EROBERT VON EINEM ITALIENISCHEN GRAFEN
praktische Hilfe in einerunbedeutenden Angelegenheit.“
Alessio trank einen Schluck Kaffee. „Du bittest mich doch hoffentlich nicht, Paolo nach Rom zurückzuholen? Wie ich höre, macht er in London Fortschritte.“
„Das ist Ansichtssache“, meinte sie eisig. „Außerdem kommt er ohnehin demnächst her, um die Ferien mit mir zu verbringen.“
„Das gefällt dir nicht?“ Er kniff die Augen zusammen. „Du beklagst dich doch häufig darüber, dass du deinen Sohn nicht oft genug siehst.“
Nach einer Pause erklärte die Tante gezwungen: „Er kommt nicht allein.“
„Na und? Mein Cousin ist kein kleiner Junge mehr.“
„Genau!“ Signora Vicente goss sich Kaffee nach. „Er ist alt genug, um zu heiraten. Und es war, wie du weißt, schon immer der Wunsch beider Familien, dass er Beatrice Manzone zur Frau nimmt.“
Alessio runzelte die Stirn. „Ich weiß, dass darüber gesprochen wurde, als die beiden noch Kinder waren. Aber jetzt sind sie erwachsen. Situationen ändern sich, Menschen ändern sich.“
„Du nicht, wie es scheint.“ Sie warf ihm einen abfälligen Blick zu. „Du mit deinen Yachten und schnellen Autos – deinem Glücksspiel und den Frauengeschichten.“
„Ja, ich bekenne mich schuldig, liebe Tante, aber du bist doch nicht hier, um über meine mannigfachen Fehler zu diskutieren, oder?“ Er schwieg, bevor er weitersprach. „Paolo hat also eine Freundin. Das ist keine Todsünde, und wie ich weiß, ist das Mädchen nicht seine erste Geliebte. Wahrscheinlich wird er noch viele haben, bevor er sich endgültig häuslich einrichtet. Was ist denn nun dein wahres Anliegen?“
„Signor Manzone, mein guter alter Freund, wünscht die Zukunft seiner Tochter gesichert zu sehen. Und das bald.“
„Möchte Beatrice das auch?“
„Sie hat Paolo schon immer vergöttert.“
Alessio zuckte die Schultern. „Dann wird sie vermutlich bereitsein zu warten, bis er sich die Hörner abgestoßen hat.“
„Ihr Glück, dass sie nicht auf dich wartet.“ Signora Vicentes Tonfall klang eisig.
„Und auch mein Glück“, fügte er sanft hinzu. „Die junge Dame ist mir viel zu süß.“
„Schön zu hören. Bisher wusste ich nicht, dass du eine närrische junge Frau von der nächsten überhaupt unterscheidest.“
Bemüht ruhig erwiderte er: „Mein Vater war auch kein Heiliger, bis er meine Mutter heiratete. Das weißt du doch noch über deinen Bruder, oder?“
„Ich bin schließlich nicht senil“, gab Signora Vicente aufgebracht zurück und fügte dann weniger bissig hinzu: „Wir sollten uns nicht streiten, Alessio. Du führst ein völlig freies Leben, bist absolut ungebunden; Paolo hingegen hat … Verpflichtungen. Man muss ihn dazu bringen, diese zu akzeptieren. Je eher er seine Affäre beendet, desto besser.“
„Vielleicht sieht er das anders. Vielleicht sind sie verliebt.“
„Das Mädchen passt überhaupt nicht zu ihm. Eine kleine Dirne, die er in einer Londoner Bar aufgegabelt hat. Sie hat weder Familie noch Geld.“
„Beatrice hingegen verfügt über beides“, ergänzte Alessio trocken. „Vor allem über Geld.“
„Das mag für dich bei der Wahl einer Frau nicht ins Gewicht fallen“, meinte die Tante energisch. „Für Paolo schon.“
„Außer ich breche mir beim Polospielen das Genick und er beerbt mich. Eigentlich solltest du über meine Vorliebe für riskante Sportarten begeistert sein, Tante Lucrezia.“
Ihre Augen funkelten. „Das brauchen wir nicht zu berücksichtigen. Paolo kann es sich nicht leisten, ein hübsches Nichts von einem Mädchen zu heiraten. Er ist ja nur ein kleiner Angestellter der Arleschi Bank. Du bist immerhin der Direktor.“
„Seine Freundin ist also hübsch“, überlegte Alessio laut. „Aber das muss sie natürlich, wenn sie kein Vermögen hat. Vielleicht ist sie ja sogar eine Schönheit, diese …?“
„Laura Mason“, ergänzte Signora Vicente kalt.
„Laura … Wie die junge Frau, in die sich unser großer Dichter Petrarca auf den ersten Blick leidenschaftlich verliebte. Hoffentlich ist das kein schlechtes Vorzeichen“, fügte er hinzu und lächelte seine Tante breit an.
„Ich verlasse mich darauf, dass du es nicht dazu kommen lässt, mein Lieber“, konterte sie.
„Ich soll meinem Cousin eine Predigt über seine Pflichten der Familie gegenüber halten?“ Alessio lachte schallend. „Er würde mir bestimmt nicht zuhören.“
„Ich erwarte weit mehr von dir: dass du Paolos kleine Romanze beendest.“
„Und wie soll ich das
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