Aber dann stieg das Meer. Wenn man im freiliegenden Sand an der Küste gräbt, findet man manchmal Rentierknochen, ja sogar das ein oder andere Werkzeuge aus Stein. Glaubt ihr, dass wir alle eins sind, wir Völker aus den Ländern um den Ozean herum, dass ihr in gewissem Sinn keine Einwanderer, sondern einfach nur Heimkehrer seid?«
    Dieser Gedanke verblüffte Wuffa. »Aber wie könnte man jemals herausfinden, ob das zutrifft?«
    Ammanius stimmte mit einem widerwilligen Nicken zu. »Eine intelligente Antwort. Wenn ich genug Zeit hätte, könnte ich einen Gelehrten aus dir machen, Wolfsjunge.«
    Ulf, wie immer bodenständiger als Wuffa, interessierte das Ganze nicht. »Bei uns gibt es keine Sagen von im Wasser versunkenen Ländern. Meine Leute sind Krieger.«

    »Ach, Krieger«, sagte Ambrosias. »Der Welt mangelt es nie an Kriegern! Als ich noch klein war, hat mich mein Vater dem größten aller Krieger vorgestellt. Habt ihr jungen Draufgänger schon mal was von Artorius gehört?«
    Das hatten sie nicht. Ambrosias schien schockiert zu sein.
    Als die germanischen Einwanderer von ihren Küstenstellungen ausgeschwärmt seien und es überall auf der Insel Konflikte gegeben habe, erzählte ihnen Ammanius, hätten die Britannier in Artorius einen General gefunden, der die Autorität besessen habe, über die Grenzen der Provinzstaaten hinweg einen bemerkenswerten Widerstand zu organisieren. Er habe eine ganze Reihe von Siegen errungen.
    »›Artorius‹ war möglicherweise ein Spitzname – es bedeutete ›der Bärenmann‹, vielleicht ein Hinweis auf seine Körpergröße. Angeblich war er der Neffe des letzten römischen Befehlshabers, der auf seinem Posten in Britannien verblieben war. All dies geschah ein Jahrhundert nach dem Abzug der Römer«, sagte Ammanius. »Artorius sorgte dafür, dass eine Generation lang Frieden herrschte. Aber das Einzige, was er seinem

Weitere Kostenlose Bücher