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Eros und Asche

Eros und Asche

Titel: Eros und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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seien fünfzig oder achtzig Euro irgendeine Summe und der Grund, nicht weiterzureden, wenn es sein müsste, bis alle Energien des kleinen Geräts erschöpft wären, aber das Zögern und ausweichende Antworten erschöpfte nur M.s Energien. Du musst nicht, sagte er schließlich, und da erfand der schreibende Freund, als sei er dem anderen noch eine Geschichte schuldig, die Fortsetzung des Abendessens mit Mutter und Kind. Ihm war nicht wohl dabei (so wenig wie beim Aufschreiben dieser Geschichte, die einem Fremde abends in Bars erzählen, mehr traurig als stolz), aber ein Wort gab das andere. Ich sei dann hinter der jungen Mutter mit viel Abstand hergegangen, keine leichte Sache bei dem Gewühl in den Straßen, rief ich. Und das bis zu einem Wohnhaus mit vielen Etagen, in allen nur Kerzenlicht, ein Schimmer in den dunklen Fenstern (sein Wertlegen auf Details kam mir entgegen); und vor dem Haus gerade der Tankwagen mit Frischwasser für die Bewohner und seinem lauten Generator, um es nach oben zu pumpen. Und trotzdem, sagte ich, war ein Gemurmel und Gelache zu hören an jeder offenen Tür in dem finsteren Treppenhaus, weil ja alle wussten, was der Ausländer wollte, und ganz oben gab die Frau ihr Kind ab und führte den Mann, der sie zum Essen eingeladen hatte, in eine Kammer mit Bett und Kerze. Und der knochige Hund, rief M. dazwischen, als hätte er gar nicht zugehört oder das Ganze durchschaut, gibt’s den noch auf dem Stuhl? Er lachte und hustete, es schien für ihn alles eins zu sein, was da aus Havanna zu ihm nach Berlin drang – eine schöne Scheiße, in der sich der Freund da bewegte, und ich sagte, es gebe ihn noch, und wie es ihn gebe: wenn ich den Arm ausstreckte, könnte ich ihn streicheln, worauf er mich bat, das für ihn zu tun, jetzt gleich, nachdem wir aufgelegt hätten – Das war’s, rief er, danke, Schluss! Und dann knackte es, das kam von seiner Seite, während ich schon den Arm streckte, aber mehr auch nicht.

24
    Erneut glühendes Sommerwetter, wie ein blendender statt dunkler Tunnel, durch den man taumelt. Und am frühen Nachmittag schon ein Sturm auf die Plätze vor den Leinwänden in Parks oder Lokalen. Ab sechzehn Uhr sind Vater und Mutter auf Wunsch der Tochter, die einen Fahnenrock trägt (der Sohn ist bei Freunden) im brechend vollen NYC, einst Frankfurter Wirtschaft mit Frühschoppen am Sonntag, inzwischen ein Lokal mit Beamer und einer Musik, die alles erzittern lässt und erst bei Spielbeginn abgestellt wird. Die ersten Minuten nur nervöses Gerenne und ein Kommentator, der die fremden Namen ausspricht, als klapperten Gauchosporen mit, bis das Hurra im Raum ihn übertönt, obwohl die Abwehr das Spiel zu ersticken droht. In der Pause steht es noch null zu null, die Eltern des Mädchens im Fahnenrock bestellen alkoholfreies Bier; auch bei der Hymne hatten sie nicht mitgesungen, aus altem Prinzip. Und kurz nach der Pause, in der Neunundvierzigsten steht es plötzlich null zu eins nach Eckball, wie eine Ohrfeige von der Seite, und es wird ruhiger im NYC, leider, denn nun schlägt erst recht die Stunde des Kommentators, er nennt die Schwächen, er zeigt die Auswege auf. Und das Spiel wird zum Gebolze, aber die Mannschaft, der das Hurra galt, verliert nicht den Faden; völlig unerwartet in der Achtzigsten der Ausgleich, als Abschluss einer Kopfballstaffette. Der Jubel erfasst auch die Nüchternen, Popcorn fliegt durch die Luft, die Tochter tanzt auf dem Tisch, Geschirr geht zu Bruch, allein die Bedienungen behalten die Übersicht. Wir bestellen nun richtiges Bier, während die Musik wieder stampft bis zum Beginn der Verlängerung, und da merkt man schon gleich, wer die größeren Reserven und die größere Ordnung hat, immer noch zu spielen versucht, und trotzdem fällt kein Tor mehr; das Mittelfeldgestrüpp ist entzweigerissen, die Argentinier jetzt eindeutig kopfloser als der Gegner, nur noch beim Mauern finden sie sich, und so kommt es zum Elfmeterschießen. Keinen hält es mehr auf dem Stuhl, der Kommentator redet ins Nichts, das Publikum ist sein eigener Herr. Die Schützen sind bleich, jeder Treffer ein erhörtes Gebet, bis ein Zettelchen in die heimische Torwarthand wandert, und das gute alte Lesen wieder eine Rolle spielt, mit dem Ergebnis, dass ein Ball nicht landet, wo er hätte landen sollen – zu unseren Gunsten, wie man weiß. Und der Rest ist auch bekannt, der lesende Torwart verhindert einen weiteren Treffer und ist der Held des Tages oder überhaupt dieser Tage – an die

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