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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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irgend etwas schiefgeht, was häufig geschieht, zu ihr zurückkehren und ihr bei der Aufzucht der Jungen helfen werde. Er kommt mit seinem Verhalten nur dann durch, wenn beide Reviere so weit voneinander entfernt sind, daß das Weibchen das Territorium der Geliebten nicht allzu häufig besuchen und diese nicht zu sehr drangsalieren kann. Mit anderen Worten, den Norwegern zufolge belügen Männchen hinsichtlich ihrer Affären zwar ihre Weibchen, nicht aber ihre Geliebten. 37
    Es bleibt im dunkeln, ob nun das Weibchen oder die Geliebte das Opfer seines Betruges ist, eines aber ist sicher: Der bigamistische Trauerschnäpper hat einen kleinen Triumph errungen: Er ist der Vater zweier Gelege in dieser Saison. Das Männchen hat seinen bigamistischen Ehrgeiz auf Kosten der Weibchen befriedigt. Beide, Weibchen und Geliebte, hätten besser daran getan, einen Ehemann für sich allein zu suchen, statt sich einen zu teilen.
    Zur Überprüfung der Hypothese, es sei besser, einen treuen Ehemann zu hintergehen, statt ihn zu verlassen und zweite Frau eines Bigamisten zu werden, untersuchte José Veiga Hausspatzen in einer Brutkolonie in Madrid. Nur ungefähr zehn Prozent der Männchen in dieser Kolonie waren polygam. Indem er bestimmte Männchen und Weibchen selektiv entfernte, konnte er verschiedene Theorien zu der Frage haben, weshalb nicht mehr Männchen mehrere Weibchen überprüfen. Zunächst widerlegte er die Annahme, Männchen seien zur Aufzucht der Jungen unentbehrlich. Weibchen in polygamen Beziehungen zogen ebenso viele Junge auf wie Weibchen in monogamen Beziehungen, sie mußten dazu allerdings härter arbeiten. Als nächstes entfernte er einige Männchen aus der Kolonie und beobachtete, welche Männchen nun von den »Witwen« ausgewählt wurden. Dabei konnte er die These zurückweisen, Weibchen zögen ungebundene Männchen vor: Sie entschieden sich nur zu bereitwillig für ein bereits gebundenes Männchen und ließen Junggesellen links liegen. Schließlich widerlegte er die Überlegung, Männchen seien nicht imstande, ungebundene Weibchen zu finden: Achtundzwanzig Prozent der Männchen paarten sich mit einem Weibchen, das im vorangegangenen Jahr nicht gebrütet hatte. Danach hängte er die Nistkästen näher zusammen, um es den Männchen zu erleichtern, zwei Weibchen gleichzeitig zu überwachen; er stellte fest, daß dies das Ausmaß an Polygamie in keiner Weise erhöhte. Somit blieb zur Erklärung der Seltenheit polygamer Beziehungen bei Spatzen nur eine Möglichkeit offen: Die zuerst anwesenden Weibchen haben nichts dafür übrig. Wie Vogelmännchen ihre Weibchen überwachen, so verjagen und attackieren Vogelweibchen die Zweitverlobten ihrer Männchen. Weibchen in Käfigen werden von »verheirateten« Spatzenweibchen angegriffen. Vermutlich weil es für die Weibchen – obwohl sie auch allein zurechtkämen – sehr viel einfacher ist, die Jungen mit der ungeteilten Hilfe ihres Gatten großzuziehen. 38
    Ich bin der festen Überzeugung, daß Menschen sich in dieser Hinsicht genauso verhalten wie Ibis, Schwalbe oder Spatz. Sie leben in großen Kolonien. Männer konkurrieren miteinander um Positionen innerhalb der Hackordnung. Die meisten Männer sind monogam. Polygamie wird von Frauen verhindert, die etwas dagegen haben, ihren Ehemann mit anderen zu teilen, aus Furcht, damit auch seinen Beitrag zur Kindererziehung teilen zu müssen. Selbst wenn sie die Kinder ohne seine Hilfe großziehen könnten, so ist sein Scheck doch ein wertvoller Beitrag dazu. Die Ächtung der polygamen Ehe aber verhindert nicht, daß ein Mann nach Gelegenheiten zu polygamen Beziehungen sucht. Es kommt häufig zu Seitensprüngen – am häufigsten zwischen ranghohen Männern und Frauen aller Rangstufen. Um dem vorzubeugen, versuchen Männer, ihre Partnerinnen zu überwachen, sind extrem gewalttätig gegenüber den Liebhabern ihrer Frauen und haben häufig Geschlechtsverkehr mit ihren Frauen, und zwar nicht nur dann, wenn diese fruchtbar sind.
    So klingt das Leben eines Spatzen, wenn man es vermenschlicht. Das Leben eines Menschen hört sich in »verspäteter« Form vielleicht so an: Die Vögel leben in großen Kolonien, die man als Stämme oder Städte bezeichnet. Die Männchen konkurrieren miteinander, um Ressourcen anzuhäufen, und erringen innerhalb der Kolonie einen gewissen Status, man bezeichnet ihre Bestrebungen als »Unternehmen« und »Politik«.
    Männchen umbalzen die Weibchen mit großem Einsatz. Die Weibchen lehnen es ab, ihre Männchen

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