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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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machen.
    Wenn es aber, aus welchen Gründen auch immer, ihren Partner lieber selbst wählt, ist es vorteilhafter, den Zeitpunkt geheimzuhalten. 34 Diese Überlegung hat mehrere Varianten. Sarah Hrdy war der Ansicht, ein unspektakulärer Eisprung trage dazu bei, Kindesmord zu verhindern: weder Ehemann noch Liebhaber wüßten, ob ihnen Hörner aufgesetzt worden seien. Donald Symons glaubt, Frauen setzten ihr gleichbleibendes sexuelles Interesse dazu ein, abenteuerlustige Männer im Austausch gegen Geschenke zu verführen. L. Benshoof und Randy Thornhill äußerten die Vermutung, ein verborgener Eisprung versetze eine Frau in die Lage, sich heimlich einem überlegenen Mann zuzuwenden, ohne den Ehemann verlassen oder beunruhigen zu müssen.
    Falls der Eisprung ihr (oder ihrem Unterbewußtsein) weniger verborgen bliebe als ihm (was möglicherweise der Fall ist), trüge dies dazu bei, daß sich jede außereheliche Liaison für sie eher lohnt, denn damit »weiß« sie genauer, wann sie Geschlechtsverkehr mit ihrem Liebhaber haben muß, während der Ehemann nicht weiß, wann sie fruchtbar ist.
    Mit anderen Worten, ein verborgener Eisprung ist eine Waffe im Kampf um Treue und Untreue. 35
    Interessanterweise bringt dies ein Wettrüsten zwischen Ehefrauen und Geliebten in Gang. Gene für einen verborgenen Eisprung erleichtern beides: die Treue ebenso wie die Untreue. Dies ist ein merkwürdiger Gedanke – und man hat derzeit keine Möglichkeit zu prüfen, ob er richtig ist –, er bringt allerdings die Überlegung mit sich, daß es in genetischer Hinsicht keine weibliche Solidarität geben kann. Frauen konkurrieren häufig mit anderen Frauen.

Spatzenkämpfe
    Diese weibliche Konkurrenz enthält auch – eher als die Polygamie – die Erklärung, weshalb Seitensprünge häufig sind, und sie erleichtert es einem Mann, mehr als eine Frau zu haben. Rotdrosseln brüten im kanadischen Marschland und sind polygam: Die Männchen mit den besten Revieren ziehen jeweils mehrere Weibchen an, die dann in ihrem Revier brüten. Aber die Männchen mit den größten Harems sind außerdem die erfolgreichsten Schürzenjäger und auch die Väter der meisten Jungen in den benachbarten Territorien, was die Frage aufwirft, weshalb die Geliebten des Männchens nicht einfach zusätzliche »Ehefrauen« werden.
    In den finnischen Wäldern lebt der Rauhfußkauz. In mäusereichen Jahren haben manche Käuze mehrere Weibchen in jeweils verschiedenen Territorien, während andere Männchen überhaupt keine Partnerin finden. Weibchen, die zu solchen polygamen Männchen gehören, ziehen signifikant weniger Junge groß als Weibchen, die in einer monogamen Beziehung leben – warum also lassen sie das mit sich machen? Warum verlassen sie die Männchen nicht und gehen zu einem der benachbarten Junggesellen? Ein finnischer Biologe ist der Ansicht, daß Polygamisten ihre Opfer beschwindeln. Die Weibchen beurteilen einen potentiellen Verführer danach, wie viele Mäuse er ihnen während der Balz bringt.
    In einem mäusereichen Jahr kann ein Männchen so viele Mäuse fangen, daß es ihm gelingt, zwei Weibchen den Eindruck zu vermitteln, er sei eine gute Partie; er kann jedem von beiden mehr Mäuse bringen als in einem normalen Jahr einem allein. 36
    Die nordischen Wälder scheinen voll von solchen betrügerischen Verführern zu sein. Ähnliche Beobachtungen bei einem unschuldig wirkenden kleinen Vogel brachen in den achtziger Jahren eine lang anhaltende wissenschaftliche Debatte vom Zaun. Manche Trauerschnäppermännchen in den Wäldern Skandinaviens sind in der Lage, polygam zu leben und zwei Territorien mit jeweils einem Weibchen darin zu unterhalten, genau wie die Käuze oder wie Sherman McCoy in Tom Wolfes The Bonfire of the Vanities (deutsch: Fegefeuer der Eitelkeiten), der eine anspruchsvolle Frau hat, die an der Park Avenue wohnt, und sich eine wunderschöne Geliebte in einer Mietwohnung am anderen Ende der Stadt nimmt.
    Zwei Forscherteams haben diese Vögel beobachtet, und beide kamen zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen. Die Schweden und die Finnen sind der Ansicht, der Geliebten würde vorgegaukelt, das Männchen sei unverheiratet. Die Norweger dagegen erklären, die Geliebte könne keineswegs im Zweifel sein, da das Weibchen gelegentlich ihr Nest in der Absicht aufsucht, sie daraus zu vertreiben. Sie akzeptiere die Tatsache, daß ihr Partner sie möglicherweise seiner Frau wegen im Stich läßt, hoffe aber, daß er, falls im Nest des anderen Weibchens

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